Liebelei
5. —
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Verwendung des Wortes kann eine Stimme längst
die leichtere Nachsynchronisation und schließlich auch
vertraut oder „schon einmal gehört“ erscheinen
das Vorbild René Clairs, in dessen operettenhaften
lassen, und die Nachsyuchronisierung ermöglicht es
Filmen die Musik jedoch nicht Kulisse, sondern
daß (wie im „Kabinett des Dr. Larifari“) Greise
Trägerin der Hendlung war. Im allgemeinen
mit Kinderstimmen und Kinder in tiefstem Baß
ist jedoch vor der unmotivierten Verwendung von
sprechen können. Das Wort dient der Erinnerung,
Musik zu warnen, da der Zuschauer sie leicht als
wenn in „Liebelei“ die Christine an ein Gespräch
unnatürlich und befremdend empfindet. In dem
zurückdenkt, einige damals gesprochene Sätze er¬
Glauben, Landschaft sei von Natur stumm, tritt die
tönen und so abbrechen, daß der Zuschauer in Ge¬
Musik gewöhnlich als Begleitung aller Landschafts¬
danken den wichtigsten (nicht hörbaren!) Satz er¬
aufnahmen auf. Daß eine Landschaft aber auch mit
gänzt. Nicht richtig ist es, das Wort zu dichterisch,
Geräuschen (ferner Lokomotivenpfiff, Vogelgesang,
zu gestalten. Denn der Tonfilm als Ganzes soll
Hundegebell usw.) wirkungsvoll darzustellen ist,
Kunst sein — nicht seine Elemente im einzelnen.
hat Werner Hochbaum in seinem Film „Morgen
In Zusammenhang mit dem Bild wird das Wort
beginnt das Leben“ bewiesen. Zum mindesten kann
für die Montage wichtig. Der Übergang des Tons
der Weg zur Musik über das Geräusch und umge¬
in eine neue Szene kann wie beim Bild durch
kehrt gehen und damit wirklich sinnfällig sein. In
Springen, Ab=, Auf= und Überblenden erfolgen.
„Saison in Kairo“ verwandelt sich die Musik allmäh¬
Zwei Vorgänge, die miteinander in Beziehung
lich zum Rattern der Eisenbahn und dient so gleich¬
stehen, können, wie es Gerhard Lamprecht in
zeitig der Montage. In „Morgen beginnt das
„Zweierlei Moral“ zum erstenmal und später Fritz
Leben“ und „Acht Mädchen im Boot“ wird der
Lang in „M“ tat, ineinander verschlungen oder
Großstadtlärm zu Musik. Die Gleichzeitigkeit von
hintereinander gebracht werden. In „Wenn am
Musik und Wort muß vermieden werden. Denn die
Sonntagabend die Dorfmusik spielt“ wird die An¬
Musik soll nicht überflüssige Zutat sein, die auch
schuldigung gegen den Verwalter durch sein „Ja¬
überhört werden kann, sondern ein notwendiges
wohl“, mit dem er in anderem Sinn die folgende
Element der künstlerischen Einheit Tonfilm.
Szene einleitet, bekräftigt. Seine stärksten Wir¬
Das Wort als überwiegendes Ausdrucksmittel des
kungen erhält das Wort, wenn es aus dem nicht
Menschen stellt den Tonfilm vor die größten Schwie¬
sichtbaren Teil der Szene oder etwa einem Neben¬
rigkeiten und wird trotzdem am leichtfertigsten be¬
zimmer hörbar ist. In „Ariane“ ist von der Ver¬
handelt. Das Wort nämlich muß, da es vom beweg¬
führungsszene nichts zu sehen, sie wird nur durch
lichen Menschen ausgeht, am meisten von allen
die Worte der unsichtbaren Personen verständlich
Tonelementen die Vorstellung des Raums, des
gemacht. Ein starkes Formmittel ist auch das Gleich¬
Plastischen vermitteln. Es muß anders klingen bei
bleiben des akustischen Eindrucks, während sich die
Nah= und bei Fernaufnahme, anders im Freien und¬
Sicht der Kamera wandelt. So beispielsweise die
im Zimmer, anders beim Herankommen und Fort¬
Worte des Werbeoffiziers in Trenkers „Rebell“
gehen. Die Kamera kann aus der Menschenmenge
und des Gefängniswärters in „Morgen beginnt
einen Kopf herausholen, und aus dem Gemurmel
das Leben“
kann eine Stimme für das Mikrophon deutlich
Damit sind die Formungsmittel des Tonfilms nicht
werden. Dabei darf nicht, wie es auf der Bildseite
erschöpft. Sie sind in ständig.: Wandlung und Neu¬
allenfalls möglich ist, der Übergang von fern auf
bildung begriffen. Bild und Ton sind nicht Ele¬
nah (leise auf laut) sprunghaft erfolgen, sondern er
mente, die einander ausschließen. Erst ihr Zu¬
muß allmählich geschehen. Denn — das muß stets
sammenklang, ihr einheitliches Erfassen läßt den
berücksichtigt werden — unser Ohr ist nicht so ge¬
künstlerischen Tonfilm entstehen. Dabei liegen beim
schult wie das Auge. Die Praxis des Hörspiels, die
Ton heute die besten Möglichkeiten, auf neuen
mit diesen Schwierigkeiten dauernd zu kämpfen
Bahnen schöpferisch zu sein. Das darf nie darüber
hat, kann hier wichtige Hinweise geben. Aber das
hinwegtäuschen, daß der Film vom Bild seinen
Wort muß stets dort zurücktreten, wo die eigen¬
Ausgang nahm und das Bild — jedenfalls vor¬
tümlichen Elemente des Tonfilms, Bild und Ge¬
läufig noch — sein wichtigstes Ausdrucksmittel ist.
räusch, das Geschehen verdeutlichen können. Die
X 152 :
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Verwendung des Wortes kann eine Stimme längst
die leichtere Nachsynchronisation und schließlich auch
vertraut oder „schon einmal gehört“ erscheinen
das Vorbild René Clairs, in dessen operettenhaften
lassen, und die Nachsyuchronisierung ermöglicht es
Filmen die Musik jedoch nicht Kulisse, sondern
daß (wie im „Kabinett des Dr. Larifari“) Greise
Trägerin der Hendlung war. Im allgemeinen
mit Kinderstimmen und Kinder in tiefstem Baß
ist jedoch vor der unmotivierten Verwendung von
sprechen können. Das Wort dient der Erinnerung,
Musik zu warnen, da der Zuschauer sie leicht als
wenn in „Liebelei“ die Christine an ein Gespräch
unnatürlich und befremdend empfindet. In dem
zurückdenkt, einige damals gesprochene Sätze er¬
Glauben, Landschaft sei von Natur stumm, tritt die
tönen und so abbrechen, daß der Zuschauer in Ge¬
Musik gewöhnlich als Begleitung aller Landschafts¬
danken den wichtigsten (nicht hörbaren!) Satz er¬
aufnahmen auf. Daß eine Landschaft aber auch mit
gänzt. Nicht richtig ist es, das Wort zu dichterisch,
Geräuschen (ferner Lokomotivenpfiff, Vogelgesang,
zu gestalten. Denn der Tonfilm als Ganzes soll
Hundegebell usw.) wirkungsvoll darzustellen ist,
Kunst sein — nicht seine Elemente im einzelnen.
hat Werner Hochbaum in seinem Film „Morgen
In Zusammenhang mit dem Bild wird das Wort
beginnt das Leben“ bewiesen. Zum mindesten kann
für die Montage wichtig. Der Übergang des Tons
der Weg zur Musik über das Geräusch und umge¬
in eine neue Szene kann wie beim Bild durch
kehrt gehen und damit wirklich sinnfällig sein. In
Springen, Ab=, Auf= und Überblenden erfolgen.
„Saison in Kairo“ verwandelt sich die Musik allmäh¬
Zwei Vorgänge, die miteinander in Beziehung
lich zum Rattern der Eisenbahn und dient so gleich¬
stehen, können, wie es Gerhard Lamprecht in
zeitig der Montage. In „Morgen beginnt das
„Zweierlei Moral“ zum erstenmal und später Fritz
Leben“ und „Acht Mädchen im Boot“ wird der
Lang in „M“ tat, ineinander verschlungen oder
Großstadtlärm zu Musik. Die Gleichzeitigkeit von
hintereinander gebracht werden. In „Wenn am
Musik und Wort muß vermieden werden. Denn die
Sonntagabend die Dorfmusik spielt“ wird die An¬
Musik soll nicht überflüssige Zutat sein, die auch
schuldigung gegen den Verwalter durch sein „Ja¬
überhört werden kann, sondern ein notwendiges
wohl“, mit dem er in anderem Sinn die folgende
Element der künstlerischen Einheit Tonfilm.
Szene einleitet, bekräftigt. Seine stärksten Wir¬
Das Wort als überwiegendes Ausdrucksmittel des
kungen erhält das Wort, wenn es aus dem nicht
Menschen stellt den Tonfilm vor die größten Schwie¬
sichtbaren Teil der Szene oder etwa einem Neben¬
rigkeiten und wird trotzdem am leichtfertigsten be¬
zimmer hörbar ist. In „Ariane“ ist von der Ver¬
handelt. Das Wort nämlich muß, da es vom beweg¬
führungsszene nichts zu sehen, sie wird nur durch
lichen Menschen ausgeht, am meisten von allen
die Worte der unsichtbaren Personen verständlich
Tonelementen die Vorstellung des Raums, des
gemacht. Ein starkes Formmittel ist auch das Gleich¬
Plastischen vermitteln. Es muß anders klingen bei
bleiben des akustischen Eindrucks, während sich die
Nah= und bei Fernaufnahme, anders im Freien und¬
Sicht der Kamera wandelt. So beispielsweise die
im Zimmer, anders beim Herankommen und Fort¬
Worte des Werbeoffiziers in Trenkers „Rebell“
gehen. Die Kamera kann aus der Menschenmenge
und des Gefängniswärters in „Morgen beginnt
einen Kopf herausholen, und aus dem Gemurmel
das Leben“
kann eine Stimme für das Mikrophon deutlich
Damit sind die Formungsmittel des Tonfilms nicht
werden. Dabei darf nicht, wie es auf der Bildseite
erschöpft. Sie sind in ständig.: Wandlung und Neu¬
allenfalls möglich ist, der Übergang von fern auf
bildung begriffen. Bild und Ton sind nicht Ele¬
nah (leise auf laut) sprunghaft erfolgen, sondern er
mente, die einander ausschließen. Erst ihr Zu¬
muß allmählich geschehen. Denn — das muß stets
sammenklang, ihr einheitliches Erfassen läßt den
berücksichtigt werden — unser Ohr ist nicht so ge¬
künstlerischen Tonfilm entstehen. Dabei liegen beim
schult wie das Auge. Die Praxis des Hörspiels, die
Ton heute die besten Möglichkeiten, auf neuen
mit diesen Schwierigkeiten dauernd zu kämpfen
Bahnen schöpferisch zu sein. Das darf nie darüber
hat, kann hier wichtige Hinweise geben. Aber das
hinwegtäuschen, daß der Film vom Bild seinen
Wort muß stets dort zurücktreten, wo die eigen¬
Ausgang nahm und das Bild — jedenfalls vor¬
tümlichen Elemente des Tonfilms, Bild und Ge¬
läufig noch — sein wichtigstes Ausdrucksmittel ist.
räusch, das Geschehen verdeutlichen können. Die
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