II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 186

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yklu-
4.9. Anato

Nüancen=Tünche. Anatol ist so ein sonderbarer Schwär¬ zu dem guten Abgang im „Hochzeitsmorgen"), auch das
mer, der jeder seiner Amouren, ob sie nun im Hinter= Stimmgefistele als Ausdruck höchster Nervosität im letzten
stüchen des Vorstadthauses sich mühsam den kärglichen Akt mißfiel mir immerhin lassen sich Skodas Fehler leich
Lebensunterhalt erstichelt, oder als lebenslustiges korrigieren. Von den Damen erwähnte ich bereits loben
Balletenschen uneingeengt von moralischen Hemmungen Frl. Jauck, die anderen Weibchen fanden ihre Darstelle¬
durchs Dasein tänzelt, oder schließlich als wohlerzogene
rinnen in den Damen v. Pothy (Cora), Lamberg
Mondaine nur geschmackvoll und heimlich sündigt, eine
(Bianca) und Fabry (Ilona), sie fanden sich im allge¬
individuelle Seele andichtet; sein Auge haftet am faden meinen gut mit ihren Aufgaben ab,
dünnen Nüancenschleier und ist blind dafür, daß überall
ckseite beachten!
Alles in allem: Die Schnitzerschen Einakter sind des
ein und dasselbe Wesen dahintersteht: das Weibchen.
Ansehens wohl wert; sie vermeiden „Probleme" (denen
Telephon 12.801.
das Breslauer Publikum ja bekanntlich ängstlich aus dem
Anatol gegenübergestellt finden wir den anderen Ge¬
Wege geht, wie der stets mangelhafte Besuch des seriösen
nießerty, seinen Freund Max. Eine Petronius Natur,
Schauspiels hinlänglich erweist, und sind im Grunde ami¬
kühl und skeptisch veranlagt; die guten Geistesgaben zu
e
sante, dramatisierte Plaudereien über das Thema Liebe
fein ironisierenden Spott verspielend; mit nur einem
anerkannten Gott: dem guten Geschmack. „Leichtsinniger
(con variacione). Da ferner Regisseur Bonno alles Mög¬
ER
Melancholiker charakterisiert sich Anatol in einem der
liche für die Inszenierung der Einakter tat, ist anzu¬
(nicht aufgeführten) Einakter („Weihnachtseinkäufe"), aber nehmen, daß der erfreulich gute Besuch, den das Lobe¬
mit dem Substantiv hat er Unrecht, seine Melancholie ist
theater Sonnabend und Sonntag zeigte, dem Anatol au
konz. Unternehmen für
ausgeklügelte Pose, raffiniert erdacht zur Genußerhöhung
E. S
längere Zeit treu bleiben wird
ungsausschnitte
des im Grunde banalen Genießers, weit eher haftet der
Seelenruhe (im Sinne der Ataraxie der antiken Skeptiker)
for ordiaplatz 4.
seines Freundes Max Melancholie an. Trotz des lachenden
tungen
Spottes! — Und die Charaktere der vier Frauen? Nun,
Chicago, Cleveland, Christiania,
eben: Weibchen! Man erlasse mir die Nüancenschilderung.
Madrid, Mailand, Minneapolis,
Gut ausgewählt sind die vier Einakter: „Frage
rancisco, Stockholm, St. Peters¬
an das Schicksal", „Abschiedssouper", „Episode", „Anatols
Toronto.
Hochzeitsmorgen". Sie genügen vollauf zur Charakter¬
ohne Gewähr
analyse der zwei Männer. Am besten gefiel der zweite
neu ge¬
Einakter „Abschiedssouper"; auch weil er weitaus am
besten gespielt wurde. Die Jauck war hier unübertreff¬
lich in der Darstellung des Theatermädel
Annte:
1911
Famos offenherzig, allerliebst beschwist, wundervoll ver¬
fressen (der einzig prägnante Ausdruck) und reizend bös¬
einer
artig, als ihr Anatol klar macht, daß auch er bereits Er¬
Von Arthur Schnitzler. Als
satz für sie in petto hat. Weit kühler ließ die „Frage an
nitzler zum mindesten in seinen eben Ein
das Schicksal“, die der mit Hypnotiseurfähigkeiten begabte
denen am Sonnabend vier in Szene gingen, Anatol — nicht tut, obwohl es ihm ein Leichtes wäre,
der Nachweis nämlich, daß es Lebemännchen
von der hypnotisierten augenblicklichen Courdame zu er¬
as Weib bitte, den Typus: Weibchen!) noch
fahren, ob sie ihm wirklich treu ist. „Episode" und „Hoch¬
en. Sie lassen sich durch Nüancen tauschen, von
zeitsmorgen" sind amusant und fanden Beifall.
jede Frau meinetwegen eine besondere zum
Müller als Max war wieder voll auf der Höhe,
auch zurecht gemacht hat; aber, du lieber Himmel
sein lächelnder Spott war so echt wie sein ästhetischer
busch dort bleibt doch nun mal „Der Flieder Widerwillen gegen Maxens Geschmacklosigkeit, den er am
ich ihn nun in knospender, zartgrüner Früh¬
„Hochzeitsmorgen" mühsam aus den Armen der letzten
oder in voller duftender Blüte, oder als
Flamme entwinden muß. Skodas Anatol dagegen war
entlaubender Herbststrauch betrachte, und
keineswegs überall einwandfrei, arg übertrieben war unter
bleibt Weibchen" tros noch so geschickter anderem 1. B. der Abgang in der „Episode im Gegensatz