II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 373

4.9. Anatol - Zykl
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Dr. Max Goldsch.
Bureau für
Zeitungsausschnitte
Telephon M. S.
Berlin N. 24
Auch aus
estranger General-Anzeiger, Kelleron
21 kr.
heit das Thema von allen Seiten beleuchtet und in immer
neuen Farben schillern läßt; eine tiefere, nachhaltigere
Feuilleton.
Wirkung vermögen die Stücke jedoch nicht auszulösen. Für
die Rolle des „Anatol" hatte sich die Direktion Herrn Rein¬
hold Bauer vom Schauspielhaus in Stuttgart ver¬
Heilbronner Stadt-Theater.
schrieben, der als gewandter Plauderer die Gestalt des bla¬

sierten Lebemannes sehr hübsch verkörperte, besonders in
„Anatol."
„Anatols Hochzeitsmorgen" und dem „Abschieds=Souper
Einakter=Zyklus von Arthur Schnitzler.
hat er gut gefallen, während in der „Frage an das Schick¬
sal die Absichten des Dichters weniger durch ihn zum
Ein Feuerwerk von witzigen Plaudereien über Liebe und
Ausdruck kamen. Als „Max" hat in dreien der Stück
Ehe, über Treue und Untreue, Beständigkeit und Unbe¬
Herr Goldberg das getan, was nötig war, er stellte
ständigkeit von Mann und Weib. Das ist der Grundton eine gute Figur auf die Bühne und das genügte vollständig.
der vier Einakter, die Schnitzler unter dem Sammeltitel Die kleine Rolle der „Cora" spielte Frl. Amthor, die
„Anatol“ herausgegeben hat und die insofern zusam¬
„Gabriele Fr. Krupska, die Annie Frl. Lotti Otto
menhängend gedacht werden können, als die Hauptperson
sehr fidel und charakteristisch und als „Ilona" versuchte
der Stücke ein und denselben Namen „Anatol" trägt und Frl. Gaab sich in ungarisch=österreichischem Dialekt. Der
somit als ein und dieselbe Person gelten mag. Im ersten Besuch des Theaters war infolge des gleichzeitig stattfinden¬
Stück, dem literarisch wertvollsten. „Die Frage an das den Bankets zu Kaisers Geburtstag ein ziemlich schwacher,
Schicksal, zeigt der Dichter, wie der Mann sich der
was in betracht des interessanten Abends zu bedauern
Wahrheit verschließt, selbst wenn er sie ergründen könnte, war,
nur um den Glauben an ein geliebtes Wesen nicht zu ver¬
lieren. Im zweiten, „Weihnachts=Einkäufe, ver¬
sucht Schnitzler in einer ziemlich schwachen und wenig geist¬
reichen Plauderei einer Dame das nachträgliche Geständnis
hingebender Liebe zu einem Mann zu entlocken, für den
dies keinen Wert mehr hat, da er eine andere liebt. Das
„Abschieds=Souper ist eine lustige Komödie, in
der zwei Liebende, die eben im Begriff sind, sich auf immer
zu trennen, in fidelster Weise sich gestehen, daß sie einander
schon längst verloren und mit andern betrogen hatten. Der
letzte Einakter, „Anatols Hochzeitsmorgen, ist
ein etwas pikannter Scherz, in dem Schnitzler die Flatter¬
haftigkeit seines Lebemannes „Anatol“ bis wenige Minuten
vor der Hochzeit sich austoben läßt, mit dem Ausblick auf
eine ebenso flatterhafte Fortsetzung nach der Hochzeit. Die
Stückchen sind mit Ausnahme der „Weihnachts=Einkäufe
ungemein fein und graziös gebaut, freilich ohne inner¬
dramatische Kraft, nicht einmal die satirische Seite, die
so nahe liegt, ist stärker betr. Schnitzler ist eben im
Grunde seines Wesens ein zer Dichter, über dessen
Werken ein Hauch von Trauer und Müdigkeit liegt. Ihr
Reiz liegt in dem geistreichen Dialog, der mit großer Sicher¬