II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 476

4.9. Anatol - Zyklus




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BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Frankfurter Zeitung
Ausschnitt aus der Nummer von
MAIDA
Abendblatt
Frankfurter Kammerspiele.] Recht frühzeitig gratu¬
lierter die Frankfurter Kammerspiele Arthur Schnitzler zu
seinem 60. Geburtstag am 15. Mai, indem sie seinen Unverwüstlich¬
charmanten „Anatole-Reigen in graziöser neuer Aufbügelung
vorübergleiten ließen. So fesch und erfrischend diese Folge stets
von neuem wirkt und mitreißt, so traurig stimmen diese Szenen
vom goldenen Wien uns jetzt in dieser Zeit, da die goldene Stadt
und ihre Menschen so furchtbar leiden. Doch den Geist, den
Charme vom alten Wien spürte man besonders stark, wie ein halb¬
verwehtes, seines Parfüm, gerade bei der gestrigen zartgeleiteten
Vorführung. Der Anatol des Herrn Hennings totschick, träu¬
merisch hingegeben, sicher in seiner sorglosen Redeweise, ein lieber
Kerl, der von Humor und vom graziösen Spielertum Herrn Sell¬
nicks freundschaftlich umstrahlt wurde. Von den Damen am stil¬
gewandtesten Frl. Rohde, ein süßes Kätzchen, tändelnd und
wägend zwischen all den Männern, leidenschaftlich aufbrausend in
ihrer ungebändigten Eifersüchtelei. Frl. Heiden und Frl. Klee
traten gegen diese Seelenmalereien ein klein wenig zurück; aber auch
sie waren eben süße Mägdelein, ausgestattet mit den Vorzügen und
.
Nachteilen aller lieben Frauen


4 - MAI
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Theater in Frankfurt a. M. In dem „Zyklus
moderner Dramen des Frankfurter Schauspielhauses
präsentiert sich jetzt Sternheims „Manon
Lescaut". Manon als Manna für die Theater¬
hungrigen, kulissendustgeschwängert, gefühlsumsäuselt,
mit grade so viel Problematischem, um die rein stoff¬
liche Wirkung auszugleichen. Und die Bürgerkanaille
als lustige Person dabei! Man zeigte sich dankbar, und
es wurde ein ansehnlicher Erfolg mit vielfachen Her¬
vorrufen des anwesenden Dichters. Und mit einem
bleibenden wundervollen Bild — Fritta Brod —
als Manon. Feldhammers Grieux ganz Hin¬
gabe und Liebesflamme. Vortrefflich in Episoden
Spanier als Tiberge, Impekoven als G. M.
und Ebelsbacher als Früchtchenlescaut,
Zur Vorfeier von Schnitzlers sechzigstem Ge¬
burtstag genießt man in Hellmers Kammer¬
spielen einen lebendigen „Anatol“=Abend voll
Frische und Charme. (Regie Hans Hübner)
Hennings als Anatol haucht ihm das ursprüng¬
lich Wienerische, die Seele ein, liebenswert im Leicht¬
sinn und von leise lächelnder Melancholie. Sellnick
als Max zeigt sich als feiner Ironiker. Alice Rohde
ist die vornehme mondane Gabriele mit der verhalte¬
nen Leidenschaft und die wilde Ilonka mit beweegen¬
dem, tragischem Unterton, Marion Heiden eine
Annie von mitreißender Ausgelassenheit (unnachahm¬
lich, wie sie den Schampus über den Tisch herüber¬
sanat. Gretel Klee eine niedliche Bianca. J. M.
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ses riches Aus-
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Königsberger Hartungsche Zeitung
Ausschnitt aus Nr.
vom
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neues Schauspielhaus. Arthur Schnitzlers bekante
Geistreicheleien über das Thema Liebe fanden, neu einstudiert,
im Neuen Schauspielhaus ein dankbares Publikum. Sein
Einaktzyklus Anatol, der in seinen Strichen aus vier kleinen
Abenteuern eines Junggesellen typische Charakterzüge der Frauen
heraushebt und gleichzeitig doch auch auf die gedankenlos liebens¬
würdige Leichtfertigkeit der jungwiener Lebewelt der Vorkriegszeit
scharfe Schlaglichter wirft, erhob sich unter der geschickten Regie
Oskar Wallecks weit über das Niveau der unterhaltsamen
Plauderei zu fesselnder Menschendarstellung. Den Anatos gab
Oskar Walleck selbst und stattete ihn mit dem ganzen Charm¬
der altösterreichischen goldenen Jugend aus, der bei aller naiven
Selbstsucht mit seiner ein wenig ins Sentimentale gehenden müden
und doch warmen Genußfreudigkeit eine suggestive Wirkung nament¬
lich auf Frauenherzen oder Frauensinne ausübte. Max Friedrich
wirkte dabei in der Rolle des Skeptikers „Max als wirksame Folie.
Auch die vier Frauentypen, das hingebende süße Mädel Cora,
in der „Frage an das Schicksal, die unentschlossen zaudernde
Mondane Gabriele in „Weihnachtseinkäufe, die leichtlebige
Ballettratte Annie im „Abschiedssouper und das temperament¬
volle rassige Vollweib Ilona in „Anatols Hochzeitsmorgen fan¬
den in Grete Holtz=Walleck, Ruth Baldor, Mizzi Mössi¬
Friedrich und Helene Sauer Vertreterinnen, die mit seiner
Intuit
sychischen Linien der Charaktere gefunden und in
nat hatten Die Ausstattung kam in ihrer