II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 602

Wien machten
Der 1. Naternabend des Wiener Männer
bedürfen!
gesangvereines findet Donnerstag, den 4. d.
zugunsten der „Winterhilfe“ in den Sophiensälen
Daß wir nicht vergessen. Emmerich
statt. Gruppeneinzug um 10 Uhr, hierauf Gesang¬
Reimers stattete den Max mit wirksamem
vorträge des Vereines. Ballmusik André Hummer.
trockenem Humor aus und brachte alle
Jazzkapelle Fritz Recktenwald. Einladungen und Aus¬
künfte Vereinskanzlei,
Pointen gesund heraus.
Canovagasse 4 (Musik¬
vereinsgebäude) von 10 bis 7 Uhr. Telephon U 46=2=51.
Lustig die (von Czettel entworfenen)
Der humanitäre Verein „Gumpendorfer
Kostüme der Frauen mit den hohen Frisuren
Kinderfreunde“ veranstaltet Donnerstag, den
auf denen die Hüte einen Stock hoch über dem
4. d., beim Wimberger, Neubaugürtel 34/38, seinen
Kopf saßen.
43. Ballabend unter der Devise: „Jahrmarkt in
Gumpendorf. Die Leitung liegt in den Händen
des Vorstandes Karl Scheichenstein und des Ball¬
Eine kleine Bitte an den Herrn Material¬
obmannes Karl Melion. Beginn 9 Uhr.
verwalter: Geben Sie doch den Kavalieren,
Der heurige Praterball findet Donnerstag
die auf der Bühne rauchen müssen, bessere
den 4. d., in Steinys Saal „zum Marokkaner" statt.
Das Ballkomitee, mit Bundesfürsorgerat Holz¬
Zigarren! So duftig der Dialog Schnitzlers
dorfer an der Spitze, hat alles aufgeboten, um den
anmutete —, die Zigarre seines Sprechers
Ball gemütlich zu gestalten. Sehenswert wird die
Anatol verjagte ihn mit ihrem Gestank! Vor
Saaldekoration sein. Ballmusik Kapelle A. Prohaska
und Janzband Ernst Prüller. Karten bei sämtlichen
etwa hundert Jahren gab man im Burg¬
Praterhüttenbesitzern und im Ballokal.
theater bei Ausstattungsstücken allabendlich
Katholische
Frauenorgani¬
fünfzig bis sechzig alte Gulden für Wohl¬
sation und der Katholische Männer¬
gerüche aus, die man von der Bühne aus in
verein Neumargareten veranstalten am Fasching¬
montag, den
Februar, in Weigls Alt= den Zuschauerraum blies.
deutschem Saal, 12, Schönbrunnerstraße 307, einen
Aber auch im neuen Burgtheater¬
Familienabend mit Tanzkränzchen. Zur Auf¬
wenn ein Ernst Hartmann (als der eleganteste
führung gelangt: „So war's einmal — so ist
Esser des Burgtheaters noch heute unerreicht!)
heut.“ Ein Bilderbuch in acht Bildern von J. Suchy.
Tanzmusik des Jugendbundorchesters Meidling (Leitung
nach einem Souper, etwa als Prunelles in
Kapellmeister Katt). Beginn 8 Uhr.
„Cyprienne", eine Zigarre zu rauchen begann
und die blauen Wölkchen nach und nach ins
Parkett drangen —, da schnupperten alle
Theater und Kunst
Herren, ja auch die Damen das wundervolle
Aroma auf, und die Stimmung hob sich
Akademietheater.
Wie gesagt, Anatol ist ein Hausherrn¬
sohn aus den neunziger Jahren —, als es den
Der Anatol=Zyklus mit Aslan.
Papas dieser jungen Herren noch glänzend
Wohl manchem Theaterfreund, der ver¬
ging. Schon deshalb muß der Regisseur die
nahm, bei der Erstaufführung dieses wiene
Rolle der Zigarre, die Anatol rauchen soll,
rischen Meisterwerkes unsres jungen Schnitzler
zum mindesten mit einer Upman Flor besetzen.
würden an die entzückenden Einleitungsverse
J. St.
gesprochen werden, die ein noch Jüngerer,
der Gymnasiast Hugo v. Hofmannsthal zur
1
Dichtung seines „größeren
Freundes ge¬
schrieben — wohl manchem Theaterfreund
dürfte da eine Vision erstanden sein: In einem
Alt=Wiener Großvaterfauteuil sah er die be¬
wundernswerteste Greisin Wiens, Arte
Wilbrandt, sitzen, nachdenklich in alte märi¬
hafte Zeiten zurückblickend, den Fraum
Rokoko träumend: „Hohe Gitter, Taxushn
Wappen nimmer hy vergoldet...
So immer tiefer Wundertage tauchend,
deren Sonne auch der Greisin nie geschienen,
ruft nur der Duft hochgestielter, weißer
Ne die ihr zu einem Strauß gewunden
Schoße liegen, in die Stunde des Erlebens
zurück. Und sie verläßt das Idyll, erhebt sich
vom Stuhl und zieht sich zurück, um der neuen
Generation Platz zu machen: Anatol und
seinen Freundinnen.
Diese Vision hat sich bei der Erstauf¬
führung des Anatol=Zyklus nicht erfüllt. Aslan
sprach diese Verse. Er sprach sie träumend und
weltentrückt. Nur hätte man manchmal dem
Hauch mehr Ton gewünscht.
Es ist gewiß bedauerlich, daß die
Direktion dem Abschiedsgesuch des jungen
Herrn Albach so rasch Folge gegeben hat. Aber
wer weiß, ob er der richtige Anatol gewesen
wäre. Einer der geistvollsten Kenner
Schnitzlers, Raoul Auernheimer, hat den
Anatol einmal einen Wiener Hausherrnsohn
genannt. Damit hat er wohl nur die an¬
genehmen sozialen Verhältnisse des Lebe¬
jünglings kennzeichnen wollen. Dieses Haus¬
herrliche, Vorstadtwienerische wäre bei Herrn
Albach glänzend aufgehoben gewesen.
Es fehlt Raoul Aslan gänzlich. Sein
Anatol ist ein Pariser Weltmann, ein Kenner
des Lebens und Genießer und eben auf dem
Sprung, leiser Melancholiker zu werden. Aber
man konnte bei diesem Anatol gern auf den
Schimmer vom Brillantengrund verzichten.
Kultur der Sprache und allerlei Feinheiten
des Ausdrucks, die Aslan dem Anatol gab,
es und viel wertvollere Ausstattung!
schu