II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 626

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4.9.

„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Grazer Zeitung
vom
GEB.
Theater, Kunst und Volksbildung.
Stadttheater. „Anatol“ von Arthur Schnitz¬
Gastspiel der Burgtheatermitglieder Jo¬
ler.
Hannsen, Kramer, Seidler und Aslan
sowie von Paul Wagner vom Deutschen Volks¬
theater. Schnitzler steht in einer Zeit, da sich der
früher alleinherrschende Impressionismus totgelau¬
fen hat: die sozialen Anklagen verstummen, die Ge¬
sellschaftskritik ist in müde Resignation verkehrt, die
Zustandsschilderung in Stimmungs= und Seelen¬
malerei, für die das fein beobachtete Milieu nur
Handhabe ist. Nur das süße Mädel aus der Vor¬
stadt ist geblieben, süß in Anatols Illusion, der da¬
mit seine Halbdunkelstimmungen nährt, ironisiert,
karikiert und sogar gemein in der realistischen Cha¬
rakterisierung durch den Dichter, der mit Anatol
romantisch und ironisch spielt wie er selbst mit Le¬
ben und Liebe. Herr Aslan spielt ihn sordiniert,
mit wunderbarer Beherrschung der Nüance in Wort
und Geste: einen Menschen des Luxus und des Ge¬
nießens, der mit seiner Dekadenz kokettiert, feinner¬
vig und kultiviert, ironisch und enttäuscht. Höhe¬
punkte seines Könnens waren das dritte und das
letzte Bild mit der unübertrefflichen Kunst lässiger
Konversation und des Zuhörenkönnens. Eine wirk¬
same Folie ist ihm der Max von Herrn Wagner,
der, frischer und sachlicher, sich vor den Realitäten
des Lebens nicht in unfruchtbare Stimmungen flüch¬
tet. Frau Ebba Johannsen ist eine glänzende
Partnerin in der Konversation, mondän und elegant
mit dem Charme der kultivierten Wienerin und der
leichten Sentimentalität unerfüllter Wünsche. Zwei
Typen des süßen Mädels gestalteten Frau Kramer
und Frau Seidler; die gefühlvoll leichtsinnige
Nora und die berechnende, materielle und gemeine
Annie, die in ihrer aufgetakelten Erscheinung, in
Geste, Dialekt und Tonfall zu einer beißenden Pro¬
nie auf den Illusionismus Anatols wurde. Schnitz¬
lers Stück hat für uns nicht viel mehr als kultur¬
historischen Wert, denn die Zeit müden Ästheten¬
tums ist vorüber; aber Einzelleistung und Zusam¬
menspiel, dazu die hübsche Inszenierung Hans
Sonnenthals brachten es zu einem Ereignis,
das im ausverkauften Hause stürmisch gefeiert
wurde.
Dr. S.
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„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Arbeiter er¬
18. B.
vom
Gastspiel des Burgtheaters.
„Anatol“ von Artur Schnitzler.
Das sentimentale Genießertum, die überlegene
Melancholie Anatols, der der Liebelei verfallen
ist und doch nicht zu lieben weiß, der in der
Episode haften bleibt, immer neugierig und
immer enttäuscht, gehört schon der Vergangenheit
an. Mensch einer anderen Zeit. Nur im Kostüm
der Jahrhundertwende glaubt man Anatol den
heiteren Weltschmerz des reichen jungen Mannes,
dessen Leben in leichten Abenteuern zerrinnt.
Heute haben junge Männer
auch solche mit
Geld, falls es sie noch geben sollte — andere Sor¬
gen.
In der Darstellung hervorragender Mitglieder
des Burgtheaters war die Aufführung dieses
süßen Spieles von heiterer Tändelei und melan¬
cholischem Schmerz ein voller Genuß. Raoul
Aslan ist vor allem ein bewundernswerter
Sprecher. Er holt aus Wert und Satz die heim¬
liche Melodie heraus, die Schnitzler ihnen gab.
Aslan mag manchmal zu herb zu schweren Blutes
sein für den Lebensverschwender Anatol, aber er
gleitet elegant und mit sicherem Griff von der
heiteren Skepsis zu hingegebener Träumeret,
vom Zweifel zu selbstvergessenem Genuß. Neben
ihm gab Paul Wagner (Deutsches Volkstheater)
mit Geschmack und Zurückhaltung die Stichworte
zu den bezaubernden Dialogen, deren Meister
Schnitzler war. Unter den Frauen ragte Alma
Seidler, das Ballettmädchen Anni, hervor,
deren sprudelnde Geständnisse, derer Tempera¬
ment hinreißend waren. Marie Kramer war
eine weiche, zart gemalte Cora, als Bianca gelang
ihr in den paar Sätzen, die Umrisse der Gestalt
nachzuzeichnen. Ebba Johannsen charakteri¬
sierte scharf; bei den „Weihnachtseinkäufen" klan¬
gen Stimme und Stimmung ineinander. Etwas
muß man feststellen: Die Dekorationen waren
ärmlich Die immer wiederkehrenden, nicht sehr
geschmackvollen Tapeten kommen einem schon
im Traume unter.
Das Haus war ausverkauft. Es mußte auf die
Gäste lange warten, um so mehr, als viele Zu¬
schauer, durch die unrichtige Angabe des Vorstel¬
lungsbeginnes auf den Plakaten erregeführt wor¬
den waren und schon zur gewohnten Stunde ins
Theater kamen. Aber das hat die Aufnahms¬
freudigkeit nicht gemindert un die Gäste wurden
oft und oft vor den Vorhang gerufen.
BSERVE
Wien, I., zeile Nr.
laton K. 23.0.42
the New York Times New
200K 1934
WELLESLEY GROUP
CIVES THREE PLAYS
Barnswallows Stage, Coach and
Act Dramas Without Any
Outside Help.
Special to THE NEW YORK TIMES.
WELLESLEY, Mass., Oct. 27.—
In Alumnae Hall tonight the Ban¬
swallows, Wellesley College drama¬
tic organization, started their
year's program of serious produc¬
tions with a presentation of three
plays, "The Artist," by A. A.
Milne: "The Affairs of Anatol," by
Arthur Schnitzler, and "The Little
Man, by John Galsworthy.
The plays were entirely the work
of the students, who are required
by college legislation to ask no out¬
side help in staging, costuming,
coaching or acting for the Fall
informals." Later in the season,
about Thanksgiving time, the Ban¬
swallows will produce a play for
which they are permitted to hire a
professional coach and to engage
the assistance of such a group as
the Harvard Dramatic Association.
The Barnswallows, under the di¬
rection of Miss Jeanette Sayre of
South Orange, N. J., president, and
Miss Betty Creamer of Brooklyn,
business manager, has become this
year one of the most popular and
active organizations on the campus.
It sponsored the first appearance
of the Abbey Theatre Players in
America this year with the presen¬
tation of "Drama at Innishat
Alumnae Hall on Oct. 8.
Some time in the Spring the or¬
ganization will join the Wellesley
Choir and the Harvard Glee Club
in a production of a Gilbert and
Sullivan operetta, still to be chosen.
Among the students fron New
York and New Jersey who took
part in the three plays were the
Misses Virginia Spangler of Mont¬
clair, Jeanette Sayre of South
Orange, Ellen Pugh of Brooklyn,
Elizabeth Ebert of Glen Ridge,
N. J., and Barbara Lieberman /
Brooklyn.