II, Theaterstücke 4, (Anatol, 7), Anatols Hochzeitsmorgen, Seite 7

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Hochzeitsmorgen
Anatols
4.7. Mdisas ncherssnergen
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burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr,
Ausschnitt aus:
denalssen Prseher Tostnn
Kleine Chronik.
— Theaterchronik. Am Residenztheater in 0
Dresden erweckte Arthur Schnitzlers einaktige 6
Komödie „Anatols Hochzeitsmorgen“ bel ihrer Urauf=K.
führung durch die Schauspielgesellschaft des Direktors st.
Linsemann stürmische Heiterkeit. — Das Märchen vom s.
„hinauf“, und des Fräulein Julie die herab“ stei
Kunst und Wissenschaft. ##h fast wie gesprochene Feuilleions in ihrer tende
zen
Färbung. Und nun gar die grauslichen Geschehni
Szenenfolge! Um künstlerisch zu eischüttern mutet der Dichter
1* Mitteilung aus dem Bureau der Königlichen Hof¬
den Nerven doch gar zu Reichliches zu. Auch einem seriöseren
theater. Im Overnhause geht morgen, Sonntag, den
Publikum als dem, das gestern im Residenztheater saß, mußes
3. Juni, Richard Wagners „Tannhäuser“ in Szene. Die
Frau Wittich, Venus
heute schwer werden, bei der Schlußszene, in der der Diener Jean de
Besetzung ist die folgende: Elisabeth
Frau Abendroth, Tannhäuser — Herr Urlus vom Stadt=der Baronesse das Rasiermesser in die Hand drückt mit de
theater in Leipzig a. G Wolfram — Herr Perron, Landgraf liebenswürdigen Aufforderung, sich nach den in der gräflichen
Herr
Küche genossenen Liebesfreuden der Johannisnacht gefällig
Herr Plaschke, Walter —
— Herr Rains, Biterolf —
Hals abzuschneiden, so ernst zu bleiben, daß die von
Jäger. — Die letzte Gesamtaufführung von Richard Wagners
beabsichtigte Wirkung seelischen Grauens erreicht wird
„Ring des Nibelungen“ in dieser Spielzeit beginnt
nur das Widerliche des Vorganges und wünscht allt
Sonnabend, den 9. Juni, mit dem „Rheingold“, Sonntag, den
mag der grimmige Weiberhasser noch so geistreich m
10. Juni, folgt „Die Walküre“, Dienstag, den 12., „Stegfried“
ir
experimentieren, einfach in jenes schöne Land, allm
und Donnerstag, den 14. „Götterdämmerung". Billetts zu
3P
wächst. Zum Unglück verlangt das Stück, wenn #s nur
allen vier Vorstellungen können Donnerstag, den 7. Juni, an
ja nicht gerade, wie
sei's auch lediglich außerlich — es b
der Kasse des Opernhauses von 10 bis 1 Uhr entnommen werden.
en soll, eine erstklassige
zu Tode gelacht zu werden — Ein
An demselben Tage können auch die Stammsitzinhaber ihre
nglichen Anfängerin als
Billetts gegen Abgabe von vier Coupons und Zuzahlung des Darstellung. Mit einer strebsame
er als Diener Jean,
Frl. Julie und einem gewand
Preisunterschiedes erhalten.
lichkeit“ fehlt, an die
dem vor allem ganz die berai
1* Residenztheater. Das hätte uns Herr Direktor Linsemann,
mmern, kann man
sich die Gefühle der gräfliche
der seit gestern abend mit seiner Schauspiel=Gesellschaft auf der
ig machen. — Nach
das Strindbergsche Hirngespinst
Bühne des Residenztheaters regiert, nicht antun sollen. Oder
ete auf. Die Chose „Ana¬
Strindberg — Schnitzler. Man a
lte er dem künstlerischen Dresden „literarisch“ kommen, da er
tols Höchzeitsmorgen“ ist wenigstens lustig; an die
rindbergs „Fräulein Julie" den stimmenden Akkord für sein
Moral des Einakters darf freilich nicht getippt werden. Nur flott!
stspiel=Interregnum geben ließ?! Dann hätte er andere Register
und pikant gespielt muß das Sächelchen werden; das ist die
ziehen sollen. Dieses „naturaltstische Trauerspiel“ des nordischen
conditio sine qua non. Schade, daß auch hier die Darstellung
Isegrimms ist wirklich vieux jen, die „Mode vom vorigen Jahr“
versagte. Nur Herr Stock, ein reiches und feines schauspiele¬
um mit Schiller zu reden; es interessiert heute kaum mehr als
risches Talent, das sich schon an der Lösung bedeutender Auf¬
Zeichen der Zeit, einer Zeit, da im Rausch einer neuen Literatur¬
gaben an ersten Bühnen erprobt, stand als Anatol völlig auf der
Revolution alles drunter und drüber ging, da das Absonderliche
Höhe. Um seinetwillen sei den übrigen Mitwirkenden, die von
um jeden Preis auch als originell und bedeutend gelten wollte.
Schnitzlers Geist kaum einen Hauch gespürt, alles verziehen. —
Heute, da man zu den vermeintlichen Großtaten dieser Epoche
Das Publikum, das in seiner Mehrheit Strindberg befiemdet
Distanz gewonnen begreift man nicht mehr, daß selbst kluge
gegenüberstand, sich dafür über Schnitzlers Schnurrpfeifereien heiz¬
kritische Köpfe dieses Stück als einen ragenden Gipfelpunkt des
lich amüsierte, war liebenswürdig genug, das Entrée der Direk¬
modeinen Naturalismus ansehen konnten. Sogar die Sprache des
Einakters, welche ganz gewiß nicht arm ist an klugen und feinen tion Linsemann mit freundlichem Beifall zu begleiten der a conto

des Kommenden von der Kritik gern gebucht werden soll.
Wendungen, die als Beitrag zur Psychologie dekadenter Charak¬
i* Dem badischen Landtage ist eine Denkschrift über
tere immer ihren Wert behalten weiden, mutet merkwürdig
unrealistisch an, ja die langen Tiraden des Dieners Jean, der Restaurierung des Heidelberger Schlosses zugegangen. Danach