II, Theaterstücke 4, (Anatol, 7), Anatols Hochzeitsmorgen, Seite 9

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(Quellenangabe ohne Gewahr.)
Ausschnitt ans:
Schlesische Zeitung, Preslar
25,AU6 190
E vom:

Breslauer Sommertheater.
Eindkzehn band.
Von den drei Einaktern, ildis Hers Direktor Erich Ziegel am
Sonnabende den sehr zahlreichen Besuchern des Sommertheaters in sorgfältiger
Einstudiersyg und stimmungspolker Inszenierung vorgeführt hat, ist der
zuerst gegebene, Max Diepers „Liebesträume“, der Entstehungszeit
nach der ätfstes er ha# /1898 zugleich mit der kleinen Komödie „Unter¬
blonden Bistie“ Reschm auch dem Stoffe nach und in dem drastischen
Schlusse verwaßöt ist, das Licht der Rampen erfolgreich erblickt. Bald
nach der Betliner Premiere ging er mehrmals im Lobetheater in Szeng,
mit Fil. Gahrk in der Hauptrolle der energischen Gutsherrin, die gewöhnt
ist, daß ihren kurzen Befehlen widerspruchslos Gehorsam geleistet wirdt
und deren spröder, herber Jungfräulichkeit die Liebe bisher fremd ge¬
blieben, weil sie für Herzensangelegenheiten keine Zeit übrig hatte. Jetzt
aber ist sie nahe daran, einem in der Welt umher bummelnden, die Weiber¬
verführung gewissermaßen professionell betreibenden Vetter, der sich bei ihr
eingenistet hat und sie mit pathetischen Reden zu betören sucht, ihre Hand zum
Ehebunde zu reichen. Doch ehe das entscheidende Wort fällt, das den
verkommenen Referendar a. D. dem Ziele seiner Wünsche — er möchte sich
das schöne Gut ergattern — nahe bringen würde, erfährt sie von ihrer
hübschen Nichte, daß der skrupellose Don Juan auch mit diesem Backfisch
angebändelt und ihm höchst romantisch im Mondenscheine seine Liebe er¬
klärt hat. Und gleich darauf sieht sie, wie er von einem nächtlichen
Stelldichein mit dem drallen Stubenmädchen aus dem Garten schleicht. Da
macht sie kurzen Prozeß, wie es dem walkürenhaften Charakter der besten
aller mecklenburgischen Schweinezüchterinnen entspricht. Ohne eine lange
Standrede zu halten, erteilt sie dem gar zu vielseitigen Freier mit der
Reitpeitsche die ihm gebührende Lektion. So nehmen die „Liebesträume“
ein jähes Ende mit einem veritablen Knalleffekt. Sehr erfindungsreich
zeigt sich Dreyer in dieser Skizze gerabe nicht, und wahrscheinlich ist sie
auch keineswegs. Aber gut gespielt verfehlt sie nicht ihre er¬
heiternde Wirkung auf die Zuschauer. Das war auch diesmal der
Fall. Frl. Steimann gab mit der resoluten, ihre bittere Ent¬
tauschung willensstark überwindenden Gutsbesitzerin einen neuen erfeeulichen
Beweis ihrer zu schöner Reife gediehenen Charakterisierungskunst.
Frl. Horwitz als schwärmerische Else, Herr Junker als gewissens¬
loser Herzenbrecher und Frl. Düren als kokettes Stubenmädchen boten
ebenfalls durchweg Befriedigendes. Besonderes Lob verdient noch Herr
Landsberg für seinen prächtig gezeichneten alten Wirtschafter.
Als der Vorhang zum zweiten Male sich geteilt hatte, war man sehr
erstaunt, bei Clara Bhebigs„Fräulein Freschbolzen“ den früheren
Referendar Alex Oppermann als Versicherungsagenten Gustav Kundl#
wiederzufinden und ihn sein altes Spiel weltertreiben zu sehen. Freilich
ist er nun noch erheblich tiefer gesunken. Er läßt sich von der viel¬
geplagten Modistin aushalten, amüsiert sich höchlichst, wenn sie an seiner
Tür um einen Groschen bettelt, und betrügt sie doppelt, indem er den
t ansehnlichen Betrag einer von ihm einkassierten Rechnung für sich
und das unterschlagene Geld in Gesellschaft der hübschesten und zu¬
echsten der Näherinnen auf dem Maskenballe in Sekt vertrinkt.
poussiert er noch das Lehrmädel und verdreht dem armen
Dinge völlig den Kopf.
Und abermals wird zum Schlusse
anze Schlechtigkeit entdeckt, und der freche Kerl geht aus dem
eiderakelier ebenso gleichmütig davon wie Dreyers „zauberhafter“
Referendar nachseiner-Verprügetung-aus Friedente=Pepords Emehans.
Das Ende ist in Clara Viebigs Komödie, die in dem aus vier
Dramen bestehenden Zyklus „Der Kampf um den Mann“ den dritten
Teil bildet, freilich recht sentimental, aber im übrigen sind die
beiden Einakter so ähnlich, daß Herr Direktor Ziegel besser daran getan
haben würde wenn er sie nicht an einem Abende und noch dazu un¬
mittelbar hinter einander hätte in Szene gehen lassen. Das Milieu ist
mit kräftigen, breiten Strichen sicher gezeichnet, jede Gestalt aus dem
Leben gegriffen und in voller Echtheit auf die Bühne gestellt. Allerdings
sind diese typischen Figuren aus dem Großstadtleben mit all ihren physischen
und sittlichen Gebrechen auch schon von anderen mit gleicher Schärfe er¬
faßt und geschildert worden und zwar in weniger holzschnittmäßiger Art.
Eine gewisse weibliche Breite macht sich zu oft ermüdend bemerkbar;