II, Theaterstücke 4, (Anatol, 7), Anatols Hochzeitsmorgen, Seite 38

Is Hochzeitsnor
4.7. Anat
mellunssamergen box 8/3
1 lodienfluß auszuweichen und am liebsten verminderte
eine Großmacht, die den Menschen das Dasein
Septimenakkorde zu häufen, diese krankhaften Unarten
besser und leichter erscheinen lassen werden.
der Jungitaliener riefen im Auditorium hauptsächlich
Man kann einem Volksbildungshause nichts
zwei Empfindungen wach: Sehnsucht nach den schmel¬
Schöneres wünschen, als es möge in seinen lichten,
zenden Kantilenen der altitalienischen Oper und Mitleid
wohnlichen Rädmen die Menschen zum Guten er¬
mit den Sängern und Orchestermitgliedern. Giordano,
ziehen mdsie das Gefühl merken lassen, daß
meinte ein Satiriker, habe zwar die Revolution in Musik
unser Lehen eiy lichtes und glückliches werden
gesetzt, aber gewiß keine Revolution in der Musik her¬
Malea-Uyne.
kann.
vorgerufen! Und fürwahr, in rAndré Cheniere zum
mindesten ist alles bloß brillante Mache, ohne Originalität
oder eigene musikalische Einfälle. Das von Illica ver¬
faßte, von Max Kalbeck trefflich verdeutschte Textbuch
behandelt, in der Manier eines Schauderromanes, eine
THEATER, KUNST, MUSIK.
herzlich uninteressante Episode der französischen Revo¬
lution als ein dramatisches Gericht, in dessen Rezept
WIENER THEATER.
Liebe, Haß und Rache, Aufruhr, Totschlag, Galgen und
Der Währinger Bühne gebührt das Verdienst, uns
Blutgerüst reichlich dosiert sind. Vom ganzen Abend
bereits die vierte Oper der jungitalienischen Schule zu¬
können bloß der Schäferinnenchor im ersten Akte, ein
Hgänglich gemacht zu haben, rAndré Cheniere, das am
Ductt im zweiten, Cheniers Gesang im dritten und das
12. d. M. aufgeführte vieraktige Musikdrama, ist eine
Hinrichtungsduett im letzten Akte als musikalische Fein¬
Jugendschöpfung Umberto Giordanos, der sich schon in
heiten bezeichnet werden; alles andere ist wüst und öde,
einer im Alter von 24 Jahren komponierten Erstlings¬
voll krasser Ausbrüche eines gröhlenden, tobenden Or¬
Coper mMala vilau als geschickter Routinier und intelli¬
chesters, welche Effekte jedes feinere Ohr beleidigen. Die
genter Pfadfolger der nachwagnerischen Italiener (Puceini,
Aufführung war recht gut. Frau Stagl und der junge,
Mascagni) erwiesen, der sich leider aber auch diesmal,
noch ziemlich unbeholfene Tenorist Heermann bildeten
genau so wenig wie in seiner letzten Oper „ Fédorat, weder
ein gut eingeschultes, stimmbegabtes Paar, das selbst den


als Melodiker noch als Meister des Kontrapunktes aus¬
dem wir erfahren, daß Pierre Toinetten, diese aber den
größten Orchesterlärm übertönte, aber auch in den spär¬
gezeichnet hat. Gleichwie in nToscac bringt die Hand¬
lichen lyrischen Gesängen erfreulich zu wirken vermochte.
Vagabunden liebt. Auch dieser taucht wieder auf, und als
lung dieser Oper — den sympathischen ersten Akt aus¬
Sehr sympathisch gestaltete der Baritonist Schwarz die
er geht, wissen wir, daß er seine Braut sitzen lassen wird,
Rolle des konspirierenden Dieners; der metallische Klang
genommen — eine Reihe fast widerwärtiger Kerker- und
da uns das zwar mit wenigen Worten aber vielen Instru¬
seiner dunklen, mächtigen Stimme wirkte ungemein wohl¬
menten auseinandergesetzt wurde. Als der Vagabund“
Hinrichtungsszenen aus der Zeit des Thermidor, zu welchen
tuend, sobald sie sich ein wenig freier entfalten konnte
nach zwanzig Jahren im dritten Akte wieder auftaucht,
eine mit den lärmendsten Mitteln wirkende, grausame
hat die von ihm verlassene Toinette inzwischen längst:
Musik die vorwiegend larmovante Unterlage bildet. Die
und nicht, wic so oft, zu Kletterübungen auf der chro¬
den bereits siech gewordenen Pierre geheiratet, der ihren:
matischen Tonleiter und zu waghalsigen Intervallsprüngen
Bastard adoptierte. Pierre, alles verstehend und alles ver¬
verurteilt war. Fräulein Macha war als Gräfin-Mutter eine
zeihend, bietet dem Vagabunden in der Todesstunde
auf Vorstadtbühnen selten vornehme und blendende Er¬
scheinung. Der äußere Erfolg war bedeutend; da er dochI Weib und Herd zum Erbe an, damit er bleibe und Toi¬