4. 5. Abschiedssouper
box 8/1
K 1 a
„DMVIR
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Jesefsring 31 a
Ausschnitt aus 0/204
Wate
vom .
5
„Juana“ und „Abschiedssouper“.
(Sandrock=Gastspiel im Raimund=Theater.)
Hermann Bahr hat sich den Bart abnehmen lassen,
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und fofort wußten wir, daß er eine neue Richtung in
der Literatur einschlagen wolle. Bei ihm und seinen
Nachstrebern ist Haartracht und Toilette innig mit der
literarischen Ueberzeugung verbunden. Und namentlich,
wenn sie sich rasiren, hat man Grund zur Vermuthung,
sie seien von der Furcht beseelt, die Kritik würde so wie
so kein gutes Haar an ihnen lassen.
Dieses Mal ist Herr Bahr, der Wandlungsreiche,
uns spanisch gekommen. Die Heldin seines Stückes
heißt Jnana, raucht Cigaretten und tanzt mit dem
Tambourin in der Hand. Was will man noch mehr von
[spanischer Localfarbe! Der Gemal der Heldin ist ein spa¬
nischer General, der augenscheinlich in glänzenden Ver¬
hältnissen lebt. (Offenbar spielt das Stück vor dem
Kriege mit Amerika, so daß die Regierung noch die
Gagen pünktlich zahlt.) Im Hause verkehrt ein Lieutenant,
der am Schlusse des ersten Actes sich aufs Sopha setzt, was
lief blicken läßt. In der That bleibt Juana mit ihm
allein und stürzt sich liebegirrend auf ihn, worauf der
Vorhang ihrem Beispiele folgt und ebenfalls — fällt.
Für
Ueberhaupt spielt das Sopha die Hauptrolle in diesem
Inclus .
„spanischen Fliegen“=stück. Die Heldin vergirrt, verseufzt porte¬
Zahlba:
200 und verschluchzt ihr Leben auf diesem Sopha, weshalb „ vols¬
500
100
ein Witzbold das Stück als in hohem Grade sophistisch
bezeichnete.
181 „
Abonne
s0
Der General empfängt anonyme Briefe, in welchen lern¬
Abonne
seine Frau verleumdet wird, und er wendet sich an den
Lieutenant, er möge ihm auf sein Ehrenwort erklären,
ob er nicht mit seiner Frau ein Verhältniß habe. Ja,
solche Generale mußten Cuba und Portorico verlieren,
und, wenn sie eine Juana nicht halten können, wie
sollten sie 1000 Philippinen fesseln! Schließlich
kommt doch Alles auf und der Grueral gibt dem jungen
Sünder eine Pistole, damit er den richtigen Gebrauch
von ihr mache. Und richtig! Zum Schluß ist sowohl der
Lientenant als auch das Stück erschossen.
Einige Freunde Hermann Bahr's, die ihn offenbar
seit mehreren Tagen nicht gesehen hatten, riefen ihn bei
dieser Gelegenheit heraus, worauf er sich anstandshalber
vor dem ganzen Puvlicum verneigte.
Nach diesem schwülen Szuper bekam man etwas
satirisches Fruchteis von Schnitzler servirt. Es wirkte
in der That erfrischend.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnit
JOBSERVER“
90
Nr. 94
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichte
Wien, IX Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ VIII. Josefsring 31 a
Ausschnitt ausDie Arbeit Wien
20
vom /795
Theater, Kunst und Literatur.
(Raimund=Theater.) Nicht ohne Witz hat Herr
Arthur Schnitzler inseiner einactigen Plauderei
„Das Abschiedssouper“ eine Scene aus dem affairen¬
reichen Dasein eines Lebemannes und Gecken geschildert.
Anatol will seiner Geliebten, einer sehr ungenierten
Dame vom Ballet, den Abschied geben, doch ehe er dazu
kommt, erhält er von der flotten und sehr derben
Schönen bei dem in nichts weniger als sentimentaler
Stimmung abgehaltenen Souper selbst den Laufpaß. Die
kleine Bluette, schon aus dem Buche „Anatol“ und von
einer Wohlthätigkeitsvorstellung her bekannt, hat mit
ihrem lebhaften, stellenweise mit graziösen Wendungen
ausgestatteten Dialog und ihrer sehr gelungenen
Charakteristik lebhaften Beifall gefunden. Sie weist jeden¬
falls Menschen auf und eine mögliche und sehr lustige,
wenn auch in manchen Momenten nicht gerade decente
Sprache. Der Einacter berührte bei seiner gestrigen Auf¬
führung doppelt angenehm nach der Darbietung einer
großen dramatischen Geschmacklosigkeit von Hermann Bahr.
„Juana“heißt die malheuröse Geschichte, die der große Wiener
„Reformator“ unbedingt hätte als riefes Geheimniß in
seinem Schreibtische aufbewahren müssen. Es ist brutales
50 und ungeschickt „hingefetztes“, seichtes Zeug, was Herr
Für
100 Bahr da als dreiactiges Schauspiel bringt. Er hat den
200
ältesten Franzosen ihre ältesten Ehebruchsschwätzereien
500
plump und roh nacherzählt. Skizzenhaft hat er seinen
" 1000
Stoff behandelt, weil er, wie es heißt, seinerzeit — das gilte ist da¬
steht es der
Abonne
Stück ist ja schon alt und bereits in Berlin durchge¬
indern.
Abonne
fallen — einen Versuch machen und den Schauspielern
nur das Gerippe eines Stückes bieten wollte, das
Uebrige aber sollten sie nach italienischem Muster selbst
besorgen. Ein bequemer Standpunkt. Kümmert uns
übrigens nichts, wenn nicht das Publicum hätte die
Kosten des Versuches zahlen und die Leiden des —
Versuchskaninchens durchmachen müssen. Der überwiegende
Theil der Zuschauer ließ sich aber diese Rolle nicht auf¬
drängen und hat das mißlungene Stück als ein Attentat
auf den guten Geschmack mit Entschiedenheit abgelehnt.
Der Durchfall kam als sehr merkwürdige Illustration zu
einem Worte, das Herr Bahr kürzlich in Berlin einem
Interviewer gegenüber äußerte. Er nannte sich selbst!
einen — netten Theatermenschen. Na, wenn er nur
daran glaubt. — In beiden Stücken spielte Fräulein
Sandrock die Hauptrolle. Als Juana hatte sie sich
mit ihrer ganzen Impetuosität auf die — Häßlichkeit
dieser Rolle geworfen. Sie kehrte das Bestialische so
penetrant hervor, daß man wahrhaftig aufathmete, als
der Vorhang zum drittenmal fiel und der faule Zauber
endlich vorbei war. Er hat glücklicher Weise nur füns¬
viertel Stunden gedauert. Länger hätte man es aber
auch nicht aushalten können. Im „Abschiedssouper“ hat
Frl. Sandrock einen zwar etwas derben, aber doch
humoristischen und unterhaltenden Ton angeschlagen.
Ein Schalk im Parterre meinte, es habe den Anschein,
als ob die Sandrock erst mit dieser Rolle auf das ihr
völlig entsprechende Arbeitsfeld hingewiesen würde: sie
müßte einmal eine ausgezeichnete — komische Alte ab¬
geben. Das war doch ein arges Paradoxon, nicht wahr?
Aber es kommt ja auf dieser Welt so vieles vor, und
unmöglich ist nichts; — man hat ja auch — „Juana“
von Hermann Bahr aufgeführt ...
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K 1 a
„DMVIR
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Jesefsring 31 a
Ausschnitt aus 0/204
Wate
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„Juana“ und „Abschiedssouper“.
(Sandrock=Gastspiel im Raimund=Theater.)
Hermann Bahr hat sich den Bart abnehmen lassen,
8
und fofort wußten wir, daß er eine neue Richtung in
der Literatur einschlagen wolle. Bei ihm und seinen
Nachstrebern ist Haartracht und Toilette innig mit der
literarischen Ueberzeugung verbunden. Und namentlich,
wenn sie sich rasiren, hat man Grund zur Vermuthung,
sie seien von der Furcht beseelt, die Kritik würde so wie
so kein gutes Haar an ihnen lassen.
Dieses Mal ist Herr Bahr, der Wandlungsreiche,
uns spanisch gekommen. Die Heldin seines Stückes
heißt Jnana, raucht Cigaretten und tanzt mit dem
Tambourin in der Hand. Was will man noch mehr von
[spanischer Localfarbe! Der Gemal der Heldin ist ein spa¬
nischer General, der augenscheinlich in glänzenden Ver¬
hältnissen lebt. (Offenbar spielt das Stück vor dem
Kriege mit Amerika, so daß die Regierung noch die
Gagen pünktlich zahlt.) Im Hause verkehrt ein Lieutenant,
der am Schlusse des ersten Actes sich aufs Sopha setzt, was
lief blicken läßt. In der That bleibt Juana mit ihm
allein und stürzt sich liebegirrend auf ihn, worauf der
Vorhang ihrem Beispiele folgt und ebenfalls — fällt.
Für
Ueberhaupt spielt das Sopha die Hauptrolle in diesem
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200 und verschluchzt ihr Leben auf diesem Sopha, weshalb „ vols¬
500
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ein Witzbold das Stück als in hohem Grade sophistisch
bezeichnete.
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Der General empfängt anonyme Briefe, in welchen lern¬
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seine Frau verleumdet wird, und er wendet sich an den
Lieutenant, er möge ihm auf sein Ehrenwort erklären,
ob er nicht mit seiner Frau ein Verhältniß habe. Ja,
solche Generale mußten Cuba und Portorico verlieren,
und, wenn sie eine Juana nicht halten können, wie
sollten sie 1000 Philippinen fesseln! Schließlich
kommt doch Alles auf und der Grueral gibt dem jungen
Sünder eine Pistole, damit er den richtigen Gebrauch
von ihr mache. Und richtig! Zum Schluß ist sowohl der
Lientenant als auch das Stück erschossen.
Einige Freunde Hermann Bahr's, die ihn offenbar
seit mehreren Tagen nicht gesehen hatten, riefen ihn bei
dieser Gelegenheit heraus, worauf er sich anstandshalber
vor dem ganzen Puvlicum verneigte.
Nach diesem schwülen Szuper bekam man etwas
satirisches Fruchteis von Schnitzler servirt. Es wirkte
in der That erfrischend.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnit
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I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichte
Wien, IX Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ VIII. Josefsring 31 a
Ausschnitt ausDie Arbeit Wien
20
vom /795
Theater, Kunst und Literatur.
(Raimund=Theater.) Nicht ohne Witz hat Herr
Arthur Schnitzler inseiner einactigen Plauderei
„Das Abschiedssouper“ eine Scene aus dem affairen¬
reichen Dasein eines Lebemannes und Gecken geschildert.
Anatol will seiner Geliebten, einer sehr ungenierten
Dame vom Ballet, den Abschied geben, doch ehe er dazu
kommt, erhält er von der flotten und sehr derben
Schönen bei dem in nichts weniger als sentimentaler
Stimmung abgehaltenen Souper selbst den Laufpaß. Die
kleine Bluette, schon aus dem Buche „Anatol“ und von
einer Wohlthätigkeitsvorstellung her bekannt, hat mit
ihrem lebhaften, stellenweise mit graziösen Wendungen
ausgestatteten Dialog und ihrer sehr gelungenen
Charakteristik lebhaften Beifall gefunden. Sie weist jeden¬
falls Menschen auf und eine mögliche und sehr lustige,
wenn auch in manchen Momenten nicht gerade decente
Sprache. Der Einacter berührte bei seiner gestrigen Auf¬
führung doppelt angenehm nach der Darbietung einer
großen dramatischen Geschmacklosigkeit von Hermann Bahr.
„Juana“heißt die malheuröse Geschichte, die der große Wiener
„Reformator“ unbedingt hätte als riefes Geheimniß in
seinem Schreibtische aufbewahren müssen. Es ist brutales
50 und ungeschickt „hingefetztes“, seichtes Zeug, was Herr
Für
100 Bahr da als dreiactiges Schauspiel bringt. Er hat den
200
ältesten Franzosen ihre ältesten Ehebruchsschwätzereien
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plump und roh nacherzählt. Skizzenhaft hat er seinen
" 1000
Stoff behandelt, weil er, wie es heißt, seinerzeit — das gilte ist da¬
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Stück ist ja schon alt und bereits in Berlin durchge¬
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nur das Gerippe eines Stückes bieten wollte, das
Uebrige aber sollten sie nach italienischem Muster selbst
besorgen. Ein bequemer Standpunkt. Kümmert uns
übrigens nichts, wenn nicht das Publicum hätte die
Kosten des Versuches zahlen und die Leiden des —
Versuchskaninchens durchmachen müssen. Der überwiegende
Theil der Zuschauer ließ sich aber diese Rolle nicht auf¬
drängen und hat das mißlungene Stück als ein Attentat
auf den guten Geschmack mit Entschiedenheit abgelehnt.
Der Durchfall kam als sehr merkwürdige Illustration zu
einem Worte, das Herr Bahr kürzlich in Berlin einem
Interviewer gegenüber äußerte. Er nannte sich selbst!
einen — netten Theatermenschen. Na, wenn er nur
daran glaubt. — In beiden Stücken spielte Fräulein
Sandrock die Hauptrolle. Als Juana hatte sie sich
mit ihrer ganzen Impetuosität auf die — Häßlichkeit
dieser Rolle geworfen. Sie kehrte das Bestialische so
penetrant hervor, daß man wahrhaftig aufathmete, als
der Vorhang zum drittenmal fiel und der faule Zauber
endlich vorbei war. Er hat glücklicher Weise nur füns¬
viertel Stunden gedauert. Länger hätte man es aber
auch nicht aushalten können. Im „Abschiedssouper“ hat
Frl. Sandrock einen zwar etwas derben, aber doch
humoristischen und unterhaltenden Ton angeschlagen.
Ein Schalk im Parterre meinte, es habe den Anschein,
als ob die Sandrock erst mit dieser Rolle auf das ihr
völlig entsprechende Arbeitsfeld hingewiesen würde: sie
müßte einmal eine ausgezeichnete — komische Alte ab¬
geben. Das war doch ein arges Paradoxon, nicht wahr?
Aber es kommt ja auf dieser Welt so vieles vor, und
unmöglich ist nichts; — man hat ja auch — „Juana“
von Hermann Bahr aufgeführt ...