box 8/1
Abschiedssouver
4. 5 J nnenenetenenen Kenetce
Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
00 105
„OBSERVER“ N.74
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1. Türkenstrasse 17.
Flliale in Budapest: „Figyelé“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus: Oeuureichscnng
vom 7/7%0
Theater und Kunst.
Berliner im Raimundtheater. Zu einer Zeit,
da unsere Empfänglichkeit für Theatergenüsse bedenklich
erschöpft ist und das Studium des „Waldheim“ jeder
anderen Lektüre gern vorgezogen wird, kommen lieb¬
#te Freunde aus Berlin, um uns Proben jener
schauspielerischen Kunst vorzulegen, als deren Träger sie
im deutschen Norden gelten. Es ist eine Art Jubiläums¬
fahrt, die sie unternehmen. Zehn Jahre sind vergangen,
seit in der deutschen Reichshauptstadt Paul Schlenther
und Otto Brahm durch die „Freie Bühne“ eine
Theaterrevolution einleiteten, deren segensreiche Folgen
zuerst die Berliner zu merken bekamen, die sich aber
nach Wien
später in ihren Wirkungen auch
erstreckte. Es hat freilich länger, vielleicht
lange gedauert, bevor die Wellen dieser, alle
Konvention im Theaterstyle und Theaterrepertoire
niederreißenden Strömung bis zu uns gelangten,
aber sie waren früher da als unsere Berliner Gäste und
so bringen die Künstler, die sich nicht ganz mit Recht:
Ensemble von „Mitgliedern des Deutschen Theaters in
Berlin“ nennen, uns nichts Neues. Wer von ihrem
ersten Auftreten künstlerische Offenbarungen irgend
welcher Art erwartete, ist sicherlich enttäuscht worden;
wer da glaubte, etwas Apartes, Sensationelles zu sehen,
mußte mißmuthig werden, und seine Freude an dem
Für 50 Abend konnte nur derjenig haben, der an einem fein
inclusive
und auf einen Ton gestimmten Zusammenspiel Gefallen
Porto.
100
Zahlbar
200 findet. Und dabei durfte man sich, ohne eitlem Lokal¬
500 potielim#s zu frähner ####
diese Art der
im Voraus.
„ 1000 Darstelung nicht als Festtagsbraten betrachten müssen,
sondern daß auf unseren Bühnen „alle Tage so gekocht“ hnitte ist das
Abonnetird Durch den Vergleich mit den Berliner Künstlern ch steht es den“
Abonne werden unsere Wiener Schauspieler sicherlich nicht ändern.
zu
Schaden kommen. Ebenso wie diese apostolische
Mission der reichsdeutschen Kunstreisenden sich um etwa #
ein Jahrzehnt verspätet hat, ist auch die bejahrte
Novität, mit welcher sie ihr Gastspiel Sonntag begannen
Wolzogen's Tragikomödie „Lumpengesindel“
uni mehrere Jahre zu spät zu uns gekommen. Ent¬
standen vor mehr als zehn Jahren und hervorgegangen
aus demselben Milien wie Henri Murger's Szenen aus
dem Leben der Pariser Boheme, schildert uns diese
Tragikomödie die Verüner Literaturzigeuner. Es erhöhl
nicht ihren schriftstellerischen Werth, daß sie nur ein
Cliché berlinbekannter Persönlichkeiten ist; aber in
dieser pasquillartigen Verkleidung steckt ihr ganzer
Reiz. Losgelöst davon ist Wolzogen's „Lumpengefindel“
eine Reihe kleiner Augenblicksbilder aus dem
Treihen der Schriftstellerboheme, die durch eine faden¬
dünne Handlung nothdürftg zusammengehalten werden.
Von den Brüdern Kern, die gemeinsam hausen,
ist Dr. Friedrich mit der Tochter eines Polizeiwacht¬
meissers Esse verheiratet. Mit der Eye hat aber Friedrich
Kern seine In
##eßengewohnheiten nicht abgelegt; es.
geht in dieser Wirthschaft toll zu, viel toller als Frau
Else es verträgt. Nach einem Abendessen, an dem aller¬
lei Lumpengesindel Theil nimmt und schließlich über
Nacht dableibt, verläßt die Gattin das eheliche Heim.
Es ist nicht nur der Ekel, der sie aus dem Haus treibt,
sondern auch die Furcht. Unter dem Lumpengesindel
befindet sich nämlich einer der ihre erste Liebe genossen.
Böse Anspielungen fallen. Aber Dr. Friedrich Kern ist
nicht vom Schlage Meister Anion's, der da glaubt,
darüber kommne aemand hinweg Nach einer unsäglich
Abschiedssouver
4. 5 J nnenenetenenen Kenetce
Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
00 105
„OBSERVER“ N.74
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1. Türkenstrasse 17.
Flliale in Budapest: „Figyelé“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus: Oeuureichscnng
vom 7/7%0
Theater und Kunst.
Berliner im Raimundtheater. Zu einer Zeit,
da unsere Empfänglichkeit für Theatergenüsse bedenklich
erschöpft ist und das Studium des „Waldheim“ jeder
anderen Lektüre gern vorgezogen wird, kommen lieb¬
#te Freunde aus Berlin, um uns Proben jener
schauspielerischen Kunst vorzulegen, als deren Träger sie
im deutschen Norden gelten. Es ist eine Art Jubiläums¬
fahrt, die sie unternehmen. Zehn Jahre sind vergangen,
seit in der deutschen Reichshauptstadt Paul Schlenther
und Otto Brahm durch die „Freie Bühne“ eine
Theaterrevolution einleiteten, deren segensreiche Folgen
zuerst die Berliner zu merken bekamen, die sich aber
nach Wien
später in ihren Wirkungen auch
erstreckte. Es hat freilich länger, vielleicht
lange gedauert, bevor die Wellen dieser, alle
Konvention im Theaterstyle und Theaterrepertoire
niederreißenden Strömung bis zu uns gelangten,
aber sie waren früher da als unsere Berliner Gäste und
so bringen die Künstler, die sich nicht ganz mit Recht:
Ensemble von „Mitgliedern des Deutschen Theaters in
Berlin“ nennen, uns nichts Neues. Wer von ihrem
ersten Auftreten künstlerische Offenbarungen irgend
welcher Art erwartete, ist sicherlich enttäuscht worden;
wer da glaubte, etwas Apartes, Sensationelles zu sehen,
mußte mißmuthig werden, und seine Freude an dem
Für 50 Abend konnte nur derjenig haben, der an einem fein
inclusive
und auf einen Ton gestimmten Zusammenspiel Gefallen
Porto.
100
Zahlbar
200 findet. Und dabei durfte man sich, ohne eitlem Lokal¬
500 potielim#s zu frähner ####
diese Art der
im Voraus.
„ 1000 Darstelung nicht als Festtagsbraten betrachten müssen,
sondern daß auf unseren Bühnen „alle Tage so gekocht“ hnitte ist das
Abonnetird Durch den Vergleich mit den Berliner Künstlern ch steht es den“
Abonne werden unsere Wiener Schauspieler sicherlich nicht ändern.
zu
Schaden kommen. Ebenso wie diese apostolische
Mission der reichsdeutschen Kunstreisenden sich um etwa #
ein Jahrzehnt verspätet hat, ist auch die bejahrte
Novität, mit welcher sie ihr Gastspiel Sonntag begannen
Wolzogen's Tragikomödie „Lumpengesindel“
uni mehrere Jahre zu spät zu uns gekommen. Ent¬
standen vor mehr als zehn Jahren und hervorgegangen
aus demselben Milien wie Henri Murger's Szenen aus
dem Leben der Pariser Boheme, schildert uns diese
Tragikomödie die Verüner Literaturzigeuner. Es erhöhl
nicht ihren schriftstellerischen Werth, daß sie nur ein
Cliché berlinbekannter Persönlichkeiten ist; aber in
dieser pasquillartigen Verkleidung steckt ihr ganzer
Reiz. Losgelöst davon ist Wolzogen's „Lumpengefindel“
eine Reihe kleiner Augenblicksbilder aus dem
Treihen der Schriftstellerboheme, die durch eine faden¬
dünne Handlung nothdürftg zusammengehalten werden.
Von den Brüdern Kern, die gemeinsam hausen,
ist Dr. Friedrich mit der Tochter eines Polizeiwacht¬
meissers Esse verheiratet. Mit der Eye hat aber Friedrich
Kern seine In
##eßengewohnheiten nicht abgelegt; es.
geht in dieser Wirthschaft toll zu, viel toller als Frau
Else es verträgt. Nach einem Abendessen, an dem aller¬
lei Lumpengesindel Theil nimmt und schließlich über
Nacht dableibt, verläßt die Gattin das eheliche Heim.
Es ist nicht nur der Ekel, der sie aus dem Haus treibt,
sondern auch die Furcht. Unter dem Lumpengesindel
befindet sich nämlich einer der ihre erste Liebe genossen.
Böse Anspielungen fallen. Aber Dr. Friedrich Kern ist
nicht vom Schlage Meister Anion's, der da glaubt,
darüber kommne aemand hinweg Nach einer unsäglich