II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 83

Abschiedssouper
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4.5. Aoschrensssaten
steckt, zu einer sicht na#üreich entwickelnden und abspielenden ihren Zopf aufhängt, war nicht appetitlich, der jung
Handlung gestalten können. Gutes Figurenbeiwerk war genügend Gelehrte, welcher nicht fertig wird, auf dem Balkon den Polste
vorhanden. Unnöthigerweise schaffte er der jungen Frau eine „Ver= auszuklopfen und die endlose scherzhafte Balgerei der beide
d=Theater.
gangenheit“, unnöthigerweise bringt er diese zur Sprache, unnöthiger= Brüder im ersten Acte — das waren wohl kleine Uebertreibungen
haben die Berliner weise taucht die Vergaugenheit in Person eines jungen Bildhauers die man sich vor den guten Provinzlern in Wien gestattet hat
in Wetter, das denauf, eine Vergangenheit, die sich im dritten Aet zu einem mehr Und diesen braven Provinzlern Freude zu machen, trat — nar
ein Publicum, das komisch als tragisch wirkenden Gewitter zusammenzieht. Blitze der Wolzogen'schen Komödie — ein junger Herr heraus, thar
Empfinden entgegen=sucken nieder aus schwerem Gewölk, aber — wir sind nicht er= eine große Geste, winite dem Publicum zutraulich zu, blähte sie
Wien war voll= schrocken. Es waren Kolophoniumblitze aus der Requisitenkammer wie ein Fröschlein und hielt eine ganze Rede. Er sei der Re¬
#gtonte Vienne“ des Theaters.
gißseur, erzählte er ausführlich, und werde Herrn v. Wolzogen so
heater zusammten¬
fort telegraphiren, wie uns sein Stück gefallen hat. Wei
Herrn v. Wolzogen wurde ein Dienst erwiesen, daß man
„Das
erstenntgl

Gott, was der noch Alles geschwatzt hätte, wenn er nicht
sein „Lumpengesindel“ bisher nicht in Wien spielte. Wir
drei Aufzügen von haben gewiß ebenso gute Schauspieler, als die Berliner Künstler
verblüfften Gesichter im Parterre gesehen hätte. Man lachte übe
es sind, die wir gestern kennen lernten; wir haben auch noch den Zwischenfall, der den guten Eindruck des Abends nicht meh
stören konnte.
Svon den Wiener weit bessere Darsteller, aber es fehlt bei uns der Regisseur, der
Von den einzelnen Darstellern traten gestern besonder
ein solches Zusammenspiel schafft, es fehlt bei uns an Zeit und
reiflich. Es ist eine
hervor Heir Winterstein und Herr Kayßler. Si¬
Lust, die Stücke genügend durchzuproben, es wird bei uns zu
mödie. Hätte man
zeichneten die beiden Brüder mit einer Natürlichkeit, die ihr
Bohéme“ vorgeführt, schlumpig gespielt, und unseren Schauspielern fehlt auch im
Leistung in den Mittelpunkt des Abends rückte. Ein sehr guter
ngeleuchtet, denn es Durchschnitt die Natürlichkeit und Leichtigkeit, auf welche die
etwas trockener Schauspieler scheint Herr Nissen zu sein; ein
Obwohl specisisch modernen Berliner Schauspieler seit längerer Zeit gedrillt sind.
sympathische und discrete, noch nicht ganz ausgereifte Darstellern
prächtige Milien ein
Bei uns sind die volksthümlichen Darsteller natürlich, in Fräulein Trenner; etwas derb, aber wirksam Frau Wilke
en ersten Act. Der Berlin ist man auch im Frack natürlich. Und mit ihrem Realismus, sehr gut Herr Valentin; nicht übel Herr Biensfeldt
es kam aber nur mit ihrer Natürlichkeit, mit ihrem ausgezeichneten Zusammenspiel ebenso Herr Reinhardt. Frau Eberty dürfte
7.
Der drine Act, errangen die Berliner gestern einen Bombenerfolg. Vielleicht einmal eine gute, komische Alte werden vorläufig
irt lustig, befriedigte wird dieses Gastspiel von größerer Tragweite werden. Man ist sie ine mäßige, komische Junge. Herr Martins
wird auch an unseren Theatern besser proben und dadurch vor ein en Jahren ein unbedeutender Schauspieler des
hmatischen Couflicten leichter spielen. Zumindest bringen uns die Berliner Carlth### rs, ist jetzt ein ebenso unbedeutender Schauspieler des
Pohemiens, leben zu.- darauf, solches
in Zukunft nachdrücklichst zu fordern. Berliner Ensembles. Er spielte einen jungen Wiener. Das¬
neinander. Es sind Jedenfalls wird man in den nächsten Tagen oft ins Raimund= Wienerische hat er offenbar seither in Berlin gelernt.
versteht nicht, daß Theater müssen, um zu lernen, wie man die Schauspieler in ein
Arthur Schnitzlers prächtiges „Abschiedssouper“ ga
vill. Er hangt und einheitliches Milieu drängt, und um zu sehen, wie die Schau= der Frau Gisela Schneider Gelegenheit, sich als die best
Pattin und begreift spieler durch eine gute Regie auf einen natürlichen, discreten Ton
„Annie“ zu zeigen. Das Publicum war von dieser Kürstleri
Nun erst weiß der gestimmt werden können.
entzückt. Sie ist etwas turbulent, aber von einer hinreißender
Fire der Conflict ge¬
Auch der Zuschauer muß auf diese Realistik in der In=Lustigkeit. Herr Nissen, wohl auch etwas zu behäbig fü
auf das Einfachste, scenirung gestimmt werden. Uns schien gestern Manches stärker auf= den Anatole, stand weit hinter ihr. Uebrigens ist Frau Schneide
as hätte ein Mann getragen, als von nöthen. Die alte Zimmervermietherin, welche seine legitime Gattin und der Erfolg bleibt in der Familie.
ns, den er sich ge= zur Arbeit vor einem versammelten Herrenpublicum!
Bernhard Buchbinder.