II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 131

Abschiedssouper
4.5. AuschTEESLaLe, box 8/2
lich etwas viel; wenn dessen ungeachtet der Beifall von Akt gezeigt. Man hätte glauben können, es mit einem französischen
zu Akt sich gesteigert hat, so beweist das wohl am besten, daß Original zu tun zu haben. Die ganze Idee und ihre Durch¬
mindestens die Hauptrolle — in diesem Falle die von Madame führung ist éminemment parisienne und nicht weniger
Wiehs gespielte oder gemimte des jungen Pierrot — mit war es natürlich die Interpretation durch Mme. Wiehé, die
einer Kraft ersten Ranges besetzt sein mußte. Das Enfant
Kopenhagener Pariserin à la Judic, der die national=fran¬
prodigue ist übrigens für die Theaterhabitués unserer zösischen Partner, die Herren Vallières, Lacoste und Dubarry,
Kunststadt keine Novität; unterstützt von anderen Mitgliedern wacker zur Seite standen. Frau Wiehé war in Spiel und
unserer Hofbühne, hat Frln. Swoboda die Rolle des Pierrot Erscheinung die entzückendste und graziöseste Ballettratte, die
fils hier mit bestem Erfolge bereits kreiert. Der Refereit man sich denken kann. Ein Glück für die Seelenruhe der
hat dieser ersten Münchener Aufführung leider nicht bei= Gattinnen, daß nicht alle ihrer Art auch nur annähernd
gewohnt; er ist daher auch nicht imstande, zwischen damals ihr gleichen. Der Beifall am Schlusse des flott und munter
und heute eine Parallele zu ziehen; seines Erachtens ist es gespielten Einakters war ebenso echt wie anbaltend.—
jedoch kaum möglich, die weit im Vordergrunde stehende Rolle
2. Einen Sonat##
des jungen Pierrot besser, d. h. packender zu interpretieren,
als es durch Frau Wiehé geschehen ist. An der vollen Ent¬
faltung des Mienenspiels hinderte sie mitunter wohl die
traditionelle Pierrot=Maske, um so vollendeter aber war
ihre Gebärdensprache. Ihre Gesten hätten beredter, fesseln¬
der und graziöser nicht sein können. Halb kindliche Drolerie
es sei hier nur an die Fliegenfang=Szene erinnert —
lyrische Momente und stark pathetische Empfindungen wußte
Frau Wiehé mit gleich überzeugender Kraft zum Ausdruck
zu bringen. Ihr durch die diskrete, geschickt nüancierte Kom¬
position unterstütztes Spiel glich dem vielfarbigen Glänzen
und Leuchten eines gutgeschliffenen Edelsteins. Auch die
Nebenrollen waren nicht übel vertreten, nur hätte der
schlottrige Baron nicht zu einer schlechthin abstoßenden Kari¬
katur gemacht werden sollen. Unser Häusser dürfte ihn
minder pavianartig, dafür aber sehr viel glaubwürdiger ge¬
staltet haben. Den Schluß des Abends, bei dem auch das
gesprochene Wort zur Geltung kam, bildete Schnitzlers
einaktiges „Abschieds=Souper“, „adaptation
française de M. Maurice Vogaire“ Man hat früher
bereits die Vermutung ausgesprochen, daß der Autor bei der
Behandlung dieses Vorwurfs von dem Bestreben geleitet
gewesen sei, den Beweis zu erbringen, daß auch ein deutscher
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Schriftsteller es verstehe, à la française zu schreiben,
d. h. über die Klippen und Untiefen eines etwas heillen
Themas in heiterem, leichtem Geplauder hinwegzugleiten und 2
dabei dem Publikum eine angenehme Viertel= oder halbe d
Stunde zu bereiten. Wie sehr ihm das gelungen ist, hat &
die Aufführung des Souper d’adien im Schauspielhause v