II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 141

rri
ve
1
16
4.5. Abschiedssonver
SGREALE. box 8/2
eden geleisteren Handlangerdienste ist eben Ain
Kenen Jassung mit den Unterschriften des ver= „seltsames Weihnachtsgeschenk“.
v
angenommen. antwortlichen Schatzcomitees an das Staatsministerium gelangt
französischen Edeldame zu einer reizenden Gesammtdarstellung abzurunden
Die folgenden Costümlustspiele in Versen „Renalssance" und „Die
weglich sitzen
wußte. Es ist also ganz unverständlich, daß man Schnitzler, gegen
goldene Eva“ waren schon schwächer, doch konnte mon sich in beiden noch
den unsere Theaterdirection jüngst so stark gesündiat hat, aufs neue durch
immer recht gut unterhalten. Bei „Frau Königin“ ist dies auch dem
sie Rody's
eine verfehlte Besetzung der weiblichen Hauptr olle — wie sich nachgerade
anspruchlosesten Zuschauerkreise nicht mehr möglich, und zieht man die
freilich zur feststehenden Eigenthümlichkeit unserer Schauspielleitung sich
Beifullslust eines so zahlreich erschienenen Festtagspublikums, wie billig,
ausbildet — schädigt. Ist doch die Beschaffenheit der „Anatol“=Scenen
weite Thür
in Rechnung, so war denn auch die Aufnahme des „Spiels“ sehr matt,
derart, daß schon eine leise Abweichung von der Zeichnung des Dichters
Vorzimmer
während der den Abend einleitende Einacter leider unverhüllt abgelehnt
den ganzen Eindruck aufhebt. Die Crazie, mit der Alfred de Musset
wurde. Zu diesem Mißerfolge Schnitzler's trug freilich wieder die
und Murger solche frivole Liebesab enteuer behandeln, wird einem deutschen
Sowie
unbegreiflich verkehrte Besetzung ihr gut Theil bei.
Dichter nie ganz erreichbar sein. So drollig das Motiv des „Abschieds¬
„Abschiedssouper“ ist der sechste der acht Einacter, mit denen
zu, und er
soupers“ auch ist, daß beide Liebende in der Absicht zusammenkommen,
Schnitzler 1893 zuerst seinen Ruf begründet hat*). Nach dem Namen
hmer herein
sich wegen einer neuen Liebeständelei zu trennen, und durch das Ge¬
des verliebten Helden Anatol, der nebst seinem Freunde Max in jeder
ständniß gegenseitig ihre Eitelkeit verletzen, so erhält die Ausführung
dieser Scenen auftritt, während die allen Kreisen angehörenden Gellebten
ky's Wange.
selbst doch leicht für das sittliche Gefühl des Zuschauers etwas Ver¬
Anatols beständig wechseln, ist das Ganze betitelt, wie der graziöse Prolog
die Bonne,
letzendes. Es muß durch die Darstellung die zu Grunde liegende frivole.
es nennt:
möge seiner
Genußsucht verdeckt werden durch Stimmung, wie Anatol selbst
„Die Komödie unsrer Seele
im dritten Einacter „Episode“ sie schildert. Alle, die er liebe, tauchten
men gewesen
Unsres Fühlens heut und gestern,
in diesem wahren Zauberborne unter und brächten ihm einen sonder¬
Böser Dinge hübsche Formel,
Glatte Worte, bunte Bilder,
baren, berauschenden Duft von Abenteuern und Seltsamkeit. „Und das
ihnen ginge,
Halbes, heimliches Empfinden,
macht mir das Leben so vielfältig und wandlungsreich, daß mir eine
ge Minuten
Agonieen, Episoden.“
Farbe die ganze Welt verändert. Tausend andere tappen hinein in
Wir haben den ersten dieser Einacter „Die Frage an das Schicksal“
irgend ein Abenteuer, brutal, mit offenen Augen, aber mit verschlossenem
später Miß
bereits in der vorigen Spielzeit und auch in der laufenden wieder im
Sinn, und es bleibt farblos für Euch! Aus meiner Seele aber, ja,
imer trat.
Lobetheater in sehr hübscher Darstellung kennen gelernt, und Herr
aus mir heraus blitzen tausend Lichter und Farben drüber hin, und
Lettinger hat auch diesmal den Anatol mit frischem Humor und oft
daß Mrs.
ich kann empfinden, wo Ihr nur — genießt.“ Hierin liegt für den
bewährter Kunst gespielt, nur war es nicht die von Schnitzler geschaffene
ihren Gatten
Chauspieler der Schlüssel zur Gestaltung Anatols und zur Darstellung
Gestalt. Die Besetzung des Max durch Herrn Ziegel, der die Rolle viel
aller dieser Scenen. Und gerade an diesem Mangel an richtiger Stimmung
Mr. Dode¬
zu ernst auffaßte, war vollends ein Mißgriff, und noch weniger erwies
mußte die Aufführung des „Abschiedssoupers“ im Lobetheater scheitern.
sich Frl. Nolewska für die Balleteuse Annie geeignet. Frl. Nolewska
„Frau Königin“ wurde dagegen in den vier Hauptrollen durch die
hat im folgende Stücke die große Hauptrolle so anmuthig und lebensvoll
Damer Nolewska und Gabri, die Herren Botz und Barnowsky
verkörpert, daß wir auch diesmal ihre oft gerühmte Begabung wieder
unter Herrn Niedt's stets zuverlässiger, tüchtiger Regie sehr gut gespielt.
freudig anerkennen dürfen. Denken wir an ihr erstes Auftreten zurück,
In Abwesenheit ihres wackern Gatten Ulrich vom Hohentwyl (Herr
so erfüllt es mit Bewunderung, in welch kurzer Zeit sie das damals
Botz) hat sich seine brave Hausfrau Gertrude (Fräulein Nolewska)
störende Fremdartige in ihrer Aussprache beseitigt hat. Jede neue große
durch Minnelieder und das Spiel des Liebeshofes umgarnenlassen. Dem braven
Rolle zeugt von dem künstlerischen Fortschreiten Frl. Nolewska's, deren
schwäbischen Ritter, der Herz und Kopf auf dem rechten Flecke hat, gelingt es aber
r's realistische
Gewinnung für unser Schauspiel wir als ein nicht kleines Verdienst unserer
bald, den heuchlerischen Minnesänger (Herr Barnowsky) zu entlarven,
Weihnachts¬
Theaterleitung in Rechnung setzen müssen. Aber so vielseitig Frl. Nolewska
seine Frau zurückzugewinnen und außerdem noch aus der französischen Gräsin
sie Weihnachts¬
auch ist und so wenig eine ängstliche Beschränkung auf das officielle
1 (Frl. Gabri) und seinem Vetter Balduin, den Herr Colmar recht
nen kindlichen,
Rollenfach den Theaterinteressen entsprechen würde, so kann man von der
hübsch spielte, ein Paar zu machen. An Entlehnungen aus älteren
oder, wie die
Heroine doch billigerweise nicht die Darstellung der Annie in Schnitzler's
Stücken haben es die Herren Verfasser in ihren gereimten Versen nicht
Spiels „Frau
„Abschiedssouper“ fordern. Frl. Nolewska wird jede Rolle sehr geschickt
fehlen lassen, ebensowenig an Willkürlichkeiten und groben Schnitzern,
ng längst ab¬
spielen, aber man merkt dann die verstimmende Absicht. Ihre Annie war
soweit das Zeitcolorit der Tage Kaiser Rudolf's I. in Frage kommt. Den
s Weihnachts¬
viel zu schwerfällig und nicht natürlich genug. Wenn wir auch die
äußeren Prunk, den das Stück eigentlich fordert und dem nur Fräulein
icht gegen das
meisterhafte Darstellerin solcher Rollen, Frl. Jurberg, nicht wieder ersetzt
Nolewska's glänzende Costüme gerecht wurden, hat Herrn Niedt's Regie
denen nur in
haben, so lag doch nicht die geringste Nöthigung vor, Frl. Nolewska durch
geschickt zu umgehen verstanden in Rücksicht auf die Aermlichkeit unserer
und die von
Heranziehung zu dieser Rolle zu schädigen. Wurde ja doch, als Fräulein
Ausstellungsmittel. Man konnte es Frau Gertrude nachfühlen, daß sie
en, daß ihnen
Gabri vor einigen Jahren in unseren Bühnenverband eintrat, besonders
die Damen, welche hier den Minnehof vertreten sollten, nicht auf ihr
der städtischen
hervorgehoben, daß sie eben in dieser Rolle Schnitziers in Prag sich aus¬
Schloß laden wollte, während unsere Gäste aus kleinen Provinzstädten
arg minder¬
gezeichnet habe. Und Frl. Gabri's Gestaltung der „Dame von Maxini“
mit Localpatriotismus feststellen mochten, daß auch auf ihren heimischen
in der „Waise
bewies doch zur Genüge, daß sie inzwischen die Fähigkeit für Darstellung
Bühnen es um die weiblichen Mitglieder des Minnehofes nicht schlechter
erden. Wenn
der Annie nicht eingebüßt haben kann. Im Gegentheil überraschte sie
bestellt sein könne als an den so reichlich subventionirten breslauer
es ausverkauft
im zweiten Stücke als Gräfin Blandine durch eine an ihrem Spiele sonst
Theatern. Dafür schuf freilich Herr Botz auch hier wie früher in
Doch für künftig
nicht bemerkbare Milde, die sie mit der vornehmen und graziösen Haltung der
den „Goldenen Eva“ wieder eine so prächtige Verkörperung des siegreichen
Schönthan
Lieferung von
Bewerbers um die Gunst der Heldin, daß jede Bühne auf den Besitz
) Eine neue, von M. Coschell illustrirte Ausgabe des „Anatol“] eines solchen Künstlers stolz sein dürfte.
hat in dieser
ig aufzuweisen. 1 ist soeben erschienen in Berlin bei S. Fischer (206 S.).
Pret OrM.