II, Theaterstücke 4, (Anatol, 5), Abschiedssouper, Seite 154

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4.5. Abschiedssouper

zusschnitt aus:
Salzburger Wacht, Salzburg
3 1942
vom:
Sesehelle
e
Theater und Kunst.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
„Abschiedssouper.“ Dieser amüsante Einakter
Ausschnitt aus: Fäirntner Tagblatt, Klugentur
Schnitzler#mußte einen Konzertabend der Frau
Grete Holm vom Theater an der Wien einleiten.
16JANe
Im Anatol Schnitziers (Verlag Fischer, Berlin)
mannichten
heißt es „Ein cabinet particulier bei Sacher“. (Auf
der Bühne war ein Salon zu sehen.) Die Regie

führte Herr Berndt. Der Mann hat keine blasse
Theater, Kunst und Musik.
Ahnung von den intimen Schönheiten, die in diesem
Stadttheater.
Anatol=Einakter liegen. Die Darsteller haben sich
außerdem willkürliche Aenderungen des Textes er¬
„der Tar pad der Tod. Von Hugo von Hoffmannsthal.
laubi, die in einem Werke Schnitzlers absolut un¬
Fritzchen. Drama in einem Akte von Hermann Suder¬
statthaft find. Der Schauspieler ist dezu da, um das
wann.— Abschiedssouper. Aus Artur Schnitlers=Aust#
Werk des Dichters zu interpretieren, wortgetreu
— Drei Einakter, die zusammen ein ganz gutes
und gewissenhaft, nicht aber um eigene triviale und
Spiegelbild von unserer modernen Bühnenkunst
geistlose Späße hineinzuflicken. Die Darstellung war
geben. Zuerst der mystische Einakter „Der Tor und
überhaupt problematisch. Herr Herbst spielte den
der Tod“, der uns Hoffmannsthals raffinierte
Anatol. Diese Rolle sordert eine ganz andere Auf¬
Aesthetenkunst besonders gut vor Augen führt. Eine
(assung. Markant, nicht eintönig, eine starke per¬
Elegie auf versäumtes Leben. Dem sterbenden
sönliche Note. Ich verstehe bei diesem Schauspieler
Toren Claudio erscheinen der Reihe nach Mutter,
die Vorliebe für knabenhafte Masken nicht. Anatol
Geliebte und Freund, die sein Leben hätten ver¬
ist doch kein Gymnasiast. Dieser Mann verfügt über
schönern können, würde er ihre Liebe beachtet und
Lebenserfahrung und Routine; und dann muß die¬
gewürdigt haben. Aber sein krasser Egoismus hat
ser Mensch echtes, humorvolles Wienertum ausströ¬
ihn furchthar bestohlen — er, der das Leben ge¬
men, bis oben gefüllt mit leichtlebigem Tempera¬
nießen wollte, hat es eigentlich nie gekannt. Die
ment. Und wie er sich grün und blau giftet, daß er
Regie kann nur sehr schwer dem mystisch-dämmer¬
doch nicht der Gescheitere ist, daß er von dem Mäde!
haften Stimmungsgehalt dieses Stückes gerecht
gelämmert wurde, das ist so eine entzückende Pointe
werden, doch Herrn Schramms Regiekunst leistete
des Einakters, die durch den Darsteller leuchtende
das möglichste mit gutem Geschmack. Der Claudio
Farbe und greifbare Plastik erhalten muß. Davon
des Herrn Grieg befriedigt nicht ganz, er war zu
war nichts vorhanden. Auch Frl. v. Asten hat
stürmisch=jünglinghaft, seine Mimik in der Vision
mich als Annie sehr enttäuscht. Viel zu wenig
zeitweise zu schablonenhaft. Eine gute Fizur war
wurlendes Temperament, der kecke, skrupellose
Herr Kopal als „Tod“, dem Hoffmannsthal alle
Fratz, der in dem süßen Mädel steckt, wo blieb er?
seine Schrecken zu nehmen sucht durch Aufzeigen
Wenn es so einfach wäre, Schnitzler=Einakter
der Schönheit, die sich bei seinem Erscheinen ent¬
stilgemäß und stimmungsvoll darzustellen, dann
schleiert. Wirksam waren auch die Erscheinungen der
wäre die ganze Kunst des Wiener Poeten keinen
Toten — der Mutter, von Frl. v. Polany mit
Schuß Pulver wert. Ich gebe der Regie in diesem
rührender Zärtlichkeit gegeben, der Geliebten, durch
Falle die Hauptschuld. Dann sang Frau Grete Holm
Frl. Hanna Reimar mit blumenhafter, wehmütiger
mit ihrer schönen Sopranstimme, die sie mit Vor¬
Anmut dargestellt, des Freundes, von Herrn Hugo
liebe hochdramatisch forciert, eine Reihe von Lie¬
Schneider in eisiger Herbheit charakterisiert — leider
dern und Arien, welche das Publikum mit großem
war er im Vortrag unverständlich. Sehr stimmungs¬
Beifall auszeichnete. Und dann leistete sich die Di¬
voll war das Vorüberschweben der drei Toten mit
rektion oder sonft jemand, der in diesen Angelegen¬
im Hinter¬
dem geigenden Tod an der Spitze
heiten ein Wort zu sprechen hat, durch, die Auffüh¬
grund.
rung eines sogenannten Lustspieles von Wilhelmi
Hierauf folgte ein Sudermannsches Stim¬
„Einer muß heiraten“, einen gelungenen Scherz.
mungsbildchen, „Fritzchen“. Diese Leutnantskata¬
Der Schwank dürfte dreißig Jahre alt sein, strotzt
strophe mit rührendem, nicht tragischem Schluß ge¬
natürlich von Albernheiten und letzten Possenwitzen
hört in seiner energischen Knappheit wohl zum
und gehört ganz entschieden nicht mehr in das Re¬
Besten, was uns Sudermann auf dramatischem Ge¬
pertoir einer modernen Bühne, nicht einmal eine¬
biete geschenkt. Fritzchen — ein moderner Krieger,
der seine Lorbeeren nicht auf dem Schlachtfelde,
Sommertheaters. Herr Wegrich hatte doch den
sondern bei den Weibern holt, es kommt zum Skan¬
gelungenen Einfall, aus dem Jakob Zorn einen
dal, dann Duell... Herr Schramm brachte die
regelrechten Wurstl zu machen, über den dus Pu¬
S
blikum herzlich lachen konnte. Herr Jungmiche!
ist ein diskreter Schauspieler, der im Ensemble seinen
Platz gut ausfüllen wird. Den Schluß der Vorstel¬
lung bildeten wieder Lieder und Arien dex-Frau
Grete Holm.