II, Theaterstücke 4, (Anatol, 3), Denksteine, Seite 9

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Denksteine
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Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
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Nr. 82
„OBSERVER“
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I. österr. behördl. cont. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrich
Wien, IX1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyeló“
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockht
Ausschnitt aus:
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Theater, Kunst und Kiterstur.
(Kainz=Abend.) So oft Josef Kainz eine Vor¬
lesung ankündigt, ist der Saal gesteckt voll; das Publikum
freut sich immer, diesen außerordentlichen Künstker un¬
geschminkt vor sich sehen zu können, ohne die Hilfsmittel
der Bühne, nur auf die Gabe des Redens gestellt, und
feine ungemeine Meisterschaft in der Behandlung des
gesprochenen Wortes kommt auch vielleicht wirklich nie so
deutlich zum Bewußtsein des Zuhörers, wie wenn Kainz
neben dem kleinen Tischchen sitzt und nicht vorträgt,
sondern liest, das Buch fest in der Hand, die
Augen kaum von den Blättern erhebend. Man spürt, daß ] inclus
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er nicht auswendig gelernt hat, und doch diese völlige .
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Freiheit des Ausdruckes; so sicher ist er des Instruments, —
das ihm die Sprache ist, daß er wie instinktiv gleich den —] 1n 70
Inhalt gibt, wenn er nur den Noten zu folgen scheint — sehnitte is
indem er die äußere Form bietet, hat man auch schon den ich steht
Abon Sinn miterhalten. Das vermag nur Einer, der die ändern.
Abon Technik so beherrscht, daß sie ihm zu etwas ganz
Nebensächlichem geworden ist. Mit einem farbenreichen g enthaltei
er Mor
luha Stück aus Max Burckhard's „Tannhäufer“= Wiener 7ei
hin Epos fing er an, und die fünffüßigen Trochäen gehaftliche
wollu klangen voll wie Waldhorntöne, dann sagte er Verse von tse Mittheil
des Hofmannsthal, das rhetorisch dankbare „Zaren¬
werd
mahl“ der Delle Grazie und J. J. David's,
des Poeten, gedankenschönes Gedicht „Dies ist Gehenna“.
Und die Wirkung war eine große. Schnitzler's
„Denksteine“ aus dem Anatolcyklus erschienen nach diesen
Schwerheiten wie zum Ausruhen gewählt; und Kainz
ließ seinen Humor mithineinspielen, so daß eine vergnüg¬
liche Stimmung aufkam, die durch Bahr's „Käferl“
vielleicht noch gesteigert wurde. Das Stück, aus des Autors
eigenem Munde und aus seinem jüngsten Buche weit
bekannt, hatte diesmal schier ein wienerisches Gepräge be¬
kommen: Kainz ließ unseren Dialekt leicht durchklingen,
und darüber staunte man — ein Burgtheaterschauspieler
kann echtes Wienerisch. Und dann, nach Heinrich Glücks¬
mann's lustiger Schnurre „Verlust auf Verlust“, die be¬
sonders stark applaudirt wurde, sprang er ganz auf heimischen
n: Karlweis' „Der Wurstel“, Pötzl's „Tramway¬
i“, Chiavacci's „Auf'm Bankl“ und „Die
uri“, das sind Skizzen von echteste Echtheit aus dem
nunserer Stadt, von einander grundverschieden und
hoch ein Gemeinsames aufweisend: bei aller Wabrheit!
erung guten, bodenständigen Humor. Es in
u beobachten, wie Kainz, schlicht #n
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vom
-11406.
Vorlesung Kainz. Um eine Abwechslung in seine
Vorlese=Abende zu bringen offenbar hatte Kainz für heute
statt Goethe und Schiller „Der Kampf mit dem Drachen“ und
Gott und die Bajadere“ einen „Wiener Autorenabend“ an¬
gesetzt. Er versteht unter Wiener Autoren ausschließlich die
Lute der „Concordia“=Clique, wie sein Programm mit
Hpffmannsthal, Bahr, Schnitzler, Karlweis 2c. bewies.
Seine Wahl in den „Dichtungen“ dieser Autoren war
eine derart unglückliche, dass er sich in
ihnen einen
schweren Misserfolg, dem Publicum eine empfindliche
Enttäuschung bereitete. Die meisten seiner Vorlesestücke,
wie das epische Fragment von Max Burckhard
„Tannhäusers Einzug“, das sinnlose Poëm „Weltgeheimnis“ isive
#to
von Hofmannsthal, das hysterisch übertriebene spar
Phantasiegemälde „Czarenmahl“ von der delle Grazie, draus.
das alberne Feuilleton „Verlust auf Verlust“ von einem
Herrn Glücksmann verdienen nicht einmal gelesen, ge¬ st das
Abon schweige denn vorgelesen zu werden. Ein Theil des Publi=e den
Abon cums ergriff schon die Flucht, bevor noch die Humoristen
Pötzl und Chiavacci an die Reihe kamen, end die
lnnz und die Leute hatten damit auch recht, da sich hier bei denrgen¬
#in wenigstens erheiternden Stücken erwies, dass der Vorleser eitung")
woll
versagte, der weder Humor noch Gemüth besitzt. Kurz, es war Leben
eilungen
ein Abend, versunken in den Rachen gähnender Langweile.
wer
Vielleicht sind die Wiener damit von der Vorliebe für die
Kainz'sche Vorleserei curiert. Zum Theil scheint das über¬
haupt schon der Fall zu sein, wie das nur theilweise u. zw.
zu mehr als neun Zehnte mit Damen besetzte Haus zeigte.
Die Guten kamen heute auf ihre Rechnung; sie brachten
es nicht einmal zustande aufzumerken. So trostlos waren die
„Dichtungen“, die Kainz vorlas.
A. L--ch.