II, Theaterstücke 4, (Anatol, 2), Weihnachts-Einkäufe, Seite 14

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WEIHNACHTSEINKAUFE.
EINE ANATOL-SZENE VON HEUTE.
Von Ludwig Hirschfeld.
Anatol, der nachdenkliche Lebemann des jungen Wien,
letzten vier Jahren um acht jünger geworden. Sie ist
lebt nämlich noch immer. Er ist natürlich kein Jüngling
übrigens recht gut konserviert, nur sind die Züge etwas
scharf und streng geworden, wie das bei ehemals schönen
mehr und dürfte ungefähr Ende der Neunundvierzig sein,
und koketten Frauen häufig der Fall zu sein pflegt. Das
ein Alter, in dem ein Verheirateter anfängt, ein älterer
entzückende Lächeln ist um den Mund herum gleichsam
Herr zu werden, während ein Lediger noch immer passabel
festgefroren: ein betagtes Lächeln, das mit der Zeit zu
jung ist. Anatol hat sich bald nach seinem Hochzeitsmorgen
sehr ernsthaften Falten wurde. Frau Gabriele benützt
scheiden lassen und ist also noch immer Junggeselle, aber
noch immer denselben Par¬
er macht keinen so ei¬
füm wie einst, und dieser
frigen Gebrauch mehr da¬
Duft, der Anatol wie eine
von wie einst in den Süßen¬
deutliche Erinnerung plötz¬
Mädeltagen. Nach alter Ge¬
lich anweht, läßt ihn auf¬
wohnheit bummelt er am
1
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blicken, hinsehen und dann
späten Nachmittag durch
grüßt er, beinahe erschrok¬
die Innere Stadt, um Weih¬
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ken. Aber nach einer Weile
nachtseinkäufe zu besor¬
W S 900
hat er sich gefaßt, geht
gen. Es ist nicht die rich¬
neben ihr her und fragt
tige Weihnachts- und Ein¬
mit altmodischer Galante¬
kaufsstimmung. In den
rie, ob er ihre Packerin
Kaffeehäusern sitzen die
tragen dürfe.
Menschen wie Statisten
Frau Gabriele: Sie sind
und tun, als ob sie jaus¬

doch selbst ganz beladen.
nen würden. Das Gedränge
NA
Früher haben Sieprinzipiell
in den Straßen ist sehr

kein Packerl getragen, son¬
schütter, und die Beleuch¬
dern gleich einen Dienst¬
tung überall derart redu¬
mann gerufen oder einem
ziert, daß man weder seine
Fiaker gewinkt.
unangenehmsten Bekann¬
Anatol (seufzend): Dienst¬
ten noch die hohen Preise
mann Piaker wo
in den Auslagen rechtzeitig
sind die Zeiten.
wahrnehmen kann. Anatol
Frau Gabriele: Und alle
ist unter eine Laterne ge¬
diese Packerln sind für die
treten, hat einen Zwicker
Vorstadt bestimmt? Für
aufgesetzt, eine lange Ein¬
das süße Mädel mit der
kaufsliste hervorgezogen
Träne im Augenwinkel?
undliestsorgenvoll: „Bluse,
sene
0
Anatol: Die Träne ist
Hausschuhe, vier Meter
SO
längst getrocknet.. Das
Damentuch doppelbreit.
süße Mädel ist ausgestor¬
Auch Frau Gabriele, die
unverstandene Mondäne,
Frau Gabriele: Ich ver¬
680—
besorgt um diese Stunde

2
stehe. Alle glücklich ver¬
ihre Weihnachtseinkäufe.

heiratet?
Sie ist in den zwei Jahr¬
Anatol: Von denen
zehnten um mindestens
spricht man ja nicht mehr.
fünfzehn Jahre gealtert,
Aber es gibt auch gar
aber da Kriegsjahre dop¬
keinen Nachwuchs. Die
pelt zählen, ist sie in den