II, Theaterstücke 4, (Anatol, 1), Die Frage an das Schicksal, Seite 50

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Ausschnitt
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Nr. 76
1
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Ausschnitt aus: Mnehner allgemeine Seitung
Z
21.1055.
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Max räth ihm, sie zu hypnotisiren; da müsse er ja die Wahr¬
heit herausbekommen können. Er hypnotisirt sie wirklich.
Feuilleton.
Aber er stellt diese Frage an das Schicksal nicht. Er zieht
ses vor, lieber vom Zweifel gequält als von der Gewißheit ins
J. Münchener Schauspielhaus. „Diese Sammlung Herz getroffen zu werden. Glücklich sein mit einem traurigen,
öden, zweifelnden Herzen, das ist eine Form des Glücks bei
enthält fünf Dramen oder Schauspiele oder Lustspiele oder
Schnitzler. Oder, wie sein Landsmann und Freund Hof¬
Trauerspiele — die Verfasser wissen so wenig als wir, was
mannsthal es in der Einleitung zum „Anatol“ ausgedrückt hat:
sie daraus machen sollen — aus der Wiener Manufaktur.
Böser Dinge hübsche Formel,
In allen hat tragikomische Tugeno, Großmuth und Zärtlichkeit
Glatte Worte, bunte Bilder,
soviel zu schwatzen, daß der gesunde Menschenverstand und
Halbes, heimliches Empfit en,
die Natur nicht zum Wort kommen können.“ Mit diesen
Agonien, Episoden
summarischen Worten begrüßte der junge Goethe in den
Frühgereift, und zart, und traurig.
Frankfurter Gelehrten Anzeigen vom Jahre 1772 einen Band
Man könnte sich ja schließlich wundern, daß das Weib, (:
„Neue Schauspiele, aufgeführt in den k. k. Theatern zu Wien“
Für
Auch der Wiener Dichter von gestern Abend liebt jenes das Schnitzler in seinem Cyklus mit so ausgesuchter Verachtung K
behandelt, doch immer wieder im Mittelpunkt seiner Dichtung 2
Grenzgebiet des Dramas zwischen Trauerspiel und Lustspiel;
steht, man könnte manchen Einwand gegen seine scharfe Grazie,
aber Tugend und Großmuth treten in seinen Werken nicht
seine kluge Jnnigkeit, gegen die innerliche Kälte und den
auf, nur die alte geschwätzige Zärtlichkeit ist geblieben. Wenn
sentimentalen Cynismus seiner Kunst äußern, aber man muß
ArtburSchnitzler aber den gesunden Menschenverstand und
froh sein, Autoren wie ihn aufweisen zu können, die, wenn
die Natur zu Worte kommen läßt, klingt die Sprache beider
Abo
auch nicht den Zweck, so doch die Mittel des Dramas be¬
oft herb oder beleidigend, lustig oder unheimlich platt. Und
Abon
herrschen. Die Spieler (Schwartze, Weigert und Grete
dennoch ist er ein zierlicher, seiner, wählerischer Geist; hinter
[Meyer) waren gut, aber der ganze Ton schien mir etwas
seinen fröhlichsten Seenen schluchzt eine verhehlte Traurigkeit
vergriffen: man darf die Wiener Pariser nicht zu salonmäßig
und wenn seine Liebespärchen sich küssen, ruht sein Auge
Inhal
nehmen; sie sagen „Sezession“ und meinen „G'schnas“; die
grausam verachtend auf ihnen. Der große Ekel und die große
blät
leichte Ironie, die Schwartze im Onkel Toni vorzüglich meistert,
Trauer sind der leise ausgehaltene doppelte Orgelpunkt, über
Wodur
wäre auch hier angebracht. — Vor dem Werke Schnitzlers
dem seine zartleidenschaftlichen und leichtsinnigen Walzer
des
in ihrer süßen Sinnlichkeit singen und schwirren. Er wurde das Publikum auf sonderbare Weise mystifizirt: es
werdel
hat einen schurfen, beinahe bösen Blick für die Schwächen wurde gespielt „Heldenspieler“ Komödie mit einem Vor¬
der liebenden Herzen, den Blick des Arztes, der manche spiele, rectius Posse in zwei Aufzügen. Der Zettel nannte,
Liebe und Schönheit welken, kranken, sterben sah; als der Urheberschaft dieses Scherzes verdächtig und geständig,
ach, durchaus nicht immer in Schönheit sterben!) Man einen Hrn. Gebhardt. Das Stück behandelt den leidlich an¬
geschimmelten Possenstoff vom männersüchtigen Blaustrumpf
kennt seine Sammlung „Anatol“; es sind sieben einaktige Stücke,
mit der bewährten Technik der vom Baron Berger mit Dichter¬
kurz, elegant und geschickt gemacht. Das wohlbekannte „Ab¬
pension ausgezeichneten Dioskuren Blumenthal und Kad elburg.
schiedssonper“ ist eines, aber nicht das beste, darunter. Gestern
ist das erste der Reihe, „Die Frage an das Schicksal“, Gehörte das Werk Schnitzlers mehr der sentimentalischen Dicht¬
aufgeführt worden. Als ein Beispiel der ganzen Art stehe kunst an, so ist diese Komödie des kleinen Moritz unbedingt
ein Inhalt hier. Anatol zweifelt, ob Cora ihm treu ist. der naiven zuzurechnen; sie eignet sich sowohl zur Lektüre wie

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S
zur Aufführung für die mittleren Klassen von Mädchen¬
pensionaten; für die höheren ist sie etwas zu harmlos. Ich
wäre neugierig, warum Stollberg das Stück aufgeführt hat;
aber — was führen die Direktoren jetzt nicht freiwillig auf!
Sie sind Gemüthsmenschen! Baron Berger greift den noth¬
leidenden dramatischen Strumpfwirkern unter die Arme, Stoll¬
berg führt Stücke auf, in denen Direktor, Verfasser Schau¬
spieler und Publikum in Naivetät wetteifern. Das Publikum
applandirte lebhaft. Ida Müller, Raabe und Weigert
hatten es auch verdient. Da sich der Verfasser nach berühmten
Mustern jetzt aufs Historische werfen wird, kaufe er sich als
Muster die Kasperlstücke Pocci's!
S Sp