II, Theaterstücke 3, Das Märchen. Schauspiel in drei Aufzügen, Seite 6


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Maerchen
Das
3. K. I enen Senene u
Geschmutk.
Gestern Abends „Das Märchen" Schauspiel von Arthur
Schnitzler. Drei Akte, dritter zu lang. Intime Première.
Verühmter Vater, überall gerne gesehener Sohn; zählt unter die
Wiener Modernen. Noch wenig gedruckt, aber viel Ueberzeugung.
Interessanter, etwas präparirter Kopf. Geist, Stimmung, kecke
Technik, nur noch bischen jung. Inhalt: Denner, empfindsamer
Roné verliebt sich in übelbelenmundete Schauspielerin Fanny; will
sie heiraten — warum gerade heiraten? Unbekannt. Weiß nicht
was er will, Ende unentschieden. Punktum. Famose Wiener
Gigerln, gelungene Nebenfiguren. Verräth starkes Talent für —
Lustspiel. Sollte umsatteln. Dialog voller Apercenes. Erster Akt
heiteres Element zu sehr vorschlagend, zweiter packende Seene
zwischen ehemaligem Geliebten Fanny's und Denner, und Beichte
der schönen Sünderin. Applaus, Hervorrufe, im Publikum latentes
Bedenken wegen wachsender Unklarheit. Tritter Akt endlos, ohne
Steigerung, lästig, Opposition in Majorität. Wird sich nicht
halten. Sandrock (Fanny) fascinirend natürlich, Nhil (Denner)
fleißig, vermag aber nichts gegen fatale Rolle. Kutschera und
Giampietro (Gigerl) brilliant, Tewele mit Frl. Grieb
(vie bobèmienne) sehr lustig, Weisse gut in guter Episode,
Herr Eppens, Frl. Trenk, Frl. Bock, Frl. Hell und
Fr. Berg lobenswerth.
Soll sich nicht decouragiren lassen. Lustspiel schreiben. Auf
Z. M. W.
frohes Wiedersehen!
Co spräch sovann noch Her Trädert, worauf die
Versammlung geschlossen wurde.
Theater, Kunst und Literatur.
Deutsches Volkstheater. Einige von den zahlreich er¬
schienenen Freunden und Bekannten erzwungene Hervorrufe
nach dem ersten und zweiten Acte und ein euergisches Zisch¬
concert nach dem dritten war der äußere Erfolg des gestern
zum erstenmale ausgeführten Schauspieles „Das Märchen“
von Arthur Schnitzler. Wenn sich die Direction des
Deutschen Volkstheaters ihrer Pflicht bewußt gewesen wäre,
hätte sie diese brutale Cochonnerie überhaupt nicht zur Aufführung
gelangen lassen dürfen und ein literarisch gebildetes, nicht durch
die französischen Ehebruchsstücke moralisch degenerirtes Publikum
hätte diese eckelhafte Ausgeburt einer krankhaften Phantasie
sicher schon nach den ersten Scenen energisch ablehnen
sollen. Der Autor stellt zum so und sovieltenmale die Frage,
ob der Mann eine Gefallene heiraten könne. Wozu das?
Diese Frage ist doch längst gelöst. Die Frauen sind im
Leben die Träger der Poesic, die Männer die der Prosa.
Nimmt man Jenen diesen ihren Vorzug, so verlieren sie den
ihnen innewohnenden Werth und werden keinen gesund
empfindenden Mann reizen. Herrn Schnitzler fehlt
der Geist, um das Problem, das er behandeln wollte, in
fesselnder Weise dramatisch zu verwerthen und die Routine
die nöthig wäre, um ein bühnenwirksames Stück aufbaue.
zu können. Er ist langweilig im Dialog und versetzt dem
Nr. 1763.
Wien, Samsloa
Zartgefühl des Zuschauers wahrhaft brutale Schläge. Diethe
Darstellung war in allen Theilen, Herrn Meixner aus¬m
genommen, ausgezeichnet, den größten Erfolg hatten die wi
Herren Giampietro und Kutschera in den Rollen 9p
zweier Wiener Gecken. Herr Kutschera sollte diesen Erfolg
un
zusammengehalten mit dem, den er in den „Gefallenen Engeln“
au
errang, beweisen, daß die komische Ader seines Talents die
am weiten stärkste ist und die Direction veranlassen, den in ein
diesem Fache wirklich trefflichen Künstler in ähnlichen!do
Rollen, beispielsweise als Pepi Freisinger in „Zwei glückliche in
Tage“ öfter zu beschäftigen. Auf einen sehr undankbaren ei
Posten gestellt, schuf Frl. Hell die leider so selten auf= R
tretende und doch so hochbegabte Künstlerin, eine höchstI,
sympathische Gestalt. Frl. Sandrock war für ihre Rolle D
nicht mehr jung genug, war aber natürlicher und wirksamer
ih
als gewöhnlich. Prächtig war Herr Nhil in der Rolle des
10
unter der Last seiner Entdeckungen über das Vorleben seinersg
Geliebten zusammenbrechenden Philosophen, und in sehr
glücklicher Weise führte sich Frl. Bock, ehemals am Burg=ssa
theater thätig, ein. Durch ihre hübsche Erscheinung gewann B
sie das Publikum schon im ersten Augenblick; in ihrem T
neckischen Augenspiel und der graziösen Geberdensprache aber be
lieferte sie Proben eines echten wohlthuenden Talentes und di
wir hoffen, die junge Künstleim am Deutschen Volkstheater
de
nach Gebühr beschäftigt zu sehen.
u. P.m.
Im Hofoperntheater kommt Sonntag, den [V
3. d. M., „Der Bajazzo“, mit Fräulein Mark und den A
Herren van Dyck, Dippel, Neidl und Ritter zur Aufführung. di
Hierauf folgt das. Ballet „Sylvia
Heute findet im Raimund.=Theater die erstelg,
Theater und Kunst.
(Deutsches Volkstheater.) Herr Arthur
Schnitzler, der sehr jugendliche Verfasser des heute vom
Publicum abgelehnten Schauspieles: „Das Märchen“,
hat sich unter den modernen Richtungen, die einander so
erfolgreich bekämpfen, daß glücklicherweise keine aufkommt,
die sensitive ausgesucht. Ein Ola Hansson in Taschen¬
format, schwelgt er in Stimmungen, besonders dann, wenn
sie Mißstimmungen sind, und betrachtet den Menschen
als eine Claviatur, der man bei einigem Stümper¬
talent die quälendsten
Dissonanzen oder
ganz
nach Belieben — die ekelhaftesten Gassenhauer ablocken kann.
Wenn man sich aus dem Stimmungsnebel herausarbeitet
und sich über das Problem, das der Verfasser aufwirft,
klar zu werden versucht, staunt man über die furchtbare sittliche
Verwahrlosung, die aus dem Werke spricht. Der Begriff
„Märchen“ ist für den Autor gleichbedeutend mit Vorurtheil
und dieses wieder ist gleichbedeutend mit den Ueberlieferungen
der gesellschaftlichen, künstlerischen und religiösen Moral. Im
speciellen Falle handelt es sich um eine Verlorene, um eine
eine „Denise“ in mehrfacher Potenz, die sich drei Acte lang
einem Manne fortwährend an den Hals wirft, nicht etwa,
um geheiratet zu werden, sondern nur, um ihr Leben durch
eine neue Programmnummer — die große, selbstverständlich
freie Liebe — zu bereichern. Der Mann läßt sich nicht
erweichen, weil er eifersüchtig auf die Vergangen¬
heit der stimmungsvollen Dame ist
und die
Heldin schließt das Stück damit, daß sie sich selbst nun
definitiv verloren gibt und — sie ist eine Schauspielerin —
einen Contract für St. Petersburg unterschreibt, wo sie sich
neben einer horrenden Gage vermuthlich noch andere Ein¬
künfte erwerben dürfte. So geht sie eigentlich elend zu
Grunde, und daran ist nur unsere Gesellschaft schuld, die
sich noch immen nicht von dem Märchenglauben befreien
kann, daß es gefallene Mädchen gibt. In Wahrheit existiren
weder gefallene noch erhobene Mädchen, weder sündige, noch¬
reuige Magdalenen:
Vorurthei'
„Das ase.
mm¬ wenn die Männer seben könnan, wie se wollen, muß demn
der Weibern dieselbe Freiheit eingeräumt werden. Wer das
oseph
bestreitet, ist einfach ein Heuchler und Pharisäer. Wir haben
zu
dieser herrlichen, erbaulichen Moral, die endlich das richtige
be¬
Mittel für die sittliche Läuterung der Menschheit gefunden
ssgr.
hat, nichts beizufügen, als daß wir sie für einen an Tollheit.
ieser
grenzenden Cynismus halten, und bitten Herrn Schnitzler¬
In
inständigst, uns für Heuchler und Pharisäer zu halten; er
wird uns dafür erlauben, daß wir ihn für etwas Anderes
halten, was jedes Handbuch der Naturgeschichte näher beschreibt.
ing¬
heil¬
„Stimmungsvoll“ wie das Schauspiel war das
Wortes
Publicum, das —
tdoppeltem Sinne des
ehr¬
verschnupft —
durch fortwährendes Räuspern,
Husten
nds,
und Nießen einen großen Theil der gelehrten
tler¬
Abhandlung des Herrn Schnitzler unverständlich machte;
Pro¬
„stimmungsvoll“ waren auch die Schauspieler, die — wahr¬
rie
scheiulich aus Scham über die Dinge, die sie vorzubringen
scher
hatten — so leise sprachen, daß man meistens nur ahnen
konnte, zu welchen Rollen sie verurtheilt waren. Fräulein
te“
Sandrock und Herr Nhil hielten in den Hauptpartien
ung
wacker aus, und die Herren Kutschera und Giampietro
Oper
die zwei Wiener Gecken, die ewig nur darnach fragen,
des
ob mit einem Mädel „was anzufangen“ ist — trugen in
Is.
ihren Knopflöchern Blumensträuße von beachtenswerther
von
Größe. Neu war Fräulein Bock, eine junge Schauspie¬
ord¬
lerin, die am Burgtheater trotz ihres zweifellosen Talentes
rers
jahrelang kalt gestellt wurde, und darum endlich ans
n!“
Volkstheater ging. Die Aermste wird es bitter erfahren,
des
daß es ein bedeutenderes Unglück ist, am Deutschen Volks¬
rior
theater beschäftigt, als am Burgtheater nicht beschäftigt zu
8
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