II, Theaterstücke 3, Das Märchen. Schauspiel in drei Aufzügen, Seite 14

Maercher
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Das
3. I. Senenenenthen ene
*
Deutsches Dolkstheater.
Das Märchen.
Aaherit
Schauspiel in drei Aufzügen von Arthur. Schnitzber
„Es war einmal“ ich glaube auch moderne Märchen müssen so be
iginnen — „ein Dichterlocal, vielleicht hieß es deshalb so, weil stets ein dichter
Rauch im Local herrschte, das hieß Café Griensteidl. Und in diesem Cafe
Everkehrten gar drollige Gestalten, alte und junge Dichter, mit und ohne Talent,
Sdoch alle einer Idee untergethau, dem Realismus, dem Verismus, wie es Andere
mannten, der neuen Richtung, der einzigen wahren Poesie! Dort fielen deren
Lehren auf fruchtbaren Boden und der Wiener Literatur kam neues Heil aus
in Café Griensteidl, in dem die Schlagworte der neuen Richtung sielen: „Franz,
ine Schale mit Haut!“ „Jean zahlen!“
Unter den jungen Dichtern von dort hatte sich einer besonders hervor¬
gethan, der junge Arthur Schnitzler, der einen berühmten Vater und einen
genialen Schopf an der Stirne hatte: schwärmte besonders für Natur, ein wahrer
Naturschnitzler, und schrieb recht amusante Feuilletons und Plaudenssen, ohne
Handlung und ohne Inhalt. Warum sollte man aus einem solch ver¬
lockenden dramatischen Stoffe kein Schauspiel machen? Im Scharspiel wird
geplauscht, die Theaterpreise sind fest, gehandeit wird nicht, eins, zwei, drei
das Stück ist fertig! In der Wiener Gesellschaft giebt es, sofern man ein in
den Salons bekannter junger Mann ist, noch „Feenhände“, die gelegentlich einen
Hervorruf bewirken — Herz, was willst du mehr? Das „Deutsche Volkstheater“
stattete das Stück mit seinen besten Kräften aus, Frl. Sandrock, Herr Nhil, Herr
Tewele, Herr Kutschera und Herr Giampictro mußten ein gräuliches Gigerlpaar dar
stellen, Frl. Bock war ein naturalistisches Backfischlein die alle planderten,
kreuz und quer durcheinander. Im ersten Acte wurde das Thema vom gefallenen
Mädchen aufgerollt; im zweiten Acte wurde es wiederholt und in dramatischem
Plaudertone entwickelt; im dritten Acte kam die Lösung — der Held lief zur
Thüre hinaus. Die Heldin blieb gefallen, das Stück fiel mit, und das Publicum
lachte, zischte, ärgerte sich und schimpfte. Also das ist die neueste Richtung! Na,

wir danken für die Bescheerung! Und Schnitzler soll einer der besten unter den
neuesten Dichtern sein: auf die Anderen sind wir nicht mehr begierig und das
Volkstheater wird uns wohl keine weiteren „Märchen“ erzählen, die uns mir
B.
Grimm erfüllen.

des Kunstterhäufes

„Das Märchen.“
(Schauspiel in 3 Aufzügen von Arthur Schnitzler. Zum erstenmale
im Deutschen Volkstheater aufgeführt am 1. Dezember.)
Die jüngste Literatur „arbeitet“ bekanntlich sehr
gerne in Stimmungen. Sie liebt gebrochene, gedämpfte
Farben, leise anklingende Töne, das bunte Spiel däm¬
mernder Empfindungen. Große, klare, gradlinige Gefühle
behagen den „Modernen“ nicht, dafür umsomehr jene
dumpfen Unterströmungen in unserem Gemüthe, welche
die Schwelle des Bewußtseins noch nicht überschritten.
Daher auch ihre besondere Vorliebe für das Heimliche,
Geheimnißvollé, Dunkle, Märchenhafte, für das Musika¬
lische in der Sprache und in unseren Empfindungen. Ein
Poet, in dessen Begabung das Stimmungselement vor¬
wiegend, wird daher in der schweren Rüstung des ernsten
Dramatikers sich nicht recht wohl fühlen. Seine kleinen
Mittel langen auf der Bühne nicht aus. Er vermag uns
allerdings hie und da zu interessiren, aber jene dramatische
Spannung zu erwecken, die aus dem Aufbau einer ener¬
gisch fortschreitenden, wuchtigen Handlung, aus dem Auf¬
einanderplatzen mächtiger Leidenschaften hervorquillt, dazu
genügt seine leise tastende Kunst mit ihrem intimen Zauber
keineswegs. Arthur Schnitzler, der Verfasser des Schau¬
spiels „Das Märchen“, ist in erster Linie ein feinsinniger
Stimmungsmaler. Und damit ist seine Schwäche als
Dramatiker gekennzeichnet. Und gleichwohl hat er sich an
einem starken Problem versucht. Und es entspricht voll¬
kommen der Eigenart des Dichters, daß er dieses Problem
nicht in der Weise löst, wie wir erwarten. Eine klare Ant¬
wort hätte ja, wenn der Vorhang zum letztenmale nieder¬
gerauscht, keine Frage mehr zurückgelassen. Der Dichter
will aber gerade, daß diese Frage, dieses ungelöste Problem
Wiener Künstler in Form von Kunstwerken ge= steuun
spendet — kaum dreißigtausend Gulden dürfte der Künstl
Gesammterlös aus der Auktion betragen. Sie bot freiwill
den
ein trauriges, ein deprimirendes Bild diese Ver¬
hier he
steigerung zu wohlthätigen Zwecken; sie glich auf
ein Haar einer Zwangsversteigerung. Bedeutende
Kunstwerke wurden einfach verschleudert, als ob Künstl
auf K
irgend ein Ausverkauf stattfinden würde; es
Stirner
in uns nachklinge, daß wir uns vom Theater unter dem
ein Ma
Banne eines dunklen, nagenden Gefühls heimbegeben,
morali
sinnend und träumend, von einer wehmüthigen Stimmung
umfangen.
der Th
ihm im
und vo
Und dieses Problem? Es ist alt, oft behandelt, am
bereits
wirksamsten von Dumas in „Denise“. Es ist das Problem
Wird e
von jenen Mädchen, die gestrauchelt. Fedor Denner, der
beiraten
Raisonneur und „Held“ des Schauspiels, erörtert dieses
einzufü
Thema zunächst theoretisch. „Wir Männer,“ erklärt er,
steht Fe
„haben uns nun einmal das Recht der Sünde heraus¬
spielerit
genommen. Wie würden wir aber staunen, wenn uns ein
gegang
Mädchen unserer Sünden wegen verschmähte! Wir Männer
Gluth
dürfen Alles: unsere Liebe hundertmal verschwenden, feile
kühn,
Dirnen im Rausch umarmen, Weiber um einer flüchtigen
so stark
Stunde willen für ewig betrügen! Ein Mädchen hingegen,
er für
das sich, ohne an die Zukunft zu denken, aus Liebe hin¬
werden
gegeben, die bleibt die Gefallene für ewig!... Wir
nicht zu
haben aber das Recht nicht, Unnatürliches zu fordern,
seiner
ein Weib zu verachten, weil es gewagt zu lieben, bevor
einen
wir um ihre Liebe warben. Das ist nicht nur dumm, es
Ende be
ist grausam. Und es ist Zeit, daß wir es aus der Welt
daß die
schaffen, dieses Märchen von den Gefallenen. Wir
sei. Und
müssen aufhören, sie zu peinigen und ihnen zu sagen, daß
Sünden
sie anders sind wie die Anderen. Wir dürfen ihnen nicht
wissen.
zurufen: Büßt, denn Ihr habt schwer gesündigt! Wir
junges?
müssen ihnen die nagende Reue von der Seele nehmen,
zwei M
die ihnen nichts nützt, uns nichts nützt und sie nur elend
und im
macht! Das kann die Natur nicht gewollt haben, daß die
heiraten
Frauen entehrt sein sollen, welche geliebt haben.“
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das erf#
Dieser Fedor Denner hat, wie man sieht, Max diesem