Sachen und Sächelchen vielerfahrene Kenner und g derbniß preisgegeben sein müßte, als einen gesellschaft¬
scharfe Beobachter, durch das Berliner Ensemble er¬
lichen Irrthum, als eine fable convenue, als ein
zählen ließ, behandelt das wirkliche, nicht märchen
hafte Los der Gefallenen. Die Hauptfigur in dem derb
Märchen hinstellt gegenüber der hochherzigen und freies
realistischen — Märchen ist eine kleine Schauspielerin,
Auschauung, welche keinen Menschen um des Natürlichen
die an der Macht und Kraft einer dritten, diesmal
willen zu verachten oder zurückzustoßen gestattet. Dieser
echten Liebe, sich aus dem sie umgebenden Schlamme
interessante Conflict wird an einem concreten Falle er¬
emporarbeiten will. Im entscheidenden Momenie stößt
sie der Mann, dem sie diese ihre Liebe fförmlich
probt, in dem sich die alten Märchen stärker erweisen,
aufdrängl, zurück in den Morast der Vergangenheit:
als die stolze Doctrin von der vorurtheilslosen Erhebung
eine Gefallene mache man nicht zur Frau, d. h. zur
der Gefallenen. Zwei edle Naturen gehen an dem un¬
eigenen. Von peinlicher, unnatürlicher Wirkung war
eine Szene im zweiten Akte, in welchem die Gefallene
überbrückbaren Widerspruch zu Grunde. Das Stück ist
ihr Sündenregister dem geliebten Manne beichtet,
entschieden schwächer als „Liebelei“ und „Freiwild“, de
während dieser jeden einzelnen Fall philosophisch und
der geistvolle und elegante Dialog manche todte Stell¬
psychologisch zu — begründen sucht. Interessant war
das „Märchen“, durch welches ein bedeutender Dichter
aufweist und auch der Fortgang der an sich ärmlichen
zu uns sprach, aber erquicklich war es keineswegs.
Handlung schleppend ist. Das interessante Werk hat bei
Ella Gabri brillirte durch eine außerordeatlich zu¬
treffende Wiedergabe der Hauptrolle. So und nicht dem gut besuchten Hause einen gemischten Eindruck
anders ist dieses Leben. Der stürmische Applaus, zervorgerufen. Die beiden ersten Acte gefielen und
der ihr zu Theil wurde, war ein wohlverdienter. Hr.
Richard Wirtd spielte den prodlematischen Helden krachten den Darstellern, in erster Reihe Herrn Richard
anfangs etwas unsicher, donn aber um so wirkungs-[Wirth und Frl. Gabri, Beifall und Hervorrufe, der
voller. Die übrigen Rollen waren ziemlich belanglos, dritte Aufzug fiel ab.
Dr. A. G.
von der Darstellung wie von der Regie im Grund¬
#uo-Pracision ausgeführt.
lane der Stimmung festgehalten. — Montag erheiterte
Dr. A. G.
ereichen soll, die rege Theilnahme der Stammesgenossen
*— Deutsches Volkstheater. („Das
on Nah und Fern finden wird.
[Märchen“. Schauspiel in drei Aufzügen
Teplitz, 13. August. (Wohlthätigkeits=vor Arthur Schnitzler.) In der bekannten
soncert.) Das aus Anlaß des 50jährigen Regierungs= Scenenreihe, die unter dem Collectivtitel: „Anatol“,
ibiläums unseres Kaisers vom hiesigen Lesevereine am
sieben Episoden aus dem Liebesleben eines jungen
.d. M. veranstaltete Wohlthätigkeits=Concert nahm einen
Mannes schildert, führt ein Erlebviß die Bezeichnung:
roßartigen Verlauf. Das günstige Wetter lockte das
„Denksteine". Es ist ein dramatisirtes Apergu, des
zublicum zu Tausenden auf den Concertplatz im fürstl. durch die überlegene Dialogführung wie durch die
zlari'schen Schloßgarten woselbst sich bei den Klängen meisterliche Knappheit in der Auseinandersetzung des
er 94. Militär=Capelle alsbald ein fröhliches Lebenz tragischen Motivs — die Unmöglichkeit einer Ehe zwi¬
ntfaltete. Nach Aubruch der Dunkelheit wurde ein schen einem Manne von feinerer Empfindung und einer
roßes Brillant=Feuerwerk abgebrannt. Als zum Schluß Verlorenen — besticht. Die Besucher des Volkstheaters
as Kaiserlied intonirt wurde und die Kaiserkrone imwerden sich der geistvollen Kleinigkeit, die mit Fräulein
ollen Lichtglanze erstrahlte, entstand ein nicht enden= Gabri als Emilie sehr gefallen hat, vom Vorjahre noch
vollender Jubel. Eine Fackelpolonaise, die als originelle erinnern. Denselben Gegenstand nun hat Schnitzler
steuheit im Garten getanzt wurde, fand den lebhaften noch ein zweites Mal behandelt, und zwar in dem drei¬
Beifall der Zuschauer. Der Verein kann mit vollster Be=actigen Schauspiel: „Das Märchen.“ Allerdings
riedigung auf die gelungene Veranstaltung zurückblicken. nicht mit gleichem Glück. Sei es, daß das Motiv an
s. Weipert, 13. August. [O.=C.] (Verhaf=sich eine so breite Behandlung nicht verträgt, oder daß
ung.) Der von Deutschland aus wegen dortselbst be=die doctrinäre Art, mit der das Für und Wider der
fangener Unterschlagung und wegen Betruges verfolgte Meinungen über dieses Thema erörtert wird, dem
lgent der Allgemeinen Versicherungs=Actiengesellschaft Werke schadet, oder aber endlich, daß technische Mängel
Victoria“, Emil Schlick, wurde in einem hiesigen Gast= den Eindruck des in vielfacher Hinsicht sehr interessanten
ause verhaftet und dem k. k. Bezirksgerichte in Preßnitz Drama beeinträchtigen — Thatsache ist, daß es uns
ingeliefert.
unbefriedigt entläßt.
. Joachimsthal, 13. August. [O.=C.] (Gen¬
Das Stück spielt — bei Schnitzler, dem ange¬
#armerie= Posten.) Im südlichen Theile des Be¬
sehensten Vertreter des literarisch=künstlerischen Jung¬
irkes wird mit October d. J. in der Ortschaft Wickwitz
Wien, ist das fast selbstverständlich — in Wien in unseren
in 3 Mann starker k. k. Gendarmerie=Josten errichtet.
Tagen. Es gibt sich aber nicht etwa bloß äußerlich als
r. Platten, 13. August. [O.=C.] (Ernennung.)
modornes Drama, sonbern das eigentlich Moderne darin
in Stelle des nach Reichenberg versetzten k. k. Landes¬
ist die kühne, einfache, ja naive, weil natürlich gefaßte
erichtsrathes Herrn Taud wurde der k. k. Gerichts
Selbstverständlichkrit. mit der die erotischen Verhältnisse
djunct in Eger, Herr Dr. Adam Brandner, zum
k. Bezirksrichter für Platten ernannt.
und geschlechtlichen Beziehungen zwischen Mann und
H. Bensen, 14. Aug. [O.=C.] (Brand. —
Weib besprochen werden. Es bedarf nicht erst besonderer
Truppendurchzüge.) Am 9. d. M. schlug der
Hervorhebung, daß ein Künstler von der seinen, ja über¬
slitz während eines heftigen Gewitters in das dem
feinerten Empfindung Schnitzler's sich von Cynismen
Oekonomen Krombach in Karlsthal bei Kleinbocken ge¬
und Frivolitäten vollständig freihält trotz einzelner grel¬
örige Wohnhaus, welches binnen kurzer Zeit in Flammen
lerer Farben, die in dem Gesammtbilde der Contrast¬
tand. Trotz des raschen Eingreifens der Feuerwehrer.
wirkung wegen nicht fehlen bursten.
ion Karlsthal und aus der Umgebung konnte aus dem
Den Inhalt der spärlichen Handlung, soferne in
wrennenden Objecte nur das Vieh gerettet werden. Haus
der drei Acte umfassenden, allerdings ganz vorzüglich
und Scheuer brannten bis auf den Grund nieder. Der gelungenen Ausmalung gesellschaftlicher Zustände und
Thbrändler erleidet einen bedeutenden Schaden. Das Anschauungenvon einer Handlung im Sinne fortschreiten¬
Schadenfeuer war das erste in Karlsthal seit dem Be= der Geschehnisse überhaupt die Rede sein kann, haben
tande der Gemeinde. — Seit einigen Tagen kommen
wir bereits angedeutet. Es Sandelt sich um ein Beweis¬
sier anläßlich der in der Gegend von Wernstadt statt¬
thema, und zwar um das von der Rehabilitirung der
indenden Manöver öfters größere Truppenabtheilungen
gefallenen Frau, oder vielmehr darum, daß es verkehrt
surch; so passirte vorgestern das 94. Infanterie=Regiment,
und anmaßend von der Gesellschaft ist, etwas verur¬
owie eine Dragoner=Eskadron auf dem Marsche nach theilen oder gegebenen Falles in einer Anwandlung von
Schönlinde unsere Stadt. Gestern Abends ging ein vermeintlicher Großmuth verzeihen zu wollen, was im
Militärzug mit ca. 400 Reservisten des 18. Infanterie= Grunde ganz natürlich ist und eben darum den künst¬
Regiments von hier nach Königgrätz ab.
klichen Vorschriften althergebrachter Gesellschaftsmoral