11. Der tapfere Cassian
#unapest, Cnlicago, Cenf, London, New-Vork,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Sgre n
som
—
man ja. Jeder Zoll ein Salontönig. War!!
Das Kleine Theater brachte Schnitzlers Puppenspiel
„Der tapfere Kassian“ ganz stilgerecht heraus. So sahen wir
stenn ein Kuriosum, das uns anfangs ein wenig lächeln machte, aber bald
langweilte. Es besitzt lediglich einen kulturhistorischen Reiz; diesen
aber hervorzurufen wäre ein echtes Puppenspiel wohl noch weit mehr
imstande gewesen. — Die Fabel ist hier natürlich Nebensache. Sie be¬
handelt das ewige Dreieck. — Der tapfere Kassian wird sich nicht durch
die Welt schlagen. — Hiernach kam „der grüne Kakadu“ im Stile
seiner Zeit. Oft meinte man einen Kupser aus der Empirezeit zu sehen.
Beide Stücke zusammengenommen geben einen gedrängten Ueberblick über
das Werden der Schanspielkunst; es war ein Virtnosenstück Reinhardtscher
Regiekunst, weit mehr interessant als gefällig.
J. I.
nemem Gerücht daß Hoffavellmeister
In Berlin, Buuagero
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, #t. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Aenege 2 Zu
vom. 20/. er
2. Berlin. Das Kleine Theater Unter den Linden brachte zwei
neue Stücke von Arthur Schnitzler heraus, ohne diesmal von seinem
gewöhnlichen Glück begleitet zu sein. Zuerst gab man das Puppen¬
spiel Der tapfere Kassian, worin Schnitzler versucht, den Stil der
italienischen Marionette auf das lebendige Drama unserer Tage zu
übertragen. Wir sehen Martin und Sophie, eine Art Pierrot und
Kolombine, puppenhaft hüpfend auf der Bühne sich bewegen, und
hören sie von der Abreise Martins sprechen, der seiner Geliebten Sophie
Lebewohl sagt. Da kommt sein Vetter Kassian, ein furchtbarer Bra¬
marbas, gewinnt das Herz Sophiens und tötet Martin, der flöte¬
blasend stirbt. Das Stück hatte stellenweise einen Lacherfolg. Der fein¬
nervige Wiener, der es schrieb, hätte sich sagen müssen, daß es nur
vor ein südliches Publikum gehört, das Gaukeleien für Gaukeleten
nimmt, und nicht vor das kritische Parterre eines Berliner Theaters,
das zu nachdenklich ist für Puppenspiele. Merkwürdigerweise hatte
auch das zweite Stück Schnitzlers, die einaktige Groteske Zum grünen
Kakadu keinen rechten Erfolg, und doch ist es vielleicht seine beste
Arbeit, die einzige, wo man einen Augenblick den berufenen Poeten
der lieben süßen Mädel für einen bedeutenden Dichter hält. Denn
kein zweites modernes Drama hat die Revolutionsstimmung, die Fieber¬
hitze in Paris am Tage des Bastillensturms so gut herausgebracht.
Der Inhalt der Groteske ist aus frühern Aufführungen bekannt. Wir
sind in der Kneipe Zum grünen Kakadu, wo verkommene Schauspieler
unter der Direktion des Wirts Prosper allerhand Burlesken aufführen,
sich und die Welt verhöhnen, wo wirkliche und imitierte Verbrecher sich
mit eleganten Damen unter Zoten und Galanterien an einen Tisch
setzen, und inzwischen bereitet draußen auf der Straße die Revolution
ihr unheimliches Vorspiel, den Bastillesturm vor. Darum hat alles im
Stück einen doppelten Sinn, und darum bietet diese Groteske schau¬
spielerisch die größten Schwierigkeiten. Die sonst so tüchtigen Kräfte
des Reinhardtschen Theaters versagten diesmal. Sie schienen zu glauben,
daß man bei einer Revolution vor allem Lärm machen müsse, und
setzten viel zu stark ein. Die Feinheiten des Dialogs, die sich selbst
verhöhnende Stimmung des Ganzen kamen nicht heraus, und am
Schluß blieb eine ungeheure Spektakelszene mit Freiheitsgeschrei, wobei
das, Publikum kalt blieb.
(Kleine Mitteilungen.] Hermann Gausche. der bekannte Konzert¬
box 34/10
Paris. Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: 224. Ze
vom:
Pnn
—
1
—
Brltticion.
Theater und Mufik.
Dr. Z. Berlin, 22. Nov. Das Kleine
Theater hatte für heute einen Artur=Schnitz¬
ler=Abend geplant, an dem außer dem neu ein¬
studierten „Grünen Kakadu“ (der nachgeradt
zu den klassischen Einaktern unseres Theaters gehört)
zwei neue Einakter gegeben werden sollten. Aber nur
für den einen, das Puppenspiel „Der tapfere
Kassian“ war die Zensur=Erlaubnis eingetroffen,
so daß der Abend sich auf die genannten beiden Stücke
beschränken mußte. Der Erfolg des Puppenspiels
wür aber nicht ermutigend: es wurde zwar während
des Spiels mehrfach gelacht, das Ganze aber wurde
mit Schweigen ausgenommen, d. h. abgelehnt.
Schnitzler persifliert das alte Puppenspiel mit seiner
naiven Psychologie und seiner derben Handlung: die
Bühne ist grob, im Stil des Puppentheaters aus¬
gestattet, und die Menschen bewegen sich steif und ab¬
gerissen wie automatische Puppen. Leider ist das Werk
nicht eben mit viel Witz gemacht. Schnitzler hat nicht
den Humor und nicht die Naivität des alten Puppen¬
spiels und unwillkürlich schieben sich symbolisierende
Deutungen unter. Der Schluß mit seiner stim¬
mungsvollen, aber ein wenig überempfindsamen
So war das
Todesszene fällt aus dem Nahmen.
Schicksal des Einakters nicht weiter verwunderlich, so
sehr sich auch Regie und Darstellung anstrengten.
#unapest, Cnlicago, Cenf, London, New-Vork,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Sgre n
som
—
man ja. Jeder Zoll ein Salontönig. War!!
Das Kleine Theater brachte Schnitzlers Puppenspiel
„Der tapfere Kassian“ ganz stilgerecht heraus. So sahen wir
stenn ein Kuriosum, das uns anfangs ein wenig lächeln machte, aber bald
langweilte. Es besitzt lediglich einen kulturhistorischen Reiz; diesen
aber hervorzurufen wäre ein echtes Puppenspiel wohl noch weit mehr
imstande gewesen. — Die Fabel ist hier natürlich Nebensache. Sie be¬
handelt das ewige Dreieck. — Der tapfere Kassian wird sich nicht durch
die Welt schlagen. — Hiernach kam „der grüne Kakadu“ im Stile
seiner Zeit. Oft meinte man einen Kupser aus der Empirezeit zu sehen.
Beide Stücke zusammengenommen geben einen gedrängten Ueberblick über
das Werden der Schanspielkunst; es war ein Virtnosenstück Reinhardtscher
Regiekunst, weit mehr interessant als gefällig.
J. I.
nemem Gerücht daß Hoffavellmeister
In Berlin, Buuagero
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, #t. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Aenege 2 Zu
vom. 20/. er
2. Berlin. Das Kleine Theater Unter den Linden brachte zwei
neue Stücke von Arthur Schnitzler heraus, ohne diesmal von seinem
gewöhnlichen Glück begleitet zu sein. Zuerst gab man das Puppen¬
spiel Der tapfere Kassian, worin Schnitzler versucht, den Stil der
italienischen Marionette auf das lebendige Drama unserer Tage zu
übertragen. Wir sehen Martin und Sophie, eine Art Pierrot und
Kolombine, puppenhaft hüpfend auf der Bühne sich bewegen, und
hören sie von der Abreise Martins sprechen, der seiner Geliebten Sophie
Lebewohl sagt. Da kommt sein Vetter Kassian, ein furchtbarer Bra¬
marbas, gewinnt das Herz Sophiens und tötet Martin, der flöte¬
blasend stirbt. Das Stück hatte stellenweise einen Lacherfolg. Der fein¬
nervige Wiener, der es schrieb, hätte sich sagen müssen, daß es nur
vor ein südliches Publikum gehört, das Gaukeleien für Gaukeleten
nimmt, und nicht vor das kritische Parterre eines Berliner Theaters,
das zu nachdenklich ist für Puppenspiele. Merkwürdigerweise hatte
auch das zweite Stück Schnitzlers, die einaktige Groteske Zum grünen
Kakadu keinen rechten Erfolg, und doch ist es vielleicht seine beste
Arbeit, die einzige, wo man einen Augenblick den berufenen Poeten
der lieben süßen Mädel für einen bedeutenden Dichter hält. Denn
kein zweites modernes Drama hat die Revolutionsstimmung, die Fieber¬
hitze in Paris am Tage des Bastillensturms so gut herausgebracht.
Der Inhalt der Groteske ist aus frühern Aufführungen bekannt. Wir
sind in der Kneipe Zum grünen Kakadu, wo verkommene Schauspieler
unter der Direktion des Wirts Prosper allerhand Burlesken aufführen,
sich und die Welt verhöhnen, wo wirkliche und imitierte Verbrecher sich
mit eleganten Damen unter Zoten und Galanterien an einen Tisch
setzen, und inzwischen bereitet draußen auf der Straße die Revolution
ihr unheimliches Vorspiel, den Bastillesturm vor. Darum hat alles im
Stück einen doppelten Sinn, und darum bietet diese Groteske schau¬
spielerisch die größten Schwierigkeiten. Die sonst so tüchtigen Kräfte
des Reinhardtschen Theaters versagten diesmal. Sie schienen zu glauben,
daß man bei einer Revolution vor allem Lärm machen müsse, und
setzten viel zu stark ein. Die Feinheiten des Dialogs, die sich selbst
verhöhnende Stimmung des Ganzen kamen nicht heraus, und am
Schluß blieb eine ungeheure Spektakelszene mit Freiheitsgeschrei, wobei
das, Publikum kalt blieb.
(Kleine Mitteilungen.] Hermann Gausche. der bekannte Konzert¬
box 34/10
Paris. Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: 224. Ze
vom:
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Brltticion.
Theater und Mufik.
Dr. Z. Berlin, 22. Nov. Das Kleine
Theater hatte für heute einen Artur=Schnitz¬
ler=Abend geplant, an dem außer dem neu ein¬
studierten „Grünen Kakadu“ (der nachgeradt
zu den klassischen Einaktern unseres Theaters gehört)
zwei neue Einakter gegeben werden sollten. Aber nur
für den einen, das Puppenspiel „Der tapfere
Kassian“ war die Zensur=Erlaubnis eingetroffen,
so daß der Abend sich auf die genannten beiden Stücke
beschränken mußte. Der Erfolg des Puppenspiels
wür aber nicht ermutigend: es wurde zwar während
des Spiels mehrfach gelacht, das Ganze aber wurde
mit Schweigen ausgenommen, d. h. abgelehnt.
Schnitzler persifliert das alte Puppenspiel mit seiner
naiven Psychologie und seiner derben Handlung: die
Bühne ist grob, im Stil des Puppentheaters aus¬
gestattet, und die Menschen bewegen sich steif und ab¬
gerissen wie automatische Puppen. Leider ist das Werk
nicht eben mit viel Witz gemacht. Schnitzler hat nicht
den Humor und nicht die Naivität des alten Puppen¬
spiels und unwillkürlich schieben sich symbolisierende
Deutungen unter. Der Schluß mit seiner stim¬
mungsvollen, aber ein wenig überempfindsamen
So war das
Todesszene fällt aus dem Nahmen.
Schicksal des Einakters nicht weiter verwunderlich, so
sehr sich auch Regie und Darstellung anstrengten.