box 34/10
1. Der tapfere Cassian
##ago, Genf, London, New-Vork,
#, mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Gr
L4a——
vomt:
S
20—.
— Auf welch' sonderbare Einfälle unsere modernen
Dichter in ihrer Sucht nach etwas ganz Neuem, Un¬
erhörtem doch zuweilen verfallen — notabene dieses
Neue kann dabei auch was ganz etwas Altes sein.
Da brachte das Kleine Theater gestern Abend einen
neuen Einacter „Der tapfere Kassian“ von Arthur
Schnitzler zur Aufführung, den der Verfasser als
„Puppenspiel“ rubricirt hat. Damit ist dem Publicum
ein deutlicher Wink gegeben. Man weiß von vorn¬
herein, was man zu erwarten hat. Nun kann sich
niemand wundern, wenn der fade Scherz, der ohne
diese besondere Einkleidung vermuthlich glatt abgelehnt
werden würde, ganz im Stil des alten Marionetten¬
Theaters heruntergespielt wird. Und da sonst nichts
Witziges oder Unterhaltendes an der ganzen Geschichte
wahrzunehmen ist, mag sich das Publicum an der ge¬
zirkelten Sprechweise, den ruckweise sich fortsetzenden
Automaten=Bewegungen der handelnden Personen
schadlos halten.
Es treten nur vier auf, die in obigem Stile costü¬
mirt, allerlei alltägliches Zeug reden, ohne daß dabei
von einer eigentlichen Handlung die Rede wäre. Ver¬
muthlich hat sich Schnitzler dieses „Puppenspiel“ nur
als Episode, als Einlage in einem größeren Stück
gedacht, etwa wie das Spiel der Athenischen Hand¬
erfüllt und ins rechte Licht setzt. Schnitzlers Groteske mit ihrer
werker im „Sommernachtstraum“. Jedenfalls ist es,
jähen Steigerung vom barocken Spaß zum grausigen Todeshumor
wie es ist, als selbstständiges Werk für die
hat etwas unheimlich Packendes. Die schwüle Stimmung einer
Bühne kein Gewinn, und das Resultat der gestrigen
kranken, fieberhaft erregten Zeit, in die plötzlich die Feuersbrunst
Aufführung, in der neben den Herren Ekert, Licho und
der Revolution hineinleuchtet, wurde von der Aufführung mit
Großmann noch Frau Eysoldt mit großer Selbstver¬
aller Schärfe herausgearbeitet. Aus der Masse, der Gestalten,
leugnung für den Dichter eintrat — ihre Maske war
die in Prospers Pseudoverbrecherkneipe zum grünen Kakadu zu¬
einfach scheußlich — war denn auch ein mehr als
halber Mißerfolg. Denn die schüchternen Beifallsver¬
sammentreffen, hoben sich vor allem die perverse Marquise der
suche der Gutgesinnten wurden deutlich niedergezischt.
Frau Tilla Durieux heraus und der Schauspieler Henri,
Dem „Puppenspiel“ folgte Schnitzlers einactiges
dessen wahnsiunige Leidenschaft Herr Moisii überraschend echt und
Groteske „Der grüne Kakadu“, die bekanntlich schon
eigenartig vorführte. Das Publikum folgte der Aufführung mit
über verschiedene Berliner Bühnen gegangen ist
allergrößter Spannung und brach zum Schlusse in einen Beifalls¬
sturm aus, der sich kaum beruhigen wollte. Recht wenig wußte
es dagegen mit dem „tapferen Kassiau“ anzufangen, der den
Abend einleitete. Arthur Schnitzlers Talent hat sich in der
Kleinigkeit einmal einen spielerischen Seitensprung geleistet.
Der tapfere Kassian ist eine richtige Marionettenkomödie, mit
Eifersucht, Mord und Totschlag, und voll drolliger parodistischer
Einfälle. Frau Eysoldt und die Herrn Ekert und Licho
mimten es sehr komisch. Was aber in der flott gelösten
Stimmung eines Künstlerfestes als guter Witz wirken
, das erregte bei einem feierlich versammelten
Premièrenpublikum einiges Befremden. Manche Leute fanden
#Il. Sp. Kleines Theater Dienstag zum ersten Male:
sich nicht hinein oder suchten in dem Stücklein wohl gar nach
Der grüne Kakadu, Groteske in einem Akt. Vorher:
einem tiefen Sinn und geheimnisvollen Perspektiven. Im ganzen
Der tapfere Kassian. Puppenspiel in einem Akt. Von
ist es schade um all die Kunstfertigkeit, welche der Dichter in den
Arthur Schnitzler. Dem Deutschen Theater spielte gestern
Artistenscherz hineingesteckt hat.
die Bühne des Herrn Reinhardt Schnitzlers wildes Revolutionsstück
F. G. Das Deutsch=Amerikanische Theater ist gestern,
nach. Vor fünf Jahren etwa ist das Werk bei Brahm
nachdem es „Ueber'n großen Teich“ mehr denn 400 Male ge¬
mit starkem Erfolge zum ersten Male in Szene gegangen und
geben, mit einem neuen Stück vor das Berliner Publikum getreten.
hat zahlreiche Aufführungen erlebt. Der Unterschied zwischen
Dem Charakter des Theaters entsprechend, führt es uns wieder nach
damals und gestern war recht lehrreich und bezeichnend für die
Amerika. Es heißt „New York“. Text und Musik sind von
ganze Art der neuen Bühne. Bei Brahm wirkten ein paar große
Adolf Philipp, der selbst als Gast mitspielte. Ob dieses Stück
Schauspieler, bei Reinhardt siegte das Ensemble, die virtuose Regie¬
kunst, die auch die unschginbarste Figur des Bühnenbildes mit Leben i auch nur entfernt so viele Aufführungen erleben wird wie sein Vor¬
Mi
1. Der tapfere Cassian
##ago, Genf, London, New-Vork,
#, mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Gr
L4a——
vomt:
S
20—.
— Auf welch' sonderbare Einfälle unsere modernen
Dichter in ihrer Sucht nach etwas ganz Neuem, Un¬
erhörtem doch zuweilen verfallen — notabene dieses
Neue kann dabei auch was ganz etwas Altes sein.
Da brachte das Kleine Theater gestern Abend einen
neuen Einacter „Der tapfere Kassian“ von Arthur
Schnitzler zur Aufführung, den der Verfasser als
„Puppenspiel“ rubricirt hat. Damit ist dem Publicum
ein deutlicher Wink gegeben. Man weiß von vorn¬
herein, was man zu erwarten hat. Nun kann sich
niemand wundern, wenn der fade Scherz, der ohne
diese besondere Einkleidung vermuthlich glatt abgelehnt
werden würde, ganz im Stil des alten Marionetten¬
Theaters heruntergespielt wird. Und da sonst nichts
Witziges oder Unterhaltendes an der ganzen Geschichte
wahrzunehmen ist, mag sich das Publicum an der ge¬
zirkelten Sprechweise, den ruckweise sich fortsetzenden
Automaten=Bewegungen der handelnden Personen
schadlos halten.
Es treten nur vier auf, die in obigem Stile costü¬
mirt, allerlei alltägliches Zeug reden, ohne daß dabei
von einer eigentlichen Handlung die Rede wäre. Ver¬
muthlich hat sich Schnitzler dieses „Puppenspiel“ nur
als Episode, als Einlage in einem größeren Stück
gedacht, etwa wie das Spiel der Athenischen Hand¬
erfüllt und ins rechte Licht setzt. Schnitzlers Groteske mit ihrer
werker im „Sommernachtstraum“. Jedenfalls ist es,
jähen Steigerung vom barocken Spaß zum grausigen Todeshumor
wie es ist, als selbstständiges Werk für die
hat etwas unheimlich Packendes. Die schwüle Stimmung einer
Bühne kein Gewinn, und das Resultat der gestrigen
kranken, fieberhaft erregten Zeit, in die plötzlich die Feuersbrunst
Aufführung, in der neben den Herren Ekert, Licho und
der Revolution hineinleuchtet, wurde von der Aufführung mit
Großmann noch Frau Eysoldt mit großer Selbstver¬
aller Schärfe herausgearbeitet. Aus der Masse, der Gestalten,
leugnung für den Dichter eintrat — ihre Maske war
die in Prospers Pseudoverbrecherkneipe zum grünen Kakadu zu¬
einfach scheußlich — war denn auch ein mehr als
halber Mißerfolg. Denn die schüchternen Beifallsver¬
sammentreffen, hoben sich vor allem die perverse Marquise der
suche der Gutgesinnten wurden deutlich niedergezischt.
Frau Tilla Durieux heraus und der Schauspieler Henri,
Dem „Puppenspiel“ folgte Schnitzlers einactiges
dessen wahnsiunige Leidenschaft Herr Moisii überraschend echt und
Groteske „Der grüne Kakadu“, die bekanntlich schon
eigenartig vorführte. Das Publikum folgte der Aufführung mit
über verschiedene Berliner Bühnen gegangen ist
allergrößter Spannung und brach zum Schlusse in einen Beifalls¬
sturm aus, der sich kaum beruhigen wollte. Recht wenig wußte
es dagegen mit dem „tapferen Kassiau“ anzufangen, der den
Abend einleitete. Arthur Schnitzlers Talent hat sich in der
Kleinigkeit einmal einen spielerischen Seitensprung geleistet.
Der tapfere Kassian ist eine richtige Marionettenkomödie, mit
Eifersucht, Mord und Totschlag, und voll drolliger parodistischer
Einfälle. Frau Eysoldt und die Herrn Ekert und Licho
mimten es sehr komisch. Was aber in der flott gelösten
Stimmung eines Künstlerfestes als guter Witz wirken
, das erregte bei einem feierlich versammelten
Premièrenpublikum einiges Befremden. Manche Leute fanden
#Il. Sp. Kleines Theater Dienstag zum ersten Male:
sich nicht hinein oder suchten in dem Stücklein wohl gar nach
Der grüne Kakadu, Groteske in einem Akt. Vorher:
einem tiefen Sinn und geheimnisvollen Perspektiven. Im ganzen
Der tapfere Kassian. Puppenspiel in einem Akt. Von
ist es schade um all die Kunstfertigkeit, welche der Dichter in den
Arthur Schnitzler. Dem Deutschen Theater spielte gestern
Artistenscherz hineingesteckt hat.
die Bühne des Herrn Reinhardt Schnitzlers wildes Revolutionsstück
F. G. Das Deutsch=Amerikanische Theater ist gestern,
nach. Vor fünf Jahren etwa ist das Werk bei Brahm
nachdem es „Ueber'n großen Teich“ mehr denn 400 Male ge¬
mit starkem Erfolge zum ersten Male in Szene gegangen und
geben, mit einem neuen Stück vor das Berliner Publikum getreten.
hat zahlreiche Aufführungen erlebt. Der Unterschied zwischen
Dem Charakter des Theaters entsprechend, führt es uns wieder nach
damals und gestern war recht lehrreich und bezeichnend für die
Amerika. Es heißt „New York“. Text und Musik sind von
ganze Art der neuen Bühne. Bei Brahm wirkten ein paar große
Adolf Philipp, der selbst als Gast mitspielte. Ob dieses Stück
Schauspieler, bei Reinhardt siegte das Ensemble, die virtuose Regie¬
kunst, die auch die unschginbarste Figur des Bühnenbildes mit Leben i auch nur entfernt so viele Aufführungen erleben wird wie sein Vor¬
Mi