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aSS
11. Der tapfere Gasslan
e Schungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, Londen, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
T3|F on
vom:
Kleines Theater.
Ein Schnitzler=Abend! Zwei Gaben von
sehr verschiedenem Wert waren es, die uns gestern
geboten wurden, die Groteske „Der grüne
Kakadu“ und das Puppenspiel „Der
tapfere Kassian“. Während der erste Ein¬
akter schon im Deutschen sowohl wie im Schiller¬
Theater seine Feuerprobe bestanden hatte, sollte
das „Puppenspiel“ gestern erst seine Bühnen¬
Als er sich zur Abreise rüstet, kommt sein Vetter,
berechtigung erweisen. Das hat es jedoch nicht
ein renommistischer Bramarbas, dem das Mädchen
getan, da die parodistische Spielerei des Wiener
gleich in die Arme läuft. Der Jüngling bekommt
Poeten weder zu erheitern noch zu fesseln ver¬
vorn tapfern Vetter einen Degenstich in die Brust,
er stirbt, indem er noch rührend die Flöte bläst.
mochte. Einzelne Feinheiten, die wie in jedem
Das Zimmer oird dunkel, fast so dunkel
„Schnitzler“ auch in dieser Nichtigkeit stecken,
wie der Sinn dieses Einakters. Das beste
und die bei der Lektüre sicherlich zur Geltung
sind die marionettenhaften Bewegungen der drei
kommen, verpufften im grellen Rampenlicht
Darsteller, sie sind das einzige, was lustig wirkt.
wirkungs= und rettungslos. Die Herren Licho
In Masken und Gesten waren die Schauspieler
und Ekert spielten zusammen mit Frau
echte Puppen: Herr Ekert als der Jüngling, Frau
Eysoldt den Einakter in der vom Dichter
Eysoldt als das Mägdelein, Hr. Licho als Re¬
nommist Kassian. Aber ich frage noch einmal:
vorgeschriebenen Manier.
Was soll uns das? „Ihr spielt da eine sonderbare
Weit dankbarere Rollen fielen der Darstellung
Komödie“ läßt Schnitzler den Polizeikommissar in
im „grünen Kakadu“ zu, der mit raffinierteiter
seinem „Grünen Kakadu“ sagen, der dem
Bühnenkunst gezimmerten Groteske, die auch
Puppenspiel folgte, und dies Wort paßt
gestern wieder die Zuschauer im Banne hielt.
auf den „Grünen Kakadu“ ebensogut wie
Und während nach dem ersten Einakter sogar
auf den „tapferen Kassian“. Der „grüne Kakadu“
die Getreuen beim Einsetzen einer starken Oppo¬
ist mit der gestrigen Aufführung im Kleinen
sition verstummt waren, rührte man nach dem
Theater schon zu der dritten Berliner Bühne ge¬
zweiten Einakter um so eifriger die Hände. So
flogen, aber er hat doch bei diesem Flug im bösen
kritischen Wetter viele Federn verloren. Die ganze
lange, bis Schnitzler auf der Bühne erschien
„Groteske“, wie sie der Autor nennt, erscheint, je
Und mit ihm konnten sich die durchweg ihr Bestes
älter sie wird, desto mehr als eine geistreiche
gebenden Schauspieler verneigen, von denen die
Langweiligkeit, welche den Aufwand tüchtiger,
Damen Durieux und Eysoldt, sowie die
schauspielerischer Kräfte nicht lohnt. Das wird
Herren Moissi, Leopold, Baron und
auch die beste Kraft des Abends Frau Eysoldt
Vallentin in erster Linie genannt seien.
empfunden haben, die die Léocadie gab, während
Herrn Vallentin gebührt noch außerdem ein Spe¬
von den männlichen Darstellern die Herren
ziallob für die Regie, die in beiden Stücken Er¬
Leopold (Prosper), Vallentin (Balthasar), Licho
p. 8.
sprießliches gewirkt hatte.
(Grasset) und Burg (Grain) bemüht waren, die
vergilbten Farben des Diakogs aufzufrischen.
Weniger gelang dies Herrn Moissi (Henri), der mit;
Yvette Guilbert.
dialektischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
Gestern war ich zu einem Konzert bei
M. S. Im Deutsch=Amerikanischen Theater“
Madame Pompadour geladen. Durch die
gab es gestern (Dienstag) ein neues Stück zu
Güte Yvette Guilberts. Man muß es ihr 1
sehen: „New York“ fünf Bilder mit Gesang aus
dem Nachtleben einer Weltstadt von Adolf Philipp.
Die Vorstellung dauerte infolge der zahlreichen
Wiederholungen einiger Lieder von 7½ bis 11 Uhr,
eine Stunde länger also, als für einen Theaterabend
angemessen erscheint. Ich möchte bemerken, daß
F. H. Im Kleinen Theater gab es gestern
diese Wiederholungen, trotz des freundlichen Bei¬
(Dienstag) einen Schnitzler=Abend. Zuerst spielte
falls, nicht in solchem Umfange notwendig
man die neueste Neuigkeit von Artur Schnitzler,
waren, wie sie dem Publikum mit be¬
den Einakter „Der tapfere Kassian“, den
wundernswerter Unermüdlichkeit geboten wurden.
der Autor als „Puppenspiel“ bezeichnete, und
Was das erste Mal durch nette Schlager über¬
den die Darsteller denn auch in getreuer Nach¬
raschte und gefiel, wirkte beim dritten Mal schon
ahmung der Marionetten spielten. Das sonst so
schal, beim vierten Mal aber machte es die Zu¬
getreue Publikum des Hauses ging aber diesmal nicht
hörer nervös. Diese mußten jedesmal durch
mit, und in den Beifall,welcher der vortrefflichen Dar¬
kräftiges Zischen die Darsteller zwingen, das Stück
stellung galt, mischten sich sehr deutliche Zeichen des
endlich weiterzuspielen — eine ganz neuartige Er¬
Unwillens über den Autor dieses Puppenspiels.
scheinung. Es war geradezu gefährlich, seinem Wohl¬
Artur Schnitzler, der in der Liebelei unser Emp¬
gefallen über manches Hübsche in der üblichen Weise
finden bis in die intimsten Tiefen des Gemüts zu
Ausdruck zu geben; immer wieder mußte man fürchten,
treffen weiß, der im „Abschiedssouper“ eine ur¬
daß die Herrschaften oben auf der Bühne den
drollige Komik entwickelt, ist später immer mehr vom
Applaus mißverstanden und die Lieder und schlie߬
Wege der Einfachheit abgewichen und hat in der Jagd
lich auch die ganze Geschichte von vorn aufingen.
nach Originalität die frischen Wangen seines Ta¬
Oder sollie der Premiere durchaus ein „sen¬
lents verschminkt. Was soll uns dies Puppenspiel
sationeller“ Erfolg gemacht werden! Nun,
vom tapferen Kassian? Es gehörte im besten
einen „sensationellen" Erfolg hatte und ver¬
Fall zur zweiten Garnitur eines Ueberbrettls oder
diente „New York“ nicht; aber es sei gern
auf die Bühne einer Karnevalsvorstellung, wenn
festgestellt, daß diese Novität mit ihrer wirklich
Witz hätte. Eine Puppenstube nach be¬
es
prachtvollen, durchaus sehenswerten Ausstattung,
kanntem, modernem Kunststil. Ein Jüngling mit
einem Mädchen, das er auf einige Zeit verlassen will. mit ihren zahlreichen guten Einzelnummern und
AR G
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11. Der tapfere Gasslan
e Schungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, Londen, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
T3|F on
vom:
Kleines Theater.
Ein Schnitzler=Abend! Zwei Gaben von
sehr verschiedenem Wert waren es, die uns gestern
geboten wurden, die Groteske „Der grüne
Kakadu“ und das Puppenspiel „Der
tapfere Kassian“. Während der erste Ein¬
akter schon im Deutschen sowohl wie im Schiller¬
Theater seine Feuerprobe bestanden hatte, sollte
das „Puppenspiel“ gestern erst seine Bühnen¬
Als er sich zur Abreise rüstet, kommt sein Vetter,
berechtigung erweisen. Das hat es jedoch nicht
ein renommistischer Bramarbas, dem das Mädchen
getan, da die parodistische Spielerei des Wiener
gleich in die Arme läuft. Der Jüngling bekommt
Poeten weder zu erheitern noch zu fesseln ver¬
vorn tapfern Vetter einen Degenstich in die Brust,
er stirbt, indem er noch rührend die Flöte bläst.
mochte. Einzelne Feinheiten, die wie in jedem
Das Zimmer oird dunkel, fast so dunkel
„Schnitzler“ auch in dieser Nichtigkeit stecken,
wie der Sinn dieses Einakters. Das beste
und die bei der Lektüre sicherlich zur Geltung
sind die marionettenhaften Bewegungen der drei
kommen, verpufften im grellen Rampenlicht
Darsteller, sie sind das einzige, was lustig wirkt.
wirkungs= und rettungslos. Die Herren Licho
In Masken und Gesten waren die Schauspieler
und Ekert spielten zusammen mit Frau
echte Puppen: Herr Ekert als der Jüngling, Frau
Eysoldt den Einakter in der vom Dichter
Eysoldt als das Mägdelein, Hr. Licho als Re¬
nommist Kassian. Aber ich frage noch einmal:
vorgeschriebenen Manier.
Was soll uns das? „Ihr spielt da eine sonderbare
Weit dankbarere Rollen fielen der Darstellung
Komödie“ läßt Schnitzler den Polizeikommissar in
im „grünen Kakadu“ zu, der mit raffinierteiter
seinem „Grünen Kakadu“ sagen, der dem
Bühnenkunst gezimmerten Groteske, die auch
Puppenspiel folgte, und dies Wort paßt
gestern wieder die Zuschauer im Banne hielt.
auf den „Grünen Kakadu“ ebensogut wie
Und während nach dem ersten Einakter sogar
auf den „tapferen Kassian“. Der „grüne Kakadu“
die Getreuen beim Einsetzen einer starken Oppo¬
ist mit der gestrigen Aufführung im Kleinen
sition verstummt waren, rührte man nach dem
Theater schon zu der dritten Berliner Bühne ge¬
zweiten Einakter um so eifriger die Hände. So
flogen, aber er hat doch bei diesem Flug im bösen
kritischen Wetter viele Federn verloren. Die ganze
lange, bis Schnitzler auf der Bühne erschien
„Groteske“, wie sie der Autor nennt, erscheint, je
Und mit ihm konnten sich die durchweg ihr Bestes
älter sie wird, desto mehr als eine geistreiche
gebenden Schauspieler verneigen, von denen die
Langweiligkeit, welche den Aufwand tüchtiger,
Damen Durieux und Eysoldt, sowie die
schauspielerischer Kräfte nicht lohnt. Das wird
Herren Moissi, Leopold, Baron und
auch die beste Kraft des Abends Frau Eysoldt
Vallentin in erster Linie genannt seien.
empfunden haben, die die Léocadie gab, während
Herrn Vallentin gebührt noch außerdem ein Spe¬
von den männlichen Darstellern die Herren
ziallob für die Regie, die in beiden Stücken Er¬
Leopold (Prosper), Vallentin (Balthasar), Licho
p. 8.
sprießliches gewirkt hatte.
(Grasset) und Burg (Grain) bemüht waren, die
vergilbten Farben des Diakogs aufzufrischen.
Weniger gelang dies Herrn Moissi (Henri), der mit;
Yvette Guilbert.
dialektischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
Gestern war ich zu einem Konzert bei
M. S. Im Deutsch=Amerikanischen Theater“
Madame Pompadour geladen. Durch die
gab es gestern (Dienstag) ein neues Stück zu
Güte Yvette Guilberts. Man muß es ihr 1
sehen: „New York“ fünf Bilder mit Gesang aus
dem Nachtleben einer Weltstadt von Adolf Philipp.
Die Vorstellung dauerte infolge der zahlreichen
Wiederholungen einiger Lieder von 7½ bis 11 Uhr,
eine Stunde länger also, als für einen Theaterabend
angemessen erscheint. Ich möchte bemerken, daß
F. H. Im Kleinen Theater gab es gestern
diese Wiederholungen, trotz des freundlichen Bei¬
(Dienstag) einen Schnitzler=Abend. Zuerst spielte
falls, nicht in solchem Umfange notwendig
man die neueste Neuigkeit von Artur Schnitzler,
waren, wie sie dem Publikum mit be¬
den Einakter „Der tapfere Kassian“, den
wundernswerter Unermüdlichkeit geboten wurden.
der Autor als „Puppenspiel“ bezeichnete, und
Was das erste Mal durch nette Schlager über¬
den die Darsteller denn auch in getreuer Nach¬
raschte und gefiel, wirkte beim dritten Mal schon
ahmung der Marionetten spielten. Das sonst so
schal, beim vierten Mal aber machte es die Zu¬
getreue Publikum des Hauses ging aber diesmal nicht
hörer nervös. Diese mußten jedesmal durch
mit, und in den Beifall,welcher der vortrefflichen Dar¬
kräftiges Zischen die Darsteller zwingen, das Stück
stellung galt, mischten sich sehr deutliche Zeichen des
endlich weiterzuspielen — eine ganz neuartige Er¬
Unwillens über den Autor dieses Puppenspiels.
scheinung. Es war geradezu gefährlich, seinem Wohl¬
Artur Schnitzler, der in der Liebelei unser Emp¬
gefallen über manches Hübsche in der üblichen Weise
finden bis in die intimsten Tiefen des Gemüts zu
Ausdruck zu geben; immer wieder mußte man fürchten,
treffen weiß, der im „Abschiedssouper“ eine ur¬
daß die Herrschaften oben auf der Bühne den
drollige Komik entwickelt, ist später immer mehr vom
Applaus mißverstanden und die Lieder und schlie߬
Wege der Einfachheit abgewichen und hat in der Jagd
lich auch die ganze Geschichte von vorn aufingen.
nach Originalität die frischen Wangen seines Ta¬
Oder sollie der Premiere durchaus ein „sen¬
lents verschminkt. Was soll uns dies Puppenspiel
sationeller“ Erfolg gemacht werden! Nun,
vom tapferen Kassian? Es gehörte im besten
einen „sensationellen" Erfolg hatte und ver¬
Fall zur zweiten Garnitur eines Ueberbrettls oder
diente „New York“ nicht; aber es sei gern
auf die Bühne einer Karnevalsvorstellung, wenn
festgestellt, daß diese Novität mit ihrer wirklich
Witz hätte. Eine Puppenstube nach be¬
es
prachtvollen, durchaus sehenswerten Ausstattung,
kanntem, modernem Kunststil. Ein Jüngling mit
einem Mädchen, das er auf einige Zeit verlassen will. mit ihren zahlreichen guten Einzelnummern und
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