III, Einakter 9, (Lebendige Stunden. Vier Einakter), Literatur, Seite 22

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Klose & Seidel
Bureau für Zeitungeausochnitte.
Berlin NO. 43, Georgenkivehplatz 211
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Zeitung:

911 —

Neues Volks=Theater.
f. Schnitzler=Abend: „Literatur“ und
„Liebelei“.
Mahzhätte den Wiener Dichter, dessen Leben
gestern ein halbes Jahrhundert vollendete, nicht
besser feiern und würdigen können als durch die
Aufführung dieser beiden Werke, die einen Höhe¬
punkt seines Schaffens bedeuten, und ein klares
und unzweideutiges Spiegelbild seines dichte¬
rischen Schaffens bergen. In keiner seiner ande¬
ren Arbeiten zeigt sich Schnitzler von einer so
persönlichen Seite wie in dem dreiaktigen Schau¬
spiel: „Liebelei“, das vor zwanzig Jahren
entstand und den Beginn seiner schriftstellerischen
Tätigkeit bedeutet. Hier pulsiert jene gradlinie,
von einer gesunden Erotik durchsetzte Weltan¬
schauung, die für den Charakter des genu߬
frohen Wien typisch ist, und die das Leben
nimmt, wie das Leben eben ist. Alle die Men¬
schen, denen wir begegnen, die „g'spaßige“ Mizi
und der schneidige Theodor, der nichts
weiter ist und nichts weiter sein will
als ein „liebar, gutar Kerl“, die sentimentale
Christine mit der ehrlichen Sehnsucht und der
junge Fritz Lobheimer mit dem ehrlichen und
guten Willen sind von jenem unverdorbenen,
lachenden Optimismus, der bei Schnitzler so
überaus versöhnend und ausgleichend wirkt.
Und dann kommt das Schicksa herbei das alle
diese, im Grunde genommen so verschiedenarti¬
gen Gestalten, die nur den Willen zum Glück
gemeinsam haben, auseinanderreißt. Aus der
Liebelei, an der man sich berauscht, wird eine
Liebe, an der man zugrunde gehl. Das Lachen
der Mädchen, die Scherze der Männer verstum¬
men, und in Tränen, die zerstörte Hoffnungen
zu Grabe tragen, klingt diese alltägliche Ge¬
schichte aus, die ein Künstler zur Dichtung
machte.
Die Aufführung war hervorragend.
Die Regie hatte Interieurs von einer selte¬
nen, frischfarbigen Eindrucksfähigkeit geschaffen,
die jeder Stimmung gerecht wurde, ohne durch
allzu große Betonung der naturalistischen Mo¬
mente aufdringlich zu erscheinen. Die Darstel¬
lung schien echte und rechte „Weqner Luft“ zu
atmen, und war in ihren Aufgaben durchweg
am Platze. Johannes Riemann, der sich
als ein überaus befähigter Schauspieler zeigte,
und Martha Angerstein seien besonders erwähnt.
Voran ging das Lustsoiel „Literatur“ das
wie ein dramatisiertes Feuilleton anmutet, und
wiederum durch die Schlagfertigkeit und Grazie
der Dialogführung entzückte. Hier bildeten die
hübsche Yella Wagner, Aurel Ro¬
wotny, der in sehr guter Maske einen adels¬
wütigen, beschränkt=gutmütigen „Nazi“ gab, und
der wandlungsreiche Robert Müller als
Kaffeehausliterat ein ganz vorzügliches Klee¬
-blatt, das die dem Stücke innewohnende Charme
E. A. Opt.
zur besten Geltung brachte.
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Klose & Seidel
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Zeitung: Morgenpost
Berlin
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Ein Schnitler-Abend.
„Lebelei“ im Neuen Volkstheater.
-Zur Feier von Arthur Schnitzlers
fünfzigstem Geburtstag brachte gestern das Neue
Volkstheater als eine der wenigen Berliner
Bühnen, die sich nicht um diese Ehrenpflicht
herumdrücken, zwei der interessantesten Bühnen¬
werke des österreichischen Dichters heraus. Di¬
rektor Licho hatte für diesen Tag „Liebe¬
lei“ und „Litergtu:“ neu einstudiert. Und
wie man von dieser Bühne, die sich so große
Verdienste um die Bildung des Volkes erworben
hat, in letzter Zeit nur Gutes melden konnte,
so bot auch der gestrige Abend wieder einen
künstlerischen Genuß und bewies, mit wieviel
Geschmack und Verständnis das Theater in der
Köpenicker Straße geleitet wird.
Schnitzler, der Dichter des lieben Wiener Mä¬
Schnitzler=Mädels, hat in diesem
dels, des echten
r, den er „Liebelei“
racht


er



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Arthur Schnitzler.
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nennt, die reizendste Vertreterin dieser seiner
zarten Geschöpfe gezeichnet. In Christine, die
im Herzen des jungen Fritz Lobheimer nach einer
langen Reihe seiner Liebeleien endlich die reine
Liebe erweckt, ist eine Gestalt geschaffen, die
zu dem Unvergänglichsten gezählt werden muß,
was die moderne Literatur kennt. Martha
Angerstein lieh ihr in der gestrigen Auffüh¬
rung ihre ganze Anmut und ihre ganze reife
Kunst. Ihr Partner, Johannes Riemann,
fand den rechten Ton für die heiteren und tief¬
tragischen Seiten seiner Rolle. Aurel Ro¬
wotny und Else Bäck zeigten, wie ein Wiener
verliebtes Pärchen lacht, tollt und busselt, und
das war sehr nett. Robert Müller machte aus
jder kleinen Rolle des Violinisten Weising ein Ka¬
binettstückchen. Schade, daß er uns bald verläßt.
Eröffnet wurde der Abend mit der witzigen
Charakterkomödie „Literatur“ in der der
Verfasser die drei köstlichen grundverschiedenen
Typen eines aristokratischen Stutzers, eines
größenwahnsinnigen Literaten und eines leicht¬
sinnigen Weibchens gegeneinander ausspielt, die
von Yella Wagner, Aurel Nowotny und
Robert Müller vorzüglich nachgezeichnet
Bdg.
mreait
wurden.
A
lter im Schillertheeter.