III, Einakter 8, (Lebendige Stunden. Vier Einakter), Die letzten Masken (Der sterbende Journalist), Seite 68

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8. Die letzte1—
Telephoh 12.882
„UDSERER
I. Sourr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Aussehnitte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
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in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
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New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Ouekenangabo ohne Gewühr).
Ausschnitt aus:
Münchner Neueste nachrichten
W
L
den einstigen Freund herbeizuholen. Und Weih¬
Einakter=Abend im Schauspielhaus
gast kommt. Geschniegelt geleckt. (Herr Lübau
*** Es war, als hätte ein guter Erzähler voll
traf die Nuance ziemlich gut.) Und sie sitzen
Witz und feiner Empfindung ein paar Novellen
sich gegenüber. Der Gesunde und der Kranke. Der
zum besten gegeben. Die drei Schnitzler¬
Arme und Reiche, der Erfolg und das Mißlingen.
schen Einakter wirkten am Samstag Abend ge¬
Rademacher hebt an mit seinem Groll und will das
giftig
wissermaßen, als seien sie ursprünglich für ein er¬
et zu Tage fördern aber es erstirbt ihm
im M
zählendes Buch erfunden und der Dichter habe sie
vor Weihgasts hochtönenden Phrasen
nun für das Theater instrumentiert.
von Hilfsbereitschaft und edler Anteilnahme. Und

fährt er von hinnen, nachdem der späte Besuch
„Die letzten Masken“ 1902 entstanden, zei¬
ihn wieder verlassen, und nimmt den Haß mit in
gen das Ende und die Sterbestunde Karl Rade¬
das Grab. Herr Peppler vermochte die wenig
machers der ein Dichter war und jetzt als armer
erquickliche Rolle mit interessanten psychologischen
Journalist im allgemeinen Krankenhaus sein Da¬
Details zu beleben und das Krankheitsbild Rade¬
sein in Verbitterung und Krankheit endet. Alexan¬
machers mit klinischer Genauigkeit zu zeichnen.
der Weihgast, der einst mit ihm als Mitstrebender
Auch im Tonfall blieb der Darsteller in dem Grade
und Kampfgenosse ausgezogen, die Welt mit der Fe¬
glücklich, als er sich nachher in „Literatur" ver¬
der zu erobern war glücklicher. Ihn führte das
griff. Der Sammetjacken=Poet, den der Darstel¬
Geschick die Bahn zum Erfolg empor, und während
ler in diesem kleinen von früheren Aufführun¬
Rademacher immer tiefer einsank in den von der
gen her bekannten Lustspiel aus dem Gilbert machte,
Not ihm aufgedrungenen Beruf des taglöhnernden
gehört einer überwundenen Vorstellungsreihe an,
Journalismus, glitt der glatte, seichte Weihgast
und der Darsteller würde hier mehr gegeben haben,
auf den Schwingen seines der Masse schmeichelnden
Talentes hinüber in Ruhm und Reichtum. Es hat
wenn er weniger Pathos und weniger Locken in
seine Schwierigkeiten, in einem kurzen Einakter, der
Anwendung gebracht hätte. Fräulein Schaffer
hielt sich auf einer mittleren Linie, und das
alles, Exposition und Steigerung, Höhe, Umkehr
Schwankende im
und Katastrophe sein muß, einen durch Jahre rei¬
Charakter Margarethes, der
chenden inneren Konflikt zweier Intellektueller
Zwiespalt zwischen Fleisch und Geist kam genügend
dem Hörer in der äußersten Zusammendrängung
zum Ausdruck. Herr Waldau brillierte. Cle¬
plansibel zu machen und bis zur Wurzel der Not¬
mens war in seiner Wiedergabe ein voller Typus;
mehr erlobt als gespielt, und somit von starker Wir¬
wendigkeiten zu enthüllen. Man hat nirgends die
kung. Zieht man die mimische Leistung in Be¬
Möglichkeit, sich vom Tatsächlichen zu überzeugen,
tracht, die Herr Waldau vorher als schwindsüchtiger
und ist dem Autor auf Glauben und Unglauben
ausgeliefert. Rademachers Erzählung seines Un¬
Schauspieler bot, und was er nachher in diskreter
glücks stellt sich als Monolog dar, dessen Einför¬
Weise dem angejahrten Fürsten Egon an Laune
migkeit durch die geschickte Verwendung eines zwei¬
zu teil werden ließ, so kann man mit Genug¬
ten Kranken, eines schwindsüchtigen Schauspielers
tuung feststellen, daß der Darsteller sich zu einer
als Zuhörer allerdings gemilderi wird. Man
wesentlichen Stütze des Ensembles entwickelt hat.
könnte einwenden, ein Mensch von der Innerlich¬
„Comtesse Mizzi“ erwies sich trotz aller
keit Rademachers wird nicht dem Nächstbesten seine
Witzigkeit als Anekdote von geringer Tragkraft.
Wenn man es erfahren hat, daß Philipp (Herr
Geheimnisse anvertrauen. Wenn aber dieser
Nächstbeste ein Künstler ist, der lernen kann aus
v. Duniecki sehr frisch) der Sohn des Fürsten
solchem Schicksal, so erscheint Rademachers Mit¬
Ravenstein und Mizzis ist, wirkt der Rest der Ko¬
teilsamkeit hinreichend motiviert. Er läßt die Bit¬
mödie, einzelner Feinheiten ungeachtet, nicht eben
terkeit aus seinem Herzen strömen, und man erfährt
spannend. Gespielt wurde dieses Stückchen in
einem angenehmen Tin, der von Fräulein Glü¬
um seinen letzten Haß und seine letzte Freude.
mer (Mizzi) und Frau Gerhäuser (Lolo) mit
Weihgasts Frau war seine Geliebte durch lange
gleichem Gelingen festgehalten wurde. Herr E߬
Jahre, ohne daß der Gatte darum erfuhr. Aber
lair erregte durch eine echte Fiakermaske behag¬
jetzt will er es ihm sagen, triumphierend in der
liches Gelächter.
letzten Stunde, ihn zerschmettern durch dieses Be¬
kenntnis, ihn zerbrechen in seiner Eitelkeit. So
Richard Elchinger
sonderbar der Spitalarzt die Bitte gefunden, hat
Dr. Halmschlöger sich selber auf den Weg gemacht,