III, Einakter 8, (Lebendige Stunden. Vier Einakter), Die letzten Masken (Der sterbende Journalist), Seite 72

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8. Die letztenasken
Telephon 12.801
„ODSENVEN
I. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitung¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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In Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christlanta
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapelte.
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burg, Toronto.
(Catlienangebe ohne Dewähr.)
Ausschnitt aus:
Zonung
18 SP 131
vom:
Drei Gnakter „on Schnitzler.
(8 Köln. Arthur Schnitzler ördnet seine Einakler gern zu Reihen,
dren Glieder bei aller Verschiedenheit der einzelnen Vorwürfe und ihrer
Kramatischen Behandlung doch irgendwie gedanklich verknüpft sind. Dies
Verfahren fügt für den nachdenklichen Leser und Hörer zu dem
Interesse am einzelne. Stück den Ansporn, die verbindende Idee zu
fuchen, überlegend nachzuprüfen, wie das, was räumlich und zeitlich aus¬
einanderliegt, sich doch innerlich zu einer Einheit verkettet und wie der
Dichter die These, die Tendenz, den geistreichen Einfall, das Stückchen
Weltklugheit oder Lebenseinsicht in dem einzelnen Stück abgewandelt hat.
Dieser geistige Genuß des Suchens und Vergleichens fällt weg, wenn,
wie es am Samstag im Schauspielhaus geschah, aus den Serien
Teile herausgeschnitten und zu einer losen Reihe verbunden werden;
solches Nebeneinander ist immer ein bißchen Varieté=Programm. Das
erste der gegebenen Stücke stammt aus der viergliedrigen Reihe „Leben¬
dige Stunden“, das letzte aus einer dreigliedrigen Serie, die von dem
Motto: „Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug“ zusammengehalten*
wird. Das mittlere Stück ist von Schnitzler als selbständige Arbeit ver¬
öffentlicht worden. Die letzten Masken schildern die Todesstunde
eines vom Schicksal um den Erfolg betrogenen Journalisten. Die letzte
Genugtnung, die der Sterbende ersehnt, ist, dem unverdient zu Geld und
Ruhm gelangten hirnarmen Nebenbuhler die glückzerstörende Mitteilung
ins Gesicht zu schleudern, daß seine Frau ihn jahrelang mit ihm, dem
Armen, aber Geistbegabten, betrogen habe. Ein todkranker Schauspieler,
der im Spital neben ihm liegt, probt mit ihm den Auftritt durch, der
den reichen, aufgeblasenen Schriftsteller demütigen soll. Als dieser dann
aber wirklich erscheint, erlischt des Journalisten rachsüchtige Absicht in der
Erkenntnis, daß das Leben, und sei es Selbstbetrug und Lüge, nicht den
vom Leben Scheidenden geopfert werden dürfe. Gustav Turrian
gub den Zeitungsmann mit eindringlicher Schlichtheit; Georg Kiesau
war als der lungenkranke Schauspieler, der in seinem Eiser, für seinen
Beruf Studien an den Leidenden zu machen, die nach ihm greisende
Todeshand nicht sieht, von einer wehmütigen Schnurrigkeit, die dieser
Gestalt einen eigenartigen Reiz verlieh. Alexander Engels hätte,
meinen wir, den Schriftsteller nicht so einsach und ehrlich=gutherzig geben
dürfen; ein wenig Pose und großsprecherische Art (sie verrät sich im
Text sehr deutlich bei der Erwähnung seines neuesten Werks) müßten
Komtesse Mizi var für
Bestandteile der Charakteristik bilden. —
Köln neu. Das Stück ist an dieser Stelle im Januar 1909 vor Wien
aus — wenig seeundlich — besprochen worden. Die Komtesse Lat vor
18 Jahren ein Verrüttnis mit einem verheirateten Mann gehabt und ein
Kind geboren. Sie hat, da der Mann nicht den Mut eines öffentlichen
Skandals fand, gefordert, daß sie für ihren Sohn tot bleibe, und Zer¬
streuung in andern Liebesabenteuern gesucht. Jetzt wird ihr vom Vater
der siebzehnjährige kluge, aber naseweis=dreiste Bengel zugeführt, sie fühlt
indes nichts für ihn; doch bleibt die Aussicht auf eine nachträgliche eheliche
Vereinigung der Eltern offen. Zeitlich parallel mit diesen Dingen lausen
die Liebesbeziehungen des Vaters Mizzis zu einer Tänzerin, die sich jetzt
nach 18 Johren ins Ehrbar=Bürgerliche mausert und einen Fiaker heiratet.
Was dieser Komödie das Gepräge gibt, ist die lächelnde Selbstverständ¬
lichkeit, mit der all die heikeln Geschehnisse behande.t werden, ist das be¬
schauliche Behagen, mit dem die Beteiligten dason sprechen. Man mag
die Tonart frivol nennen. Sie bleibt erträglich, da die Leichtfertigkeit der
Lebensansicht gemildert erscheint durch eine gewisse tragikomische Selbst¬
ironie, zu der die Handelnden in der weiten Zeitspanne zwischen Tat und
Beurteilung gelangt sind. Von den Mitwirkenden, deren Wienerisch
allerdings wenig einheitlich klang, seien die Herren Senden, Dysing
und Aßmann und die Damen Frey und Gäbler mit Anerkennung
ihrer darstellerischen Bemühungen genannt. Die Lolo hätten wir freilich
gern erwas weniger bürgerlich=hausbacken in Kleidung, Benehmen und
Ton gesehen; und der 17jährige Philipp war uns nicht knabenhaft ge¬
nug in den Körpermaßen, den Gesichszügen und den Gebärden. Sollte
hier nicht durch Anderungen in der Rollenbesetzung zu helsen sein? —
Den stärksten Eindruck himerließ das dritte Stück: Der grüne Kakadu.
Der heiße Atem der französischen Revolution ist darin: aristokratische
Sittenverderbnis, Freiheitsrausch und brutale Volksleidenschaft. Ein
le einen Weinteller auf¬