III, Einakter 7, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 10

Kal
kadu
7. Der gruene
ich ohne Rücksicht auf sich selbst gegeben hat, sieht
ich plötzlich des Geliebten durch ein Duell beraubt.
Das macht den ganzen Unterschied, den Abgrund,
per zwischen ihrer und seiner Liebe klaffte,
offenbar. Auch er hat sie geliebt, wie er konnte: in
manchem Augenblick ahnt er, daß hier vielleicht
zum erstenmale ein wahres Glück ihm nahe
trat. Dennoch hat lediglich das Gefühl des
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sozialen Abstandes, das Bewußtsein, daß sie ja „nur"
seine Geliebte war, ihn davon abgehalten, auch ihr
gegenüber die Empfindung einer vollen Verantwort¬
tung einzutreten, wie er von ihr nach jeder Richtung
das Opfer ihrer Persönlichkeit entgegennahm. Er
ist von ihr gegangen, ohne das Gefühl ge¬
habt zu haben, daß er auch ihr etwas
schuldig sei, einen Teil von seinem Ich, daß
er gegenüber ihrer Liebe, die er dankend kostete, eine
Pflicht habe. Ob er weiter lebt, ob nicht, es hat
ihr eben recht zu sein. An seiner Bahre stehen
Eltern. Geschwister, Cousin und Consinchen; nur sie
nicht, die sich ihm uäher fühlte, die ihm näher war,
als alle — nur sie nicht. Nicht einmal erfahren hat
sie von dem Begräbnis. Sein Tod wird ihr mit¬
geteilt, als er schon begraben ist. Sie ist gar nicht
vorhanden. Sie ist weniger als nicht vorhanden:
sie ist lästig, peinlich.
Sie ist gut genug.
in verschwiegenen Stunden sein Herz zu füllen, wenn
es niemand weiß, ein wenig Scherz mitzumachen
und Schampus zu trinken, wenn sie lustig sind.
Nur da, wo es sie drängt, ihm am meisten zu sein,
in allem Ernst, in allem, was das Persönlichste ist,
nur da ist sie ausgeschlossen, gehört nicht mit dazu.
Und warum? Weil die äußere Bestätigung fehlte, die
Legitimation dessen, was sie innerlich tiefer als die andern
fühlte, ihres Einsseins. ihrer Zusammengehörigkeit.
Das alles wird ohne Sentimentalität, ohne Anklage¬
pose und Fäusteballen gegen ein ungerechtes Geschick
ausgesprochen. Es ist nur einfach so; das Leben
liegt zuweilen so traurig; gerade ihr mußte das
widerfahren.
Fräulein Triesch hatte bei allem Rühren¬
schnitte
den,
Ergreifenden, das sie dieser Figur zu
Ausschnitt
geben wußte, bei aller tieferen Veranlagung, die sie
außerst glaubhaft aus diesem dem Vollborn volk¬
Nr. 5
lichen Empfindens entsprungenen Gemüte wußte,
onalnachriel hervorscheinen zu lassen, doch gerade zuletzt ein wenig
viel von der drohenden Weltverzweiflungshaltung,
17.
gleichsam von dem zersetzenden Grübeln über Gott
und ewige Ordnungen. Frau Sorma war darin
Rom, Stockh ganz naives Wesen, von einer unsagbaren Fülle
wehmütiger, rührender, lieblicher Züge umspielt.
Bei ihr hatte man das unmittelbarste Gefühl,
daß eine holde Blume von einem wüsten
Proletarierschritt zertreten wird.
Der Grimm war
ganz der des Zuschauers; er war nicht in ihr. Frl.
Triesch hatte schärfere Linien; sie ergrimmte selbst,
war selbst erbittert und besorgte darum schon
einen Teil von dem, was hier am wirk¬
samsten und nachhaltigsten dem Hörer zu thun
überlassen bleibt. Ein niedliches, noch ein wenig
unfreies Wiener Ringstraßen Pflänzchen war Frl.
Rauch. Einen wundervollen, alten, weisen Vater,
der mit seinen Kindern zugleich als Fürsorger und
als brüderlicher Vertrauter umgeht, machte Herr
Reinhardt. Herrn Sauers rächender Ehemann
war in einer für diesen trefflichen Darsteller ganz
ungewöhnlichen Weise hölzern und romanhaft=klichee¬
mäßig. Die beiden Wiener Jungherren wurden
jakadu“.
von Herrn Fischer in seiner putzigen leicht¬
lebigen Art,
von Herrn Rittner mit
zur Zeit
dem prachtvollen Einschlag des ernsteren, sinnigeren,
all auf-
menschlich alles mitfühlenden guten Herzens erfaßt.
eine Em¬
5
Im zweiten Stück, dem „Grünen Kakadu“
giebt es
war entschieden ein schneller dahinrasendes Tempo
erschwang
zu wünschen. Man muß selbst kaum einen
sieht mit
Augenblick zum Nachdenken kommen, ob ernsthafte,
as heute
ob gespielte Dinge vor sich gehen, bis zum Schluß
man so
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Telephon 12801.
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Ausschnitt
105
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Ausschnitt aus:
vom: 21/4 1912
Theater und Musik.
Deutsches Theater.
Arthur Schnitzler's Schauspiel in drei Akten „Liebelei“
wurde am Sonnabend in neuer Einstudierung und zum theil neuer
Besetzung aufgeführt. Die Christine wurde zum ersten Mal von
Fräulein Irene Triesch gespielt. Die Künstlerin gab die Rolle mit
innigem Herzenston und ließ die Seelenregungen des zuerst hingebenden
und schließlich verzweifelnden und empörten Mädchens sich frei
und folgerichtig entwickeln. In ihrer Leistung lag eine gesunde,
von jeder Manier freie Realistik. In der Rolle des Fritz ist Herr
Für
Rittner bereits bekannt; er ist ein Darsteller der nie versagt, wo essive
gilt, durch die Verhältnisse beengte, nach freierer Bethätigung sich
sehnende Kraftnaturen zu geben. Mit erfrischendem Humor stattetebar,
Herr Fischer die Figur des Theodor Kaiser aus, und die Modistinraus.
Mizi Schlager wurde von Fräulein Jenny Rauch mit der erforder¬
lichen Lustigkeit gespielt, nur hätte die Künstlerin an mancher Stelle den
Abon etwas mehr Sentimentalität ausdrücken sollen. Frau von Poellnitz,
Abon die Herren Reinhardt und Sauer vervollständigten in angemessener
Weise das treffliche Zusammenspiel. Den Abend beschloß die ein¬
aktige Groteske desselben Autors „Der grüne Kakadu“, in dernd die
Inhalt Hauptrollen von den Damen Bertens, Triesch und Eberty, den Herres gen¬
itung“)
blät Sommerstorff, Rittner und Fischer auf das Wirksamste gespielt.
schaftliche
Wodur...
Leben des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mit¬
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Prospecte gratis und franco.
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