III, Einakter 4, (Anatol), Abschiedssouper, Seite 6

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Ballchronik.
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rd sich Die Novitäten=Akademie des „Ferienheim“
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Dem Komité=Ehrgeiz des „Ferienheim“, dieser
bitten, so segensreich wirkenden humanitären Institution, der
ironin
Hunderte und Hunderie von armen Kindern ihre Sommer¬
voll frende im Grünen zu danken haben, ist „das Beste gerade
tellen gut genug“. Dieser Komité=Ehrgeiz läßt sich's nicht daran
überr
genügen, das große Publikum für seinen schönen Zweck in
räsi¬
Firnevalistische Kontribution zu setzen, sondern strebt auch
ehrlich danach, diesem Massenpublikum für seinen Wehl¬
Lese¬
thätigkeits=Obolus ein künstlerisch fesselndes Programm zu
Uhr
bieten. Man muß diesem Bestreben umsomehr Anerkennung
Ge¬
6. 65
zollen, als die Leitung des „Ferienheim“ in jedem Falle
nn
ihrer materiellen Faschingsresultate sicher sein kann: Am
sche
Ferienbeim=Abend ist der weite Raum des Sofiensaales
lezis
No= alljährlich gesteckt voll und wird immer gesteckt voll sein¬
zu ob ein Mehr oder Minder künstlerischer Genüsse servirt
alle, wird. Allerdings mußte das Programm des gestrigen
Abends verstärkteste Anziehungskraft üben —
der
ver=Komité=Ehrgeiz hatte sich diesmal zu ganz eriginellen
nbs Kraftäußerungen aufgeschwungen — und belohnte die An¬
hänglichkeit seines Massengefolges mit einer theatralisch¬
ell¬
literarisch=musikalischen Première, deren Kosten vom
chen
literarischen und musikalischen Jungwien, vom Antor der
Ge¬
„Liebelei", Dr. Arthur Schnitzler, vom Autor der
roße
„Blumen=Mary“ Charles Weinberger, und vom
ung
bühnen=fingerfertigen Bernhard Buchbinder bestritten
den
wurden.
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*
Das Novitätenprogramm des Abends umfaßte zwei
schen
kleine Sensationen. Den Anfang machte Schnitzler's
e zu
dramatische Szene „Weihnachtseinkäufe“.—
ung
sell¬
Man kennt diese kleinen, duftigen, mit verschleierten Ge¬

fühlen tändelnden Dialogstücke Schnitzler's. Etwas von
der Wehmuth Musset's und der Heiterkeit Murger's lebt
in diesen eleganten Miniaturen. Sie vertragen mit
ihrem leisen Duft, ihrer einfachen Melancholie, ihren
subtilen Stimmungen für Amateure kaum den
robusten Bühnenapparat. So konnte sich auch die
intime Szene nicht die ihr gebührende Wirkung
robern. Das ist Literatur, mit der man allein, zu Hause,
sein muß. Herr Cbristians spielte den Anatol, den
analysirenden Lebemann, der mit so viel Geist zu lieben
versteht, diskretsgefühlvoll. Fräulein Sandrock brachte
die halben, versteckten Gefühle der mondainen „Frau aus
01
der Stadt“ vornehm zur Geltung. Darauf folgte
das bekannte Quarteit Bachrich. Jede der treff¬
er lich ausgeführten Nummern dieses köstlichen Quartetts
U. le(I.
ehnin vitdete der Ein¬
akter „Abschiedssouper“ von Schnitzler. Die
unruhige Stimmung, die im Saal herrschte, verschlang den
Zauber dieser feinen Liebesstudie, Pointen und Worte
zerflatterten wirkungslos. Fräulein Sandrock spielte
eine ihr etwas ferne liegende Rolle mit übermüthiger
Kunst, Herr Christians fand den richtigen lronischen
Ton für den Lebemann, der von einer banalen
Liebe feierlichen Abschied nimmt, und Herr Kramer
gestaltete einen überlegenen Kiebitz der Liebe zu
einer hübschen Figur aus. Herrn Schildkraut
war episodistisch komisch. Er spielte einen Chambre
separée=Kellner mit außerordentlich lustigen Abgängen
Eine „schlagende“ Schlußpointe schuf Fräulein Sand¬
rock unversehens, indem sie bei ihrem Abgang in den
Eiscrême, den Herr Schildkraut aufzutragen batte,
derart mit beiden Händen hineinfuhr, daß das Gesicht des¬
selben deutliche Schaumflecke aufwies. Das wirkte natürlich
mehr, als alle vorangegangenen Apercus und Bonmols.
Unter den Gästen des interessanten Abends sah man
die Sektionschefs F3M. Baron Merkl und Baron
Lilienau, die Abgeordneten Noöke und Wrabetz,
Baron Alfons Rothschild jun,, die Schriftsteller
Dr. Schnitzler, Dr. Ebermann, Dr. Hof¬
mann=Bär, aus der Theaterwelt Frau Odilo u,
Herrn und Frau Kadelburg, Fräulein Willy Sand¬
rock, Fräulein Friederike Bognar in Gesellschaft von
Frau Kremer v. Anenrode und deren bildschönen
Tochter, Herrn Natzler vom Raimuxd=Theater und
Herrn Natzler vom Carl=Theater, Frau Emmy
Förster, die demnächst das Theater in der Josefstadt
mit Petersburg vertauscht, Frau Elise Bach und viele
Andere.
Einen unangenehmen Schlußeffekt fand der Novitäten¬
abend mit einer schallenden Novität, von der Hand eines
Komitémitgliedes auf der Wange eines krakehlenden Herrn
inszenirt, welcher die Aufforderung des Komitimitgliedes,
sich ruhig zu verhalten, mit Invektiven erwiderte, und als
das Komitémitglied ihm seine Visitkarte überreichte, die¬
selbe verächtlich auf den Boden hinwarf. Hierauf folgte
die erwähnte schallende Schlußnovität des Novitätenabend.
Es war aber auch wirklich ein Skandal, wie ein Bruch¬
theil des Publikums die Schlußpiece des Programms
durch unaufhörliches Spektakeln störte; es hätten die be¬
treffenden Herrschaften verdient, feinsäuberlich vor die Thür
des Sofiensaales gesetzt zu werden, und es wäre dieses
Auskunftsmittel für ähnliche Fälle in Zukunft entschieden
anzurathen.
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