box 34/5
4. Abschiedssonper
Telefon 12801.
* Untern ehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
2
Nr. 80
„OBSERVER
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus: beibziger Heueste Nachrichten
230Ufl 190
vom
—
Theater.
A. G. Ibsentheater. Mehrere Phasen aus dem Verlaufe unseres
gesellschaftlichen Daseins, von der idealen, schwärmerischen Liebe bis zur
Brautwerbung und dem Hochzeitsabend, zeigte uns die letzte Sonntags¬
aufführung des Ibsentheaters in drei gefälligen, zierlichen Einactern.
Im feinsinnigsten derselben trat uns wieder einmal Artbur
Schnitzlers Anatol entgegen. Wie sich diese „Evisode“ vor Aus ent
wirkene, WieAntol seine ganze Jugend in Gestalt kleiner Liebesandenken
auf den Schreibtisch seines Freundes legte, wie er beichtete, wie er von
dem reinsten Liebestraume seiner Vergangenheit erzählte, von ihr, die
nach seiner innersten Ueberzeugung ohne ihn nicht hatte weiter leben
wie wir diesen Dialog mit seinen
können, die er zermalmte
feinen kleinen Ueberraschungen und seinen glitzernden Perlen ver¬
folgten, drängte sich uns unwillkürlich die Betrachtung auf: Wie
plump, wie unsagbar plump pflegt doch hiergegen die drama¬
in den
tische Muse heutzutage meist noch einherzuschreiten,
Stücken der alten wie der neuen Schule, und wieviel Zeit und Arben nue
noch dazu gehören, um Denkweise und Geschmack des Publicums und auch
der Bühnendichter zu reformiren, bis das feingeistige, künstlerisch aus¬
gereifte, wirklich moderne Drama auf unseren Bühnen die Oberhand ge¬
winnen wird. Auch der scharfe dramatische Abschluß der reizenden
Episode zeigt noch Schnitzlers gewandte Hand. Sie, die Anatol glaubte
zermalmt zu haben, die rothhaarige Bianca, die gefeierte Kunstreiterin
hat sich bei Anatols Freunde angemeldet — und jetzt steht sie vor ihm,
ihrem schwärmerischen Verehrer von ehemals. Ob sie ihn noch kennt?
O ja, wo sollte sie ihn doch hinthun, war er nicht mit ihr in — Peters¬
burg gewesen? Der arme Anato]! Er hatte Petersburg nie gesehen, und
das war die Dame, von der er glaubte, sie sei aus Liebe zu ihm zu
Grunde gegangen. Fluchtartig verläßt er das Local, und die schöne
10 Bianca erzählt von ihrem letzten Abenteuer in Petersburg und morgen
*
20 wird sie auch dies wieder vergessen haben wie den guten
„
Der gewandten dramatischen Zeichnung und dem
50 Anatol.
" 100 anregenden Dialog Schnitzlers ähnelt auch Otto Erich Hartlebens Art
in seiner schalkhaften kleinen Comödie „Die sittliche Forderung“, ein Stück, —
Abonn das unser Publicum aus den früheren Aufführungen der Litterarischen
Abonn Gesellschaft bereits kennt. Auch hier hat man die wohlthuende zwanglose
Entwickelung, den fein pointirten und doch ungezwungenen Dialog. Vor
uns offenbart sich der Charakter eines Weibes, das eine demüthigende Zu¬
muthung — sie sollte den Vater ihres Geliebten heirathen — und eine
bittere Enttäuschung — der Geliebte hatte nicht die Courage, gegen seinen
Vater aufzutreten — aus dem Elternhause getrieben hat. Die arme
Erna Hattenbach aus Rudolstadt lernte Hunger und Elend kennen,
in den niedrigsten Localen sammelte sie Brot, Groschen und Gemeinheiten,
bis sie sich endlich als Rita Revera auf der Bühne des Variététheaters¬
einen berühmten Namen geschaffen hat. Und nun weist sie die Hand des
guten, feigen Jungen von damals, dessen sinliche Forderungen so weit ab
von wahrer Moral liegen, stolz zurück und er begnügt sich schließlich mit
der Rolle des Anbeters, wie sie sie zu Dutzenden zu ihren Füßen sieht. —
Den Einactern Schnitzlers und Hartlebens ging ein gleichfalls einactiges!
Lustspiel von Peter Nansen „Ein Hochzeitsabend“ voran. Auch
hier ist Zeichnung und Dialog, wie die ganze Structur modern, doch ist
der Gedankeninhalt etwas dürstia. Es lohnt kaum, von der Tasse Thee zu
reden, die die junge Frau nach Weisung ihrer Mutter vor dem Schlafen¬
gehen durchaus trinken soll, und von den drolligen Störungen des jungen
Paares durch das pflichteifrige Dienstmädchen. Immerhin hatte auch
dieser kleine Scherz seinen Erfolg, und das bis auf den letzten Platz
des Nord¬
ausverkaufte Haus brachte auch dem Namensvetter
In allen drei Stücken spielten Herr
volfahrers seinen Beifall.
Arthur Waldemar und Frau Helene Riechers die führenden
Rollen, nur in Schnitzlers Stück gesellte sich Herr Engen Albu###s
Vnatol ihnen zu. Die Darstellung war eine elegante, den zartsinnigen
Wichtungen durchaus entsprechende, und Herr Waldemar wie Frau=###
verständen sich darauf, an einem Abende dreimal einen anderen M
anzuziehen. Auch Herr Albu löste seine Aufgabe, die Sch#
Anatols wiederzugeben; recht nett. In kleine Rollen
Geschick noch Frl. Margot und Frl. Bach
4. Abschiedssonper
Telefon 12801.
* Untern ehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
2
Nr. 80
„OBSERVER
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus: beibziger Heueste Nachrichten
230Ufl 190
vom
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Theater.
A. G. Ibsentheater. Mehrere Phasen aus dem Verlaufe unseres
gesellschaftlichen Daseins, von der idealen, schwärmerischen Liebe bis zur
Brautwerbung und dem Hochzeitsabend, zeigte uns die letzte Sonntags¬
aufführung des Ibsentheaters in drei gefälligen, zierlichen Einactern.
Im feinsinnigsten derselben trat uns wieder einmal Artbur
Schnitzlers Anatol entgegen. Wie sich diese „Evisode“ vor Aus ent
wirkene, WieAntol seine ganze Jugend in Gestalt kleiner Liebesandenken
auf den Schreibtisch seines Freundes legte, wie er beichtete, wie er von
dem reinsten Liebestraume seiner Vergangenheit erzählte, von ihr, die
nach seiner innersten Ueberzeugung ohne ihn nicht hatte weiter leben
wie wir diesen Dialog mit seinen
können, die er zermalmte
feinen kleinen Ueberraschungen und seinen glitzernden Perlen ver¬
folgten, drängte sich uns unwillkürlich die Betrachtung auf: Wie
plump, wie unsagbar plump pflegt doch hiergegen die drama¬
in den
tische Muse heutzutage meist noch einherzuschreiten,
Stücken der alten wie der neuen Schule, und wieviel Zeit und Arben nue
noch dazu gehören, um Denkweise und Geschmack des Publicums und auch
der Bühnendichter zu reformiren, bis das feingeistige, künstlerisch aus¬
gereifte, wirklich moderne Drama auf unseren Bühnen die Oberhand ge¬
winnen wird. Auch der scharfe dramatische Abschluß der reizenden
Episode zeigt noch Schnitzlers gewandte Hand. Sie, die Anatol glaubte
zermalmt zu haben, die rothhaarige Bianca, die gefeierte Kunstreiterin
hat sich bei Anatols Freunde angemeldet — und jetzt steht sie vor ihm,
ihrem schwärmerischen Verehrer von ehemals. Ob sie ihn noch kennt?
O ja, wo sollte sie ihn doch hinthun, war er nicht mit ihr in — Peters¬
burg gewesen? Der arme Anato]! Er hatte Petersburg nie gesehen, und
das war die Dame, von der er glaubte, sie sei aus Liebe zu ihm zu
Grunde gegangen. Fluchtartig verläßt er das Local, und die schöne
10 Bianca erzählt von ihrem letzten Abenteuer in Petersburg und morgen
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20 wird sie auch dies wieder vergessen haben wie den guten
„
Der gewandten dramatischen Zeichnung und dem
50 Anatol.
" 100 anregenden Dialog Schnitzlers ähnelt auch Otto Erich Hartlebens Art
in seiner schalkhaften kleinen Comödie „Die sittliche Forderung“, ein Stück, —
Abonn das unser Publicum aus den früheren Aufführungen der Litterarischen
Abonn Gesellschaft bereits kennt. Auch hier hat man die wohlthuende zwanglose
Entwickelung, den fein pointirten und doch ungezwungenen Dialog. Vor
uns offenbart sich der Charakter eines Weibes, das eine demüthigende Zu¬
muthung — sie sollte den Vater ihres Geliebten heirathen — und eine
bittere Enttäuschung — der Geliebte hatte nicht die Courage, gegen seinen
Vater aufzutreten — aus dem Elternhause getrieben hat. Die arme
Erna Hattenbach aus Rudolstadt lernte Hunger und Elend kennen,
in den niedrigsten Localen sammelte sie Brot, Groschen und Gemeinheiten,
bis sie sich endlich als Rita Revera auf der Bühne des Variététheaters¬
einen berühmten Namen geschaffen hat. Und nun weist sie die Hand des
guten, feigen Jungen von damals, dessen sinliche Forderungen so weit ab
von wahrer Moral liegen, stolz zurück und er begnügt sich schließlich mit
der Rolle des Anbeters, wie sie sie zu Dutzenden zu ihren Füßen sieht. —
Den Einactern Schnitzlers und Hartlebens ging ein gleichfalls einactiges!
Lustspiel von Peter Nansen „Ein Hochzeitsabend“ voran. Auch
hier ist Zeichnung und Dialog, wie die ganze Structur modern, doch ist
der Gedankeninhalt etwas dürstia. Es lohnt kaum, von der Tasse Thee zu
reden, die die junge Frau nach Weisung ihrer Mutter vor dem Schlafen¬
gehen durchaus trinken soll, und von den drolligen Störungen des jungen
Paares durch das pflichteifrige Dienstmädchen. Immerhin hatte auch
dieser kleine Scherz seinen Erfolg, und das bis auf den letzten Platz
des Nord¬
ausverkaufte Haus brachte auch dem Namensvetter
In allen drei Stücken spielten Herr
volfahrers seinen Beifall.
Arthur Waldemar und Frau Helene Riechers die führenden
Rollen, nur in Schnitzlers Stück gesellte sich Herr Engen Albu###s
Vnatol ihnen zu. Die Darstellung war eine elegante, den zartsinnigen
Wichtungen durchaus entsprechende, und Herr Waldemar wie Frau=###
verständen sich darauf, an einem Abende dreimal einen anderen M
anzuziehen. Auch Herr Albu löste seine Aufgabe, die Sch#
Anatols wiederzugeben; recht nett. In kleine Rollen
Geschick noch Frl. Margot und Frl. Bach