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4. Abschiedssenner
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Der sammle still und unerschlafft im kleinsten Punkle die höchste Kraft.
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Theatralische Plauderecke.
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per. 1
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Tee
ck ahee kr..
ARAR
1.
P
g.
U IIET
Vom Ibsentheater in Leipzig.
p 7
Das Ibsentheater hat seine Pforten geschlossen.
ie letzten Aufführungen galten indeß nicht dem
lein selig machenden Ibsen, sondern wir sahen
tehrere Stücke moderner Autoren, und zwar ein
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gar Einakter und einen bisher noch nirgends ge¬
EN
1 44
benen Schwank.
S
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Die dramatischen Einakter sind ein leicht¬
flügeltes Genre, das sich aber nicht so leicht für
D
Theater einfangen läßt; es gehört dazu große
S
andtheit. Die Franzosen sind darin Meister
T
auch die Bluetten der sogenannten modernen
G
oren haben ihre Vorbilder an der Seine zu
zeugnissen solcher unausgegoh¬
andere Einakter „Das Ab¬
en — und nicht an den norwegischen Fjords,
renen Talente nicht abzuwenden,
schiedssouper“. Da handelt es sich eben¬
n der alte Grübler und psychologische Nußknacker
1
falls um eine zu Grabe getragene Illusion.
doch sie sind ungefährlich, wenn
in braucht mehrere Akte, um den Adepten seine
die Dichter gute Lehren aus den¬
Ein junger Lebemann will seiner Ballett¬
jeheime Weisheit auseinander zu setzen. Da ist
bekanntschaft den Abschied geben und fürchtet,
selben ziehen müssen. „Fritz Schwigerling“
burschikose Otto Erich Hartleben von ganz
hatte einen Mißerfolg, und dies Stück sollte
daß dies zu einer recht tragischen Seene
erer Art; er faßt sich kurz und findet in einem
, gerade in die Bahnen einlenken, wo die
führen werde; um deren Schrecken zu mildern,
sakter Zeit genug, der üblichen Moral ein Bein
Lorbeern und Tantièmen für die Bühnen¬
hat er einen guten Freund eingeladen; doch
stellen. Seine „sittliche Forderung“ ist schon
schriftsteller blühen. Ibsen und alle modernen
die sehr hungrige und durstige Ballettdame läßt sich
üher von der litterarischen Gesellschaft zur Auf¬
das Souper vortrefflich schmecken und überrascht den
Heiligen hatten keinen Teil daran — es sollte einer
ihrung gebracht worden. Durch die vortreffliche
der Schwänke sein, von denen zwölf auf ein
Galan mit der Enthüllung, daß sie ihn selbst in
arstellung, welche diesmal Helene Riechers der
aller Stille schon verabschiedet und auch schon einen
Dutzend gehen, die aber den Weg über alle
otten Konzertsängerin Rita Riviera, einer Magda
Bühnen machen. Doch dazu fehlt dem Dichter,
Ersatz für ihn gefunden hat. Diese letzte Ent¬
hne tragischen Vatermord, zu Teil werden ließ,
der sich wie alle Modernen in Probleme hinein¬
hüllung spielt sie indeß erst zögernd als einen
jewann das Stück den Reiz der Neuheit.
gegrübelt hat, die Unbefangenheit; es giebt Albern¬
Trumpf aus der Hinterhand aus, nachdem er, wie
Eigentlich ist es nur eine Satire auf die
heiten, die nicht Gelächter erregen, und daran ist
sie sagt, so schamlos gewesen ist, das gleiche Ge¬
Moralprediger, deren Werke nicht mit ihren Worten
ständnis zu machen. Der Ton in diesen Einaktern
das Stück sehr reich. Auch die Schwankfiguren
übereinstimmen; aber dahinter lauert ein bös¬
müssen lebensfähig, von gesundem Schrot und
ist pikant und slott; das Millen aber atmet die
williger Hohn auf die sittlichen Forderungen über¬
Korn sein, aber die Figuren in diesem Stück sind
ungesunde Atmosphäre des hauptstädtischen Jung¬
haupt, die im Leben so leicht in die Brüche gehen.
innerlich ausgehöhlt, sie parodieren sich selbst; es
gesellenlebens. Helene Riechers war eine Demi¬
Ein anderer, an zwei Abenden gegebener Ein¬
sind Marionetten. Auch der ethnographische
monde=Dame de pur sang in beiden Stücken und
akter: „Ein Hochzeitabend“ von Peter Nansen ist
Humor, wenn man so sagen will, vermag das
wußte die Heldinnen ganz gut zu nüancieren, ohne
sehr hausbackener Art und versucht es vergebens,
Stück nicht zu retten. Daß im heiligen Rußland
daß der Typus das eine oder das andere Mal
sich den Anschein der Pikanterie zu geben. Die
sehr viel getrunken und geprügelt wird, ist all¬
verblaßte. Auch die Herren Waldemar und Albn
Störungen, welche die sorgsame Haushälterin durch
gemein bekannt. Dies geschieht aber ohne
gaben ihren Lebemännern ein frisches und flottes
ihr fortwährendes Eindringen in die Gemächer des
allen Humor — und so ist auch der Graf
Wesen.
jungen Ehepaares hervorruft, sind mehr trivial
Rogoschin, der Knutenpädagog, mehr eine un¬
Der Schützling der Karl Heine'schen Direktion
als komisch, und die Tasse Thee bildet eine matte
angenehme, als eine komische Persönlichkeit,
ist der iunge Dichter Frank Wedekind, der zugleich
Schlußpointe.
und selbst seine Manipulationen mit dem Zauber¬
darstellender Künstler ist; sein „Erdgeist“ erschien
Dagegen haben die beiden Einakter von
trank, den er einnehmen soll, ohne an einen
wieder auf der Bühne und am Schluß auch ein
Schnitzler, die sich an zwei Theaterabenden ablösten,
Bären zu denken, während ihm gerabe in
mehraktiger Schwank: „Fritz Schwigerling“. Der
leichtes Pariser=Bint. Dieser Jungwiener, dessen
Folge dieses Verbots der Bär beständig vor¬
Erdgeist hat geniale Züge, obschon die wüsten
größeres Schauspiel „Freiwild“ allerdings bei aller
schwebt, beuten ein komisches Motiv allzu sehr
Schlußscenen stets Opposition erregen werden.
Konsequenz doch wie eine dramatische Konstruktion
aus. Der eigentliche Held des Stückes, einer der
Wedekind hatte einen Prolog dazu gedichtet, den
zum Beweise eines Lehrsatzes gemahnt, hat einen
vornehmsten Libertins und Zauberkünstler aller
er selbst sprach. Das war keine langweilige Ge¬
pikanten Ton, und wenn auch manches in seinen
Zeiten, der siebenmal verheiratet war, dieser
legenheitsdichtung wie die meisten Prologe zu sein
Einaktern nicht psychologisch haltbar ist, so sieht
Schwigerling, der à la Narciß in der Frau des
pflegen, selbst viele des großen Goethe mit ihren
man doch darüber hinweg, und weil die Handlung
Grafen seine eigene erste Frau wi. dererkennt, ist
Der Prolog Wede¬
strohernen Allegorieen.
selbst amüsant ist, so schenkt man auf Augenblicke
eine Figur buntscheckigster Art, die aus den ver¬
kinds war allerdings originell, doch sehr bizarr
ihren Voraussetzungen Glauben, so wenig glaub¬
schiebensten Lumpen der Romankapitel zusammen¬
und stand wiederum auf einer gefährlichen Spitze.
würdig sie an sich sind. So mutet uns der
gestoppelt ist, und läßt sich von dem Darsteller
Er erschien als einer jener Ausrufer der Jahr¬
für
Autor in dem Einakter „Episode“ zu, es
nicht glaubwürdig gestalten. So hatte Herr Henze
marktsmenagerien, welche das Publikum in die
möglich zu halten, daß ein Don Juan, der sein
einen schwereren Stand als Herr Kalkschmidt mit
Bude locken, rühmte seine Bestien, brachte ein
ganzes Sündenregister vor seinem Freunde und
seinem beschnapsten Nationalrussen. Und gar das
Exemplar derselben zum Vorschein und zeigte es
uns mit allen Belegen von Briefen und Liebes¬
Fräulein Catharina Alexandrowna, die Tier¬
gleichsam ver. Das war der Erdgeist des Stückes,
intriguen auskramt, einmal eine kurze Liebes¬
bändigerin, die sich nach dem Cirkus sehnt und
Leonie Taliansky, die sich gefallen lassen mußte,
episode erlebt hat, die ihm unvergessen bleibt,
die den russischen Grafen ablehnt, weil er zu
als wilde Bestte aus einer Tierbude auf das
weil er sich von der Heldin derselben wahrhaft geliebt
dumm ist, obschon ihre eigene Intelligenz auch
Proscenium geschleppt zu werden. Das neueste
glaubt. Warum? Das sieht man freilich nicht
nicht eine erste Nummer verdient — ist sie nicht
Stück von Frank Wedelind „Fritz Schwigerling“
recht ein. Er hat nun einmal diese Illusion und
ein anständiger Erdgeist und konnte ihn nicht
stieß aber auf eine viel lebhaftere Opposition als
die Pointe besteht darin, daß sie grausam zerstört
Leonie Taliansky mit derselben Wildheit spielen,
der Erdgeist, nicht etwa, weil die Schlußseenen
wird. Denn die Dame erscheint, die ihn damit
wie den anderen, der sich ins Lüderliche ind
darin noch heikler und gewagter waren, denn das
beglückt hat, eine Cirkusdame, und sie besinnt sich
Mörderische ausgewachsen hat? Das Stück ist
ist kaum möglich, sondern weil in diesem ganzen
nicht auf ihn und verwechselt ihn mit einem
jedenfalls eine Jugendarbeit, es herrscht darin eine
Schwank nichts Belustigendes vorkommt; es sind
Petersburger Bekannten. Dies ist ihr nicht übel
tendenzlose Wildheit, man vermißt noch darin die
lauter Karikaturen, die aber nicht komisch wirken,
zu nehmen, da sie gewiß eben so gut wie der
Accente des Modernen — aber man hätte sie
weil überhaupt zu viel wunderlicheres Zeug in
junge Herr mit einem ganzen Bündel von Liebes¬
nicht herausgraben sollen, sie wäre am besten mit
dieser Komödie aufgestapelt ist. Frank Wedekind
erinnerungen aufwarten könnte. Dieser ist aber
andern dramarischen Schulexereitien der Nachwelt
ist als Lyriker und Dramatiker ein echter Stürmer
um seine einzige Illusion ärmer geworden und
und Dränger, talentvoll, aber ungeregelt in Allem,
vorenthalten worden. Rudolf von Gottschall.
stürzt von dannen, während sie sich mit dem
und ob er diese Epoche der Gährung glücklich
Freunde, einer nicht bloß episodischen Bekanntschaft,
überstehen wird, das ist die Frage, von der seine
tröstet.
——0
Und ein Pendant zu diesem Stücke ist der Zukunft abhängt. Mißerfolge sind bei den Er¬
4. Abschiedssenner
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Der sammle still und unerschlafft im kleinsten Punkle die höchste Kraft.
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Theatralische Plauderecke.
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g.
U IIET
Vom Ibsentheater in Leipzig.
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Das Ibsentheater hat seine Pforten geschlossen.
ie letzten Aufführungen galten indeß nicht dem
lein selig machenden Ibsen, sondern wir sahen
tehrere Stücke moderner Autoren, und zwar ein
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gar Einakter und einen bisher noch nirgends ge¬
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benen Schwank.
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Die dramatischen Einakter sind ein leicht¬
flügeltes Genre, das sich aber nicht so leicht für
D
Theater einfangen läßt; es gehört dazu große
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andtheit. Die Franzosen sind darin Meister
T
auch die Bluetten der sogenannten modernen
G
oren haben ihre Vorbilder an der Seine zu
zeugnissen solcher unausgegoh¬
andere Einakter „Das Ab¬
en — und nicht an den norwegischen Fjords,
renen Talente nicht abzuwenden,
schiedssouper“. Da handelt es sich eben¬
n der alte Grübler und psychologische Nußknacker
1
falls um eine zu Grabe getragene Illusion.
doch sie sind ungefährlich, wenn
in braucht mehrere Akte, um den Adepten seine
die Dichter gute Lehren aus den¬
Ein junger Lebemann will seiner Ballett¬
jeheime Weisheit auseinander zu setzen. Da ist
bekanntschaft den Abschied geben und fürchtet,
selben ziehen müssen. „Fritz Schwigerling“
burschikose Otto Erich Hartleben von ganz
hatte einen Mißerfolg, und dies Stück sollte
daß dies zu einer recht tragischen Seene
erer Art; er faßt sich kurz und findet in einem
, gerade in die Bahnen einlenken, wo die
führen werde; um deren Schrecken zu mildern,
sakter Zeit genug, der üblichen Moral ein Bein
Lorbeern und Tantièmen für die Bühnen¬
hat er einen guten Freund eingeladen; doch
stellen. Seine „sittliche Forderung“ ist schon
schriftsteller blühen. Ibsen und alle modernen
die sehr hungrige und durstige Ballettdame läßt sich
üher von der litterarischen Gesellschaft zur Auf¬
das Souper vortrefflich schmecken und überrascht den
Heiligen hatten keinen Teil daran — es sollte einer
ihrung gebracht worden. Durch die vortreffliche
der Schwänke sein, von denen zwölf auf ein
Galan mit der Enthüllung, daß sie ihn selbst in
arstellung, welche diesmal Helene Riechers der
aller Stille schon verabschiedet und auch schon einen
Dutzend gehen, die aber den Weg über alle
otten Konzertsängerin Rita Riviera, einer Magda
Bühnen machen. Doch dazu fehlt dem Dichter,
Ersatz für ihn gefunden hat. Diese letzte Ent¬
hne tragischen Vatermord, zu Teil werden ließ,
der sich wie alle Modernen in Probleme hinein¬
hüllung spielt sie indeß erst zögernd als einen
jewann das Stück den Reiz der Neuheit.
gegrübelt hat, die Unbefangenheit; es giebt Albern¬
Trumpf aus der Hinterhand aus, nachdem er, wie
Eigentlich ist es nur eine Satire auf die
heiten, die nicht Gelächter erregen, und daran ist
sie sagt, so schamlos gewesen ist, das gleiche Ge¬
Moralprediger, deren Werke nicht mit ihren Worten
ständnis zu machen. Der Ton in diesen Einaktern
das Stück sehr reich. Auch die Schwankfiguren
übereinstimmen; aber dahinter lauert ein bös¬
müssen lebensfähig, von gesundem Schrot und
ist pikant und slott; das Millen aber atmet die
williger Hohn auf die sittlichen Forderungen über¬
Korn sein, aber die Figuren in diesem Stück sind
ungesunde Atmosphäre des hauptstädtischen Jung¬
haupt, die im Leben so leicht in die Brüche gehen.
innerlich ausgehöhlt, sie parodieren sich selbst; es
gesellenlebens. Helene Riechers war eine Demi¬
Ein anderer, an zwei Abenden gegebener Ein¬
sind Marionetten. Auch der ethnographische
monde=Dame de pur sang in beiden Stücken und
akter: „Ein Hochzeitabend“ von Peter Nansen ist
Humor, wenn man so sagen will, vermag das
wußte die Heldinnen ganz gut zu nüancieren, ohne
sehr hausbackener Art und versucht es vergebens,
Stück nicht zu retten. Daß im heiligen Rußland
daß der Typus das eine oder das andere Mal
sich den Anschein der Pikanterie zu geben. Die
sehr viel getrunken und geprügelt wird, ist all¬
verblaßte. Auch die Herren Waldemar und Albn
Störungen, welche die sorgsame Haushälterin durch
gemein bekannt. Dies geschieht aber ohne
gaben ihren Lebemännern ein frisches und flottes
ihr fortwährendes Eindringen in die Gemächer des
allen Humor — und so ist auch der Graf
Wesen.
jungen Ehepaares hervorruft, sind mehr trivial
Rogoschin, der Knutenpädagog, mehr eine un¬
Der Schützling der Karl Heine'schen Direktion
als komisch, und die Tasse Thee bildet eine matte
angenehme, als eine komische Persönlichkeit,
ist der iunge Dichter Frank Wedekind, der zugleich
Schlußpointe.
und selbst seine Manipulationen mit dem Zauber¬
darstellender Künstler ist; sein „Erdgeist“ erschien
Dagegen haben die beiden Einakter von
trank, den er einnehmen soll, ohne an einen
wieder auf der Bühne und am Schluß auch ein
Schnitzler, die sich an zwei Theaterabenden ablösten,
Bären zu denken, während ihm gerabe in
mehraktiger Schwank: „Fritz Schwigerling“. Der
leichtes Pariser=Bint. Dieser Jungwiener, dessen
Folge dieses Verbots der Bär beständig vor¬
Erdgeist hat geniale Züge, obschon die wüsten
größeres Schauspiel „Freiwild“ allerdings bei aller
schwebt, beuten ein komisches Motiv allzu sehr
Schlußscenen stets Opposition erregen werden.
Konsequenz doch wie eine dramatische Konstruktion
aus. Der eigentliche Held des Stückes, einer der
Wedekind hatte einen Prolog dazu gedichtet, den
zum Beweise eines Lehrsatzes gemahnt, hat einen
vornehmsten Libertins und Zauberkünstler aller
er selbst sprach. Das war keine langweilige Ge¬
pikanten Ton, und wenn auch manches in seinen
Zeiten, der siebenmal verheiratet war, dieser
legenheitsdichtung wie die meisten Prologe zu sein
Einaktern nicht psychologisch haltbar ist, so sieht
Schwigerling, der à la Narciß in der Frau des
pflegen, selbst viele des großen Goethe mit ihren
man doch darüber hinweg, und weil die Handlung
Grafen seine eigene erste Frau wi. dererkennt, ist
Der Prolog Wede¬
strohernen Allegorieen.
selbst amüsant ist, so schenkt man auf Augenblicke
eine Figur buntscheckigster Art, die aus den ver¬
kinds war allerdings originell, doch sehr bizarr
ihren Voraussetzungen Glauben, so wenig glaub¬
schiebensten Lumpen der Romankapitel zusammen¬
und stand wiederum auf einer gefährlichen Spitze.
würdig sie an sich sind. So mutet uns der
gestoppelt ist, und läßt sich von dem Darsteller
Er erschien als einer jener Ausrufer der Jahr¬
für
Autor in dem Einakter „Episode“ zu, es
nicht glaubwürdig gestalten. So hatte Herr Henze
marktsmenagerien, welche das Publikum in die
möglich zu halten, daß ein Don Juan, der sein
einen schwereren Stand als Herr Kalkschmidt mit
Bude locken, rühmte seine Bestien, brachte ein
ganzes Sündenregister vor seinem Freunde und
seinem beschnapsten Nationalrussen. Und gar das
Exemplar derselben zum Vorschein und zeigte es
uns mit allen Belegen von Briefen und Liebes¬
Fräulein Catharina Alexandrowna, die Tier¬
gleichsam ver. Das war der Erdgeist des Stückes,
intriguen auskramt, einmal eine kurze Liebes¬
bändigerin, die sich nach dem Cirkus sehnt und
Leonie Taliansky, die sich gefallen lassen mußte,
episode erlebt hat, die ihm unvergessen bleibt,
die den russischen Grafen ablehnt, weil er zu
als wilde Bestte aus einer Tierbude auf das
weil er sich von der Heldin derselben wahrhaft geliebt
dumm ist, obschon ihre eigene Intelligenz auch
Proscenium geschleppt zu werden. Das neueste
glaubt. Warum? Das sieht man freilich nicht
nicht eine erste Nummer verdient — ist sie nicht
Stück von Frank Wedelind „Fritz Schwigerling“
recht ein. Er hat nun einmal diese Illusion und
ein anständiger Erdgeist und konnte ihn nicht
stieß aber auf eine viel lebhaftere Opposition als
die Pointe besteht darin, daß sie grausam zerstört
Leonie Taliansky mit derselben Wildheit spielen,
der Erdgeist, nicht etwa, weil die Schlußseenen
wird. Denn die Dame erscheint, die ihn damit
wie den anderen, der sich ins Lüderliche ind
darin noch heikler und gewagter waren, denn das
beglückt hat, eine Cirkusdame, und sie besinnt sich
Mörderische ausgewachsen hat? Das Stück ist
ist kaum möglich, sondern weil in diesem ganzen
nicht auf ihn und verwechselt ihn mit einem
jedenfalls eine Jugendarbeit, es herrscht darin eine
Schwank nichts Belustigendes vorkommt; es sind
Petersburger Bekannten. Dies ist ihr nicht übel
tendenzlose Wildheit, man vermißt noch darin die
lauter Karikaturen, die aber nicht komisch wirken,
zu nehmen, da sie gewiß eben so gut wie der
Accente des Modernen — aber man hätte sie
weil überhaupt zu viel wunderlicheres Zeug in
junge Herr mit einem ganzen Bündel von Liebes¬
nicht herausgraben sollen, sie wäre am besten mit
dieser Komödie aufgestapelt ist. Frank Wedekind
erinnerungen aufwarten könnte. Dieser ist aber
andern dramarischen Schulexereitien der Nachwelt
ist als Lyriker und Dramatiker ein echter Stürmer
um seine einzige Illusion ärmer geworden und
und Dränger, talentvoll, aber ungeregelt in Allem,
vorenthalten worden. Rudolf von Gottschall.
stürzt von dannen, während sie sich mit dem
und ob er diese Epoche der Gährung glücklich
Freunde, einer nicht bloß episodischen Bekanntschaft,
überstehen wird, das ist die Frage, von der seine
tröstet.
——0
Und ein Pendant zu diesem Stücke ist der Zukunft abhängt. Mißerfolge sind bei den Er¬