III, Einakter 1, (Anatol), Die Frage an das Schicksal, Seite 17

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1. Die Frage an das Schi
Zeitung: Berliner Allgemeine Zeitung
Adresse: Berlin
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Datum:
„ Arthur-Schnitzler-Abend..
Theater in der Königgrützer Straße
Oier Einaklepk Darunter zwei — aus dem Anaiol=Hyklus —,
müde und mätt, zu bleiern und zu unbedautend spielerisch, um
auf der Bühne Leben zu gewinnen. Sie liegen an der Kette der
Belanglosigkeit, die auch eifrigstes, schartpielerisches Bemühen nicht
zu sprengen vermaß.
Vergebens setzten sich in der „Frage an das Schicksal“
Engen Burg und Maria Orska, vergebens in den „Denk¬
steinen“ derselbe Darsteller und Irene Triesch für den Erfolg
ein. Zwar gab es einen freundlichen Beifall, aber er galt wohl
mehr der Beltebtheit des Schauspielertrios, dem sich Alexander
Eckerts behäbige Komik zugesellte, als Schnitzlers Schnitzeln,
von denen die „Denksteine" bicher den Berliner Bühnen fremd ge¬
Blieben. Sie funkeln zwar hin und wieder, sind aber trotzdem kein
echter Schnitzler, sondern nur Stmilt.
Anatol am Vorabend seiner Hochzeit mit Emilie, der Schön¬
heit mit der bewegten Vergangenheit! Alle Liebeserinnerungen hat
sie vernichtet, nur zwei Steine findet Anatol noch in ihrem Schreib¬
tisch. Einen Rubin, den sie zum Gedächtnis an den Augenblick
aufbewahrt, der sie zum Welbe machte. Auf Anatole Drängen
schlendert sie ihn aus dem Feuster. Aber als er den gweiten Stein,
den schwarzen Diamanten, ins Feuer wirft und mit ihm eine halbe
Million — da schreit ste auf. Und an diesem Schrei erkennt er die
Dirne und verlüßt sie.
Auf diese langgestreckte Plauderei mit der winzigen Pointe
folgten die Schnitzler=Schlager; das sehr oft gespielte „Abschieds¬
souper“ und der weniger häufig gegebeue, aber fast ebenso wert¬
volle Einakter „Literatur“. Da meldete sich wieder die Frende
an der seinen Kultur, dem funkeinden Getst und dem feinge¬
schliffenen Dialog, mit denen diese beiden Werkchen gesegnet sind.
Erlesene Leckerbissen — wie ergößlich werden in „Literatur“ die
Intimitäten schriftstellerischen Schaffens glossiert! —die genieße¬
risch entgegengenommen wurden und den Schnitzer=Abend erst zu
einem Abend des Vergnügens gestalteten. Im „Abschiedssonper“
speühte Fräulein Orskas Temperament Funken und gab über¬
mütigster Lanne lebendigsten Ansdruck, in „Literatur“ bemühte sich
Frau Triesch, ohne daß sie die innere Leichtigkeit dafür auf¬
bringen konnte, geschmeidig, überlegen und pikant zu sein! Eugen
Burg ging als ein Lebemann des Lusispiels durch alle vier
J. Kn. ##
Stlicke.

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Zeitung: Deutsche Warte
Adresse: Berlin
Datum: X
Theater in der Königgrätzer Straße1
Arthur Schnitzler=Abend: „Die Frage an das
Schicksal“
„Denksteine" und „Abschieds¬
souper“. Spielleitung: Ernst Welisch.
Nach Strindberg und Wedekind jetzt zur Abwechslung Schnitz¬
ler. Nach dem himmelstürmenden, selbstquälerischen Grübler und¬
nach dem Zyniker der seine dekadente Skeptiker, der mit leiser
Ironie des Lebens seltsam verschlungenes Sviel zeichnet. Es ist
lange her, daß die Anatol=Einakter, die wir gestern sahen, in Berlin
gespielt sind, und noch länger ist es her, daßder fast un¬
ichnitzlerische, paredissiche „Literatur=Schlnank über die Bühne
ging. Wenn man dem letzten Stück, der Verulkung eines jetzt fast
verklungenen Kaffechaus=Literatentums diese parodistische Note be¬
der Aufführung verstärkte, so tat man recht daran. Die literarische
Erinnerung wurde damit gleichzeitig zu einem Halbstündchen unge
trüvter Heiterkeit. Aus dem unatol=Zyklus halte man „Die Frags#
an das Schichsal“, die „Denksteine“ und das prachtvolle „Abschiedsl
squper“ ausgenählt. Sie verlangen viel sorgsamere Darstellung
als die ziemlich harmlose „Literatur“. Es schwebt über ihnen ein
seltsamer, freilich ungesunder und doch so reizvoller Duft einess
müden, sehnsuchtsvollen Aesthetentums, der jeder darstellerischen
Vergröberung abhold ist.
Diesen Ton hat die sonst feinsinnige Spielleitung Ernst
Welischs nicht immer zu treffen und zu wahren gewußt. Schon¬
daß man die drei Kleinigkeiten in einen allzu modernen, wenn auch
von Svend Gadas Künstlerauge gesehenen Rahmen spannte, stats
ihm die kleine zeitliche Distanz zu belassen, war ein Fehler. Auch
die Spieler boten teinen echten Schnitzler. Eugen Burg, der
penn ich nicht sehr irre, vor Jahren einmal ein vorzüglicher Anatol
gewesen ist, hat sich inzwischen leider auf einen ganz anderens
Typ (siehe „Derlorene Tocher"!) eingespielt. Er ist auch nicht der
junge Anatol, der zarte, feine, schlanke, dekadente, wie ihn der###
Dichter sich denkt. Und so gelang ihm nur restlos die Karikalurg
des Sportaristokraten im letzten Stück. Aehnliches gilt von Alex¬
ander Ekert. Auch sein Max, Anatols Gegenspieler, war viell
zu gesund, zu dick, zu jovial; die Literaturtype Gilbert dagegen bot
überraltigende Komik. Noch weniger, so schmerzlich es zu sagen
ist, fanden sich die Damen Frau Triesch und Frl. Orska
in die Schnitziersche Tonart hinein. Die hypnotisierte Cora der
Orska mochte allenfalls befriedigen. Der wohl unsterblichen Annie
des Abschiedssoupers fehlte aber nicht nur das Wienerische, sondern
svor allem die urwüchsige Naivität. Schnitzlers Annie ist das senti¬
mentale Kind aus kleinsten Verhältnissen. Die Annie der Orska
über eine nicht allzu ertfernte Verwandte der Lulu. Frau
Triesch, in dem Spiel von den beiden Erinnerungssteinen auch
in Aeußeren wenig glücklich, war als Ramanschreiberin Margret

freilich recht inieressant, wenn sie auch leider den ihr so gänzlich
fehlenden Humor bisweilen durch groteske Uebertreibung zu er¬
Dr. Kastner.
setzen versuchte.