V, Textsammlungen 1, Die Frau des Weisen. Novelletten, Seite 20


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Wei
Die Frauen
380 —
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Höhe — sie fühlte sich fortgeschleudert — wollte sich an etwas klammern,
aber wenn er dann auf der Bühne stand, dann war er feige. Dann glaubte
und plötzlich fühlte sie sich auf dem Boden liegen und eine
griff ins Leere —
er nicht mehr an seine Fähigkeiten, dann sprach er mechanisch seine Rolle —
ungeheure schwere Stille brach herein, als wenn sie fern von aller Welt und
Er war zu feig!
und ging. —
röllig einsam wäre.“
Sein Ehrentag! Der hatte ihm den Rest gegeben!
Der Wagen war gestürzt, sie lag am Boden und neben ihr der Geliebte
Einige junge Leute hatten sich eines Abends den Spaß gemacht,
blutig —
— durch eine
den Schmierenkomödianten
Friedrich Roland
Und während der Kutscher Leute herbeiholt, da steigt es in ihr auf:
ihn

große Clique immer wieder hervorrufen zu lassen. Sie schrien und
„Wenn man mich hier sieht, mich, die verheiratete Frau, dann bin ich fertig
ja ein
Hoch
großartig
klatschten und brüllten: Bravo
und sie springt auf, laßt den Mann, an dessen Herzen sie
für immer
Lorbeerkranz fehlte nicht, mit einer großen Schleife: „Dem genialen
noch eben geruht — dessen Küsse sie noch eben getrunken — läßt ihn liegen —
Friedrich Roland die dankbare Mitwelt“ stand darauf. Zuerst hatte
. nach Haus.
allein — auf der kalten — schmutzigen Erde — und flieht.
das Publikum die Sache nicht verstanden und unwillig gezischt, dann
Doch als sie daheim ist — bei ihrem Mann, da fährt ihr der Gedanke durch
aber war ihnen allen ein Licht aufgegangen. Köstlich — ganz großartig der
— und er wachte auf — allein,
den Kopf: Wenn er nicht tot wäre, nur betäubt¬
Spaß — unbezahlbar — Friedrich Roland, der große Mime wurde dekorirt —
dann würde er ihre feige Untreue erkennen, dann hätte sie ihn verloren.
ein großartiger Fastnachtsscherz, dieser „Ehrentag.“ Und das Publikum klatschte
für immer. Und dieser Gedanke peinigt sie, nagt und frißt in ihr — macht
und heulte wie verrückt. Die Bestien befanden sich wohl sie zerfleischten
sie ohnmächtig bewußtlos. Sie vergißt, daß neben ihr der Gatte steht —
Jemand. Und oben, auf der Bühne, stand der arme Narr mit dem Kranze,
ihr Mann, den sie betrogen — sie denkt nur an den andern, wenn er auf¬
und sein Herz blutete und es war ihm so weh, daß er hätte lant weinen
Nein, das durfte nicht sein, und sie spricht vor sich hin, was sie
wachte
— gar
und die Toten schweigen.“
mögen. Immer wieder verbeugte er sich — er hörte nichts mehr
er ist ganz gewiß tot -
denkt „Er ist tot —
nichts — es war ihm, als müßte er sterben vor Scham — seine schönen
Sie sitzt da mit gläsernem Blick, hat nicht gehört, daß sie ge¬
Aber er wußte,
Sätze fielen ihm ein „Ihr Menschen! Gnade! Gnade! ..
sprochen, bis ihr Mann sie anblickt und langsam fragt: „Warum sagst
da unten war keine Gnade! . . . . Er hatte auch jetzt keinen Mut.
du das?“ Sie fühlt seinen furchtbaren Blick, und es blitzt in ihr auf, daß
In der Nacht hatte er sich in seiner Garderobe aufgehängt — an
sich verraten habe — daß sie jetzt für ihre Feigheit gestraft werde, daß
seinem Taschentuch — der arme Teufel war gestorben an seiner ewigen Feig¬
sie jetzt blutig büßen müsse dafür, daß sie den Geliebten hatte draußen liegen
er hatte sich selbst nicht glauben wollen — sonst hätte er gewußt,
„„Und sie weiß, daß sie diesem
heit
lassen — allein in der Nacht.
aber einmal hatte er nun
daß die da unten viel weniger waren als er —
Manne, den sie durch Jahre betrogen hat, im nächsten Augenblick die ganze
doch Mut gehabt — den Mut, die „größte Feigheit“ zu begehen.
Wahrheit sagen wird. Und während sie durch die Thür schreitet, kommt

eine große Ruhe über sie, als würde vieles wieder gut.““
Auch in der dritten Erzählung Schnitzlers: „Die Toten schweigen“ geht
die Frau zu Grunde, weil sie zu feige ist, die Folgen ihrer Handlungsweise
Mit diesen Novellen beweist Schnitzler wieder, daß er einer der wenigen
fast ohne Gewissens¬
leicht —
zu tragen. Sie hat ihren Mann betrogen —
Dichter ist, daß er nicht zu denen gehört, die durch ein Tendenzstuck,
sie hat ja das Recht an sich selbst — schon seit langem hat sie alles
durch eine einmalige glückliche Idee sich einen Namen gemacht haben.
bisse —
Und wieder treffen sie
ihrem Geliebten gegeben. — Und er war ihr treu. —
Jede der Erzählungen ist ein großartiges Seelengemälde — jede gleicht
sich — wie schon so oft — wie so oft nehmen sie sich einen Wagen und
in dem viel Schönes enthalten ist — das Schönste
einem klugen Buch
und die Straße ist
— Es ist Abend
fahren hinaus — vor die Stadt. -
und Feinste, das Jnnerlichste und Tiefste aber steht zwischen den Zeilen.
alles vergessen — sie ist
Walther W. Blum.
sie hat ihn umschlungen — und alles
schlecht
sein mit Leib und Seele. — Da plötzlich ist ihr, „„als flöge der Wagen in die
Indemnasskalten Klima Deutschlands
Willlam Lasson S Hair-EIIxir
billiger und bekömmlicher als Bierl
nimmt unter allen gegen das Ausfallen der Haare,
sowie zur Stärkung und Kräftigung des Haar¬
wuchses empfohlenen Mitteln unstreitig den ersten
Oswald Nier's Ungegypste!
Rang ein.
Kein Gemisch, kein Malz, keine sog. schwer. Weine etc., sondern
Es besitzt zwar nicht die Eigenschaft, an
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seit 1876 laut Fürst v. Bismarok’s Worten: „Nationalgetränk“
Stellen, wo überhaupt keine Haarwurzeln vor¬
Angenehme, leicht trinkbare und dabei so sohr stärkende
handen sind, Haare zu erzengen — (denn ein solches
Mittei glebt es nicht, wennschon dies von manchen
Naturweine aus Weintrauben
anderen Tinkturen in den Zeitungen fälschlich be¬
v. 10 Pf. pro 1/0 L. an, sow. in m. plomb. Orig.-Flaschen v. ¼, ½ u. ½ L.
hauptet wird) — wohl aber stärkt es die Kopfhaut
und die Hanen derartig, dass das Ausfallen
f. Festlichkeit., Vereine, Krankenhäuser bew. hoh. Rabatt!
er Zeit aufhört und sich aus
des Haares
57 Centralgesch. (41 in Berlin) und über 1000 Filialen in Deutschland!
ige diese eben noch nicht ab¬
den Wurzel:
es Haar entwickelt, wie dies
Ausf. Preiscourant nebst Broschüre gratis und franoo.
gestorben
iche praktische Versuche erprobt
bereits dur
Fauptgeschäft und
Auf die Farbe des Haares
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und festges
hat dieses M. keinen Einfluss, auch enthält es
No. 17
keinerlei der Gesundheit irgendwie schädliche Stoffe.
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