V, Textsammlungen 1, Die Frau des Weisen. Novelletten, Seite 26

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iu des Neis
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Die Fre

handell, läßt sich entnehmen, wie er über die Ehe denkt.
wie die Anderen, als hätte ihn seine todte Geliebte davon¬
Wiener Autoren.
gejagt, weil er sie verleugnet.
Sie erscheint ihm als eine durchaus unliebsame, durch den
Maupassant sagte einmal: „Mich zwingen
Sein Schmek, geht uns indes nicht sonderlich zu
Ehebruch gemilderte Institution, bei der immer der „Dritte“
Herzen. Wir wissen ja, daß dieser junge Lebemann recht
stände, jahraus, jahrein Novellen und Romane
Recht hat. Auf diesen fällt denn auch alles Licht; seine stillen
Seelenfreuden und seine Kümmernisse werden mit herz¬
bald gesunden und in einer neuen Liebelei Tröstung und
Wäre dies nicht der Fall, so würde ich mein
beweglichen Worten geschildert. Das tritt so recht in der
erquickliche Beruhigung finden werde. Schnitzler geht, wie
hindurch an einem einzigen Buche arbeiten
nablässig bosseln.“
zweiten Geschichte des Buches hervor. Ein junger Mann,
man sieht, der Tragik aus dem Wege, so traurig auch zu¬
der zwar Alfred heißt, in dem wir aber unseren alten Be¬
weilen seine Stoffe sind. Seine Psychologie hat denn auch
Ausspruch, so paradox er auch erscheint, ent¬
kannten Anatol wieder erkennen, erwartet seine Geliebte,
mehr Raffinement als Tiefe. Er überredet mehr, als er
ien Kern tiefer Wahrheit. Wie bedeutend ist
die natürlich eine verheiratete Frau ist. Sie kommt nicht.
überzeugt. Aber seine stille, saufte Art hat doch einen
ch das literarische Gepäck der meisten modernen
Aus einem gewichtigen Grunde: sie ist krank. Anatol
liebenswürdigen Zauber, dem man sich nicht leicht ent¬
und besonders Derjenigen, denen es gelungen,
windet. Auf die Dauer freilich geht uns die Gleichförmig¬
kennt nicht den Gatten seiner Geliebten. Er hat sie auch
an sich zu locken. Aber wenn man näher zu¬
keit des Grundtones in der Darstellung sowohl, als auch
et man, daß Jeder eigentlich nur ein einziges
nie in ihrem Heim besucht. Er muß also draußen vor dem
in den Motiven doch auf die Nerven. Und so wäre denn
Hause warten, um bald beim Stubenmädchen, so oft es
fieben, in dem seine Eigenart sich erschöpfte.
zu wünschen, daß der Dichter über sein erstes Buch hin¬
auf der Straße erscheint, bald beim Arzt, wenn er den
foldt, sind gemeiniglich Variationen des
auswachse und daß in seine Lebensauffassung etwas Humor
Wagen besteigt, Nachfrage über den Zustand der Kranken
n Themas. Die Wahrheit dieses Satzes
hineinklinge.
zu halten. So verstreichen einige qualvolle Tage. Da er¬
aus Arthur Schnitzber's jüngstem Buche
fährt er eines Morgens, daß die junge Frau gestorren sei.
Sämmlung von Novellen, die er nach der
Was hier als Wunsch erscheint, hat in Alexander
Es drängt ihn, sie noch einmal zu sehen. Er belritt die
hie „Die Frau des Weisen"*) betitelt
Wohnung und schreitet in das Schlafgemach, wo die Todte
n, den Schnitzler in seinem Erstlingswerk, im
Engel's Begabung erfreuliche Erfüllung gefunden.
nschlug und der in seinen späteren Arbeiten
Engel besitzt Humor. Das bekundet in viel höherem Maße
liegt. Er ist nicht allein drin. Der Gatte liegt auf
als seine früheren Arbeiten sein jüngstes Buch „Die
er erklang, er hallt uns auch hier entgegen.
den Knien zu Füßen des Bettes, darin die Todte, deren
Liebe kommt“,*) das eine Reihe kleiner Geschichten
Hand er hält. Er hebt ein wenig den Kopf, als der
hn auch in diesem Buche, den jungen, ein wenig
enthält, von denen uns jede, bald durch eine feine Beob¬
„Andere“ eintritt, ergreift dessen rechte Hand und flüstert
wenig trübsinnigen Lebemann, dessen Daseins¬
mit thränenerstickter Stimme: „Dank, Dank!“ Und nun
achtung, bald durch eine geistreiche Pointirung des Stoffes
ließlich darin gipfelt, zu liebeln. Die große,
anspricht. Engel's Humor quillt aber nicht aus der selbst¬
glaubt der „Andere“ plötzlich, als ob um die Lippen der
idenschaft kennt dieser Lebemann nicht. Für ihn
Todten ein fremdes, verächtliches Lächeln spiele. Und dieses
genügsamen, absichtslosen Freude bei der Betrachtung der
ein bald heiteres, bald wehmüthiges Spiel,
Schwächen und Verkehrtheiten der Menschen. Sein Humor
Lächeln sagt: „Ich habe Dich geliebt und nun stehst Du
egt, aufregt, ohne ihn je in der Tiefe der
hat gemeiniglich auch einen satirischen Stachel, den er mit
da wie ein Fremder und verleugnest mich. Sag' ihm doch,
hüttern. Es sind diesmal allerdings nicht
besonderem Nachdruck gegen jene trockene, geschäftsmäßige
daß ich die Deine war, daßes Dein Recht ist, vor diesem
“sondern verheiratete Frauen, die ihm eine
Auffassung der Liebe und der Ehe kehrt, wie sie in bürger¬
Bette niederzuknien und meine Hände zu küssen. Sag' es
gangenehmer Sensationen verschaffen. Aus der
ihm! Warum sagst Du's ihm denn nicht?“ Aber er wagt
lichen Kreisen vorwaltet. Seine Satire ist kurz und
ise, wie hiebei Schnitzler seine Stoffe be¬
es nicht. Er schleicht sich hinaus und eilt tief beschämt
durch die Straßen, denn ihm ist, als dürfe er nicht trauern *) Berlin 1898, Hugo Steinitz' Verlag.
in, Verlag S. Fischei, 1898.