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2. Die griechische TaeiBerin
Der Monat November brachte auch sonst sehr interessante Gäste und bot vielfach das beste.
Arthur Schnitzlendergrféfèrte Wiener Autor, erzählte zwei Novellen. Während er in der einen,
es war die ergreifende -Lebensgeschichte vom „blinden Geronimo und seinem-Bruder“, besonders durch
die Schilderung der seelischen Kämpfe den Zuhörer zu packen wusste, trieb er in der Humoreske
4.44
„Exzentric“ sein bekannt tolles Spiel mit geistreichen Witzwörtern. Dann kam der Schweizer Dichter
Hermann Hesse. Seine gefühlvolle Weise, die er schon in dem „Peter Camenzind“, seinem erfolgreichen
Romaue, offenbart, wurde durch die schlichte Vortragsart bedeutend verstärkt. Eine Kindergeschichte.
eine reiche Lyrik, die von natürlicher Empfindung zeigt, wie die „Venezianische Gondelgespräche“ oder
„Die Zypressen von S. Clemente“. Als letzten erwähne ich Roda-Roda. Wer hat noch nicht eine
seiner echt spitzbübischen Satiren gelesen, seine originellen Soldatengeschichten, die selbst jene von
Frciherrn v. Schlicht’s Art übertrumpfen! Er gab uns eine Fülle frischen Humores zum besten.
Seine Vortragsart ist wohl an manchen Stellen etwas dozierend, aber gegen die Pointe wird er immer
wärmer. Die Erzählung „Die drei Schwestern“ ist eine feinsinnige Parabel von drei Ehe¬
schliessungen, wobei die dritte Schwester, ein bescheidenes Wesen, das richtige Glück findet, während
die beiden anderen, vom Vater sehr reich verheiratet, nur das Elend als Lohn ihres Hochmuts finden.
Und der Sultan, durch diesen Fall aufmerksam gemacht, erlässt ein Gesetz, wonach es den Leuten
direkt verboten ist, über ihren Stand die Töchter z verheiraten. In Kapadozien gilt das Gesetz noch
heute, so schliesst bedeutungsvoll Roda-Roda. Dabei blicken seine Augen etwas fragend auf die
Reihe der Zuschauer (unter denen sich so manche Nutter befindet, die ihr Töchterchen in glanzvoller
Toilette als Leckerbissen präsentiert). „Das Urteildes Kadi“, mit der scharfen Pointe, wo der
Kadi, um Rat gefragt, denselben verweigert, weil ei nicht wieder in die Witzblätter kommen will;
„Die Belohnung“, „Peters Urlaub“ und „Schleicher und Schunderle“ sind Militär¬
humoresken, bei denen man aus dem Lachen nicht berauskommt, Und so weiter in lustiger Folge.
Radenius.
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2. Die griechische TaeiBerin
Der Monat November brachte auch sonst sehr interessante Gäste und bot vielfach das beste.
Arthur Schnitzlendergrféfèrte Wiener Autor, erzählte zwei Novellen. Während er in der einen,
es war die ergreifende -Lebensgeschichte vom „blinden Geronimo und seinem-Bruder“, besonders durch
die Schilderung der seelischen Kämpfe den Zuhörer zu packen wusste, trieb er in der Humoreske
4.44
„Exzentric“ sein bekannt tolles Spiel mit geistreichen Witzwörtern. Dann kam der Schweizer Dichter
Hermann Hesse. Seine gefühlvolle Weise, die er schon in dem „Peter Camenzind“, seinem erfolgreichen
Romaue, offenbart, wurde durch die schlichte Vortragsart bedeutend verstärkt. Eine Kindergeschichte.
eine reiche Lyrik, die von natürlicher Empfindung zeigt, wie die „Venezianische Gondelgespräche“ oder
„Die Zypressen von S. Clemente“. Als letzten erwähne ich Roda-Roda. Wer hat noch nicht eine
seiner echt spitzbübischen Satiren gelesen, seine originellen Soldatengeschichten, die selbst jene von
Frciherrn v. Schlicht’s Art übertrumpfen! Er gab uns eine Fülle frischen Humores zum besten.
Seine Vortragsart ist wohl an manchen Stellen etwas dozierend, aber gegen die Pointe wird er immer
wärmer. Die Erzählung „Die drei Schwestern“ ist eine feinsinnige Parabel von drei Ehe¬
schliessungen, wobei die dritte Schwester, ein bescheidenes Wesen, das richtige Glück findet, während
die beiden anderen, vom Vater sehr reich verheiratet, nur das Elend als Lohn ihres Hochmuts finden.
Und der Sultan, durch diesen Fall aufmerksam gemacht, erlässt ein Gesetz, wonach es den Leuten
direkt verboten ist, über ihren Stand die Töchter z verheiraten. In Kapadozien gilt das Gesetz noch
heute, so schliesst bedeutungsvoll Roda-Roda. Dabei blicken seine Augen etwas fragend auf die
Reihe der Zuschauer (unter denen sich so manche Nutter befindet, die ihr Töchterchen in glanzvoller
Toilette als Leckerbissen präsentiert). „Das Urteildes Kadi“, mit der scharfen Pointe, wo der
Kadi, um Rat gefragt, denselben verweigert, weil ei nicht wieder in die Witzblätter kommen will;
„Die Belohnung“, „Peters Urlaub“ und „Schleicher und Schunderle“ sind Militär¬
humoresken, bei denen man aus dem Lachen nicht berauskommt, Und so weiter in lustiger Folge.
Radenius.