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Taenz
2. Die griechischesnzerin
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Ennemos. Ein anderer benennt sich Unferdutz, Larinas ist schon gedacht. Dazwischen der
Name Brieß, der seinen guten Geruch nach mährischem Malz an sich trägt. Nirgends
ein Weltbild. Ironische Schnörkel am Schluß, von einer unfreien hand hingezeichnet,
zerstören, was man sich vielleicht mühsam genug trotz aller hemmnisse von Eindruck ge¬
rettet hat. Der Dialog unlebendig. Ein sich Mühen um Symbole. Das unangenehme
Gefühl, einer wolle durchaus fliegen, der sonst so tüchtig und tapfer auszuschreiten ver¬
mocht. Ich wünschte herzlich, ein andermal aus einer anderen Tonart von Langmann zu
sprechen, an den ich glaube, den ich aber diesmal durchaus nicht zu begreifen vermag.
Sonst überwiegt die kurze Erzählung. Man merkt manchmal im besten Sinne, daß
sie ursprünglich unter dem Strich in der Zeitung erschienen ist, wo ja auch echte Kunst
manchmal ihren ganz guten Unterschlupf findet, merkt's an der Begrenztheit, an einer
gewissen Frische und Flottheit. Der Zusammenhang mit dem Feuilleton ist für unsere
Erzähler nicht immer von Segen, beständig aber wichtig gewesen.
Da wäre Dr. Karl Schönherr („Caritas.“ Wiener Verlag), der sich schon als
Dramatiker tüchtig und erfreulich bewährt hat und dessen kleine Erzählungen als Muster¬
stücke der Kraft und des Vortrages gelten müssen. Er ist im Grund seiner Seele ein
Pathetiker wie die meisten, die auf der Bühne heimisch zu werden verstanden; er erzürnt
sich heftig an Ungerechtigkeit und Widersinn, versteht das aber echt künstlerisch zu zeigen
und zu hehlen und erzielt damit ganz eigene Wirkungen. Dazu kommt die allergenaueste
Kenntnis der Kreise, die er schildert, ganz besonders seines Tiroler Völkleins, dem er tief
ins herz gesehen; eine mächtige Körnigkeit der Sprache; Gewissenhaftigkeit sich selbst
gegenüber, die ihn die schönste Sorgfalt an jede Arbeit wenden läßt: ein grimmiger
Humor
in der Geschichte von einem Studenten, der durchs Examen fällt zum Bei¬
spiel — um das Gefühl eines sicheren und wohlgehüteten Reichtums zu geben.
In eine Welt der Wunder führt uns Hugo von hofmannsthal: „Das Märchen
der 672. Nacht.“ (Ebenda, Bibliothek moderner deutscher Autoren.) Er ist der strengste
Gegensatz zu Schönherr. Die Titelnovelle überwiegt an Wert weitaus die anderen drei,
und ist erstaunlich an sich und für die frühe Reife des Dichters höchst bezeichnend. Denn
sie ist entstanden, da er knapp zwanzig Jahre alt war. Da ist ein feierlicher Stil, der
in schönem Rhythmus ohne ein einziges Straucheln dahinschreitet. Ein seltsames Flüstern
und Raunen von Geheimnissen, die uns immerdar umgeben und uns geleiten bis an das
uns vorbestimmte Ziel, ist in dieser reichen und schönen und köstlichen Fülle der Worte.
Dazu eine unentrinnliche Macht der Stimmung, die über allen Dingen dieses verzauberten
Lebens liegt, in das uns hofmannsthal sehen läßt mit Augen, die ins Dunkle und Ge¬
heime zu tauchen gewöhnt sind. Alles hat eine Bedeutung in sich neben der, die wir an
ihm zu sehen pflegen. Das Ganze wirkt wie feierliche Musik, die aus Nacht uns entgegen¬
schwebt und wiederum in ihr verzittert.
Aus einem Munde, dessen Zuruf immer und aller Orten beachtet werden wird, ist
erst kürzlich an dieser Stelle den großen hoffnungen Ausdruck gegeben worden, die man
an das weitere, dramatische Schaffen von Krtur Schnitzler knüpfen muß. Was er als
Erzähler vermag, beweist „Die griechische Tänzerin". (Ebenda.) Nicht so sehr die Titel¬
novelle vom Weib, das dem geliebten und von den Frauen verwöhnten Künstlergatten
alles hingehen läßt, stolz auf sein Glück bei anderen scheint und sich dennoch an einer
verhohlenen Eifersucht verzehrt; noch minder „Andreas Thameyers letzter Brief“. Das
een eeenernnaen
Taenz
2. Die griechischesnzerin
580
Ennemos. Ein anderer benennt sich Unferdutz, Larinas ist schon gedacht. Dazwischen der
Name Brieß, der seinen guten Geruch nach mährischem Malz an sich trägt. Nirgends
ein Weltbild. Ironische Schnörkel am Schluß, von einer unfreien hand hingezeichnet,
zerstören, was man sich vielleicht mühsam genug trotz aller hemmnisse von Eindruck ge¬
rettet hat. Der Dialog unlebendig. Ein sich Mühen um Symbole. Das unangenehme
Gefühl, einer wolle durchaus fliegen, der sonst so tüchtig und tapfer auszuschreiten ver¬
mocht. Ich wünschte herzlich, ein andermal aus einer anderen Tonart von Langmann zu
sprechen, an den ich glaube, den ich aber diesmal durchaus nicht zu begreifen vermag.
Sonst überwiegt die kurze Erzählung. Man merkt manchmal im besten Sinne, daß
sie ursprünglich unter dem Strich in der Zeitung erschienen ist, wo ja auch echte Kunst
manchmal ihren ganz guten Unterschlupf findet, merkt's an der Begrenztheit, an einer
gewissen Frische und Flottheit. Der Zusammenhang mit dem Feuilleton ist für unsere
Erzähler nicht immer von Segen, beständig aber wichtig gewesen.
Da wäre Dr. Karl Schönherr („Caritas.“ Wiener Verlag), der sich schon als
Dramatiker tüchtig und erfreulich bewährt hat und dessen kleine Erzählungen als Muster¬
stücke der Kraft und des Vortrages gelten müssen. Er ist im Grund seiner Seele ein
Pathetiker wie die meisten, die auf der Bühne heimisch zu werden verstanden; er erzürnt
sich heftig an Ungerechtigkeit und Widersinn, versteht das aber echt künstlerisch zu zeigen
und zu hehlen und erzielt damit ganz eigene Wirkungen. Dazu kommt die allergenaueste
Kenntnis der Kreise, die er schildert, ganz besonders seines Tiroler Völkleins, dem er tief
ins herz gesehen; eine mächtige Körnigkeit der Sprache; Gewissenhaftigkeit sich selbst
gegenüber, die ihn die schönste Sorgfalt an jede Arbeit wenden läßt: ein grimmiger
Humor
in der Geschichte von einem Studenten, der durchs Examen fällt zum Bei¬
spiel — um das Gefühl eines sicheren und wohlgehüteten Reichtums zu geben.
In eine Welt der Wunder führt uns Hugo von hofmannsthal: „Das Märchen
der 672. Nacht.“ (Ebenda, Bibliothek moderner deutscher Autoren.) Er ist der strengste
Gegensatz zu Schönherr. Die Titelnovelle überwiegt an Wert weitaus die anderen drei,
und ist erstaunlich an sich und für die frühe Reife des Dichters höchst bezeichnend. Denn
sie ist entstanden, da er knapp zwanzig Jahre alt war. Da ist ein feierlicher Stil, der
in schönem Rhythmus ohne ein einziges Straucheln dahinschreitet. Ein seltsames Flüstern
und Raunen von Geheimnissen, die uns immerdar umgeben und uns geleiten bis an das
uns vorbestimmte Ziel, ist in dieser reichen und schönen und köstlichen Fülle der Worte.
Dazu eine unentrinnliche Macht der Stimmung, die über allen Dingen dieses verzauberten
Lebens liegt, in das uns hofmannsthal sehen läßt mit Augen, die ins Dunkle und Ge¬
heime zu tauchen gewöhnt sind. Alles hat eine Bedeutung in sich neben der, die wir an
ihm zu sehen pflegen. Das Ganze wirkt wie feierliche Musik, die aus Nacht uns entgegen¬
schwebt und wiederum in ihr verzittert.
Aus einem Munde, dessen Zuruf immer und aller Orten beachtet werden wird, ist
erst kürzlich an dieser Stelle den großen hoffnungen Ausdruck gegeben worden, die man
an das weitere, dramatische Schaffen von Krtur Schnitzler knüpfen muß. Was er als
Erzähler vermag, beweist „Die griechische Tänzerin". (Ebenda.) Nicht so sehr die Titel¬
novelle vom Weib, das dem geliebten und von den Frauen verwöhnten Künstlergatten
alles hingehen läßt, stolz auf sein Glück bei anderen scheint und sich dennoch an einer
verhohlenen Eifersucht verzehrt; noch minder „Andreas Thameyers letzter Brief“. Das
een eeenernnaen