V, Textsammlungen 7, Gesammelte Werke, Seite 6

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Gesammelte Nerke

Notwendigkeit, aus der heraus
diese seiner Novellen in ein Prunkgewand erlesenster!
und, die innige Versenkung in
Bücherschau.
Worte. Eine feierliche, rhyehmische Getragenheit beherrscht
erst die Bedeutung geben und
hier seinen Vortrag — man denke an das „Hirtenlied“ —
Das letzte Weinen. Novellen von Robert Michel.
Blick, dem sich Brücken und #
und eine an die Sprache alter Heiligenlegenden ge¬
Deutsch=Oesterreichischer Verlag, Wien und Leipzig, 1912. —
Schönheit durchleuchtet offenbare
Fahrten in den Reichslanden. Bilder und Skizzen
mahnende Erdentrücktheit des Ausdrucks vermählt sich
Die Nicht des Dekt
aus Bosnien und der Herzegovina. Von Robert Michel. Mit
eigenartig mit dem Uebersinnlichen und Unirdischen des
Georg Hermann. Verlag E
25 Zeichnungen von Max Bucherer. Deutsch=Oesterreichischer
Hermann hat die Kraft und die Fa
Inhalts.
Verlag, 1912. — Die Eigenart Robert Michels, die in seinen
Milieu zu versenken. Er sieht
Doch auch diese Epoche der Hingabe an unbegriffene
„Geschichten von In, #ten“ besonders zur Geltung kam, ist in
das Drum und Dran, er s
Gewalten ging vorbei. Sie mußte vorbeigehen — Schnitz¬
seiner neuen Novellensammlung in der Durchleuchtung seltsamer
Menschen, er lebt mit ihnen dan
ler ist keine „Dämmerseele“. Sein Geist und sein Gefühl
Menschenschicksale, manchmal nur geringfügiger Episoden wir¬
Er ist ein Menschenschilderen w
kend. Gerade in letzteren, wo gar nichts Erschütterndes geschieht,
mögen sich zuweilen ins Grenzenlose verirren, er steht den¬
prachtvolle epische Ruhe und
wenn man ein Gespräch über Jugenderinnerungen, ein Schul¬
noch wurzelfest auf der Erde und namentlich auf wiene¬
trotz aller Breite und Weitschie
intermezzo nicht etwa dafür nehmen will, schwingt ein Ton,
rischer Erde. Er muß dies selbst endlich empfunden, sich
sondern das Behagen, mit dem
der nach vollendeter Lektüre ganz selten nur berührte Saiten
hierauf besonnen haben, als er dann an sein bishe:
übergehen fühlt. Wir sehen förm
unseres Gemüts in Schwingungen versetzt. Es eröffnen sich
legene, und doch so unendlich ver
größtes Prosawerk, an den Roman schritt, dessen Tie!
Zusblicke auf ein ganzes Menschenleben, aus der einen gering¬
er seine Menschen betrachtet und
das deutliche Geständnis einer Selbstbefreiung und Uere¬
windung enthält, als er den „Weg ins Freie“ schried; fügigen Episode löst sich die Ahnung eines Schicksals los ...
Gebert und Henriett: Jakoby ha
Immer wieder stößt man auf Stellen, wo die Kondensierung
Vorzüge, wenn auch der hum
(der später erschien, doch früher entstand als die Novellen in
eines lange währenden Prozesses zu einem knappen Ereignis
noch stärkeren Griff in das mit a
Dieser Roman, der bis zum
„Masken und Wunder").
vollauf genügt, die durchschrittene Bahn des Geschehens deutlich
deutet. Unendlich fein aber, i
erraten zu lassen und, was künstlerisch einen Meistergriff be¬
Rande vom Reize Schnitzlerschen Geistes, von der Kraft
manns vielgestaltiges Talent zu
deutet, aus dem Einzelfall das typische Schicksal einer Mehrheit
Schnitzlerscher Anschauung erfüllt ist, war bald ein be¬
neuester Roman. Roman? Es i
sich losschälen zu sehen. Daß ein Oberst in Pension geht und
rühmtes Buch und galt bald als der beste Wiener Ro¬
unendlich klein, die Fabel so sub
bald darauf stirbt, ist ein einfaches Geschehnis, das zu sentimen¬
man“. Ob er das im üblichen Sinne ist, ist fraglich
Beiwerkes entkleidet, zu einem g
talen Bemerkungen nur dem Durchschnittsmenschen Anlaß zu
und auch gleichgültig. Er bringt nur einen sehr kleinen
sammenschrumpft. Ein alternder
geben vermag. Daß aber der Dichter des alten Offiziees Sehn¬
ein zusammenbrechender Literat,
Teil Wiens; schildert nur ein paar Gestalten aus der
sucht nach dem Soldatenleben an kleinen Handlungen, Gewohn¬
Gutzeit, verbummeln eine Nacht
reichen jüdischen Gesellschaft, aus den Kreisen des Sports
heiten, Abgewöhnungen des Greises demonstriert, ohne das
es
Berlin,
sie sehen
und der Aristokratie. Aber diese wenigen Meuschen lassen
zu lassen,
zehrende Gefühl jemals Wort werden
kosten seine Stimmungen
das Wien und das Oesterreich unserer Tage stärker füh¬
und daß der Dichter des Obersten vorausgesehenes
Facetten leuchten,
Ende als einen Zusammenstoß des entschwindenden Lebens
ler, als es je bisher geschehen war. Wienerisch und
Abgründe und sie sprechen mite
mit der ahnungslosen Gesundheit eines derben Burschen
eichisch sind ihre sozialen, konfessionellen, deruflichen
Lokale, in denen Milieu, Me
gestaltet, so daß auf einmal die Bedeutung dieses Sterbens
igen und Konflikte. Wienerisch die lässige Art, wie sie sich
C
visionären Kraft der Suggestion
sich als die typische Tragödie eines Berufes erweist, dies gibt uns
mit diesen Sorgen und Konflikten auseinandersetzen.
Und langsam erstehen vor uns
das Recht, Robert Michel als einen der wirklich neuschöpferi¬
Wienerisch und namentlich österreichisch der ganze Rhyth¬
Worte, aus einer hingeworfenen
schen Schriftsteller Oesterreichs zu bewundern. — Neben seinen
tierten Wendung und einem
mus ihres Lebens und ihrer Beziehungen zu einander.
dichterischen Arbeiten, in innigem Zusammenhang mit ihnen,
Menschenschicksale. Der lebensm
Und sie alle umfließt der besondere Zauber der Wiener
sind Robert Michels Reiseschilderungen entstanden. Vor Jahren
weiter schusten will, der sich
Landschaft, die weiche Melodie dieser Stadt, die hier mit
bereits gab er in seinem Beiche „Mostar“ wunderbare Kunde
von den unentdeckten Schönheiten dieser Stadt und ihrer, und nun endlich sein Kreuz nies
wunderbarer Kraft und Innigkeit erfaßt und gestaltet
Umgebung. Nun hat er, der gleich in seinem ersten Novellen##tragik des Dr. Herzseld, der ein
wurde.
war und nicht über den Gedank
banid „Die Verhüllte“ ergreifende Schicksale vor den Hinter
So weit hält nun sein erzählendes Schaffen. Darf
seine Jugendsünde, die Ursache
grund der Karstlandschaft gestellt hat, eine rechte Künstlerreise
aber der zufällige Anlaß dieser gesammelten Ausgabe
Leben zerichmettert hat. Währe
durch die Reichslande unternommen. Die sachlichen, scheinbar
etwa dazu verführen, dieses Schaffen als ein Ganzes,
und sarkastischer Güte den and
unbekümmert hingestrichelten Skizzen des jungen Malers
Fertiges zu überschauen und zu werten? Gewiß nicht.
gedanken weg wieder zu Heim
Bucherer sind Michels Stil auffallend verwandt. So illustriert
den nur Halbwiderstrebenden ges
Er ist fünfzig Jahre alt geworden, und zwei, wohl gar drei
ein Künstler den anderen. Wo der Dichter nüchterne Daten
umstricken, will er nun selbst
Generationen umfangen ihn mit gleicher Liebe und
zu berichten hat, siellt sich der Zeichner mit einem belebenden!
heraus. Im Geiste kostet er die
Dankbarkeit. Und allen ist er noch immer eine Hoffnung
Bilde ein und in anderen Fällen bringen Michels unjourna¬
des Sterbens, wandert ein letz
listischen, kundigen und gleichzeitig über das Tatsächliche hinaus
und eine Verheißung. Er darf es sein. Denn hat er
gehaßtes Berlin, wandert di
eine neue Schönheit formenden Betrachtungen die erwünschte
uns nicht eben gestanden, daß er jetzt erst den „Weg ins
Mittagsbrand, wandert, währen
Farbenbuntheit in die schwarz=weiße Naturtreue dieser Abbil¬
Freie“ fand? Freuen wir uns seines jugendlich frischen
müdeten Hirns sich zu verwirre
dungen von prachtvoll geschwungenen Brücken, Hallen, Gä߬
Ausschreitens.
zusammenbricht. Aus seiner 1
chen und Hütten. Es ist erstaunlich, wie durch Michels
geschmack des Todes gab, erwa
prägnante und nie in ein falsches Pathos verfallende Sprache
Alle hier besprochenen Bücher sind leihweise erhältlich
zum geschmähten, verachteten
das Bild ungeahnter landschaftlicher Schönheiten greifbar er¬
Leben. Das ist kein Roman. 9#
in der Leihbibliothek „Irodalmi Szalon“ (literarischer Leiter
steht, wie der Dichter mit seinen reichen Erfahrungen nur
Stimmungen, von tiesem seelisch
Josef Diner=Denes), Budapest, V., Nädoruteza 20, I. St.
zurückhaltend vor uns tritt, immer ##r andeutend und eben
logischen Feinheiten, die Bände
dadurch das Bedeutende erraten lassend. Was dieses Buch
Prospekte gratis auch für die Provinz.
von den landläusigen Reisebeschreibungen unterscheidet, ist die