V, Textsammlungen 7, Gesammelte Werke, Seite 19

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7. Gesamnelte Nerke
d’Honville genügen, um statt durch eine ciceronearlige
unt gensgentun erie
lebtestes gilt uns nun jenes seltsame wie tränenerstickte
Beschreibung, um vermittelst der Lebens=Wirksamkeit, ganz
Geständnis der „Esclave"*) betitelten Erzählung.
einzig geartete Bedingungen, den dichterischen Farbenton
Die Exotik des südamerikanischen Hintergrundes
das Reich der Seele täglich
subtil zu treffen. Ein paar heruntergekommene Plantagen¬
wird uns nicht durch Schilderungen von Landschaft und
ick. Oder ist es nur eine
besitzer, deren einst enormer Reichtum durch die Auf¬
Sitten panoramaartig zum Bewußtsein gebracht. Sie löst
ntuition, die früher Uner¬
hebung der Sklaverei mit einem Schlag vernichtet wurde,
sich aus den Gesten, aus dem Rhythmus der Menschen,
eutet, aus dem Dunkel hebt,
werden wie Trümmer eines Erdbebens gezeigt. Alle
welche einem anderen Klima, anderen Naturgesetzen unter¬
durch Erkennen zum Leben
Männer, deren immer wiederkehrende Erörterungen über
worfen sind. Seelenaffekte wurzeln hier so tief in der
her geworden, sondern nur
die Revolution, die ihre Güter wegfegte, der jungen
Mutter Erde, daß sie gleichsam aus ihr emporwachsen,
Wissen um uns entdeckte
Generation langweilig und unverständlich sind. War es
eng verschwistert mit dem animalen, glühenden Daseins¬
en dienend führen? Wird
Recht, so geht es immer im Gespräch hin und her, auf
rausch alles Blühens. Eine Frau steht im Mittelpunkt
Menschenproblem, welches
auf Kosten der Weißen den Schwarzen bessere Lebens¬
des Geschehens. Eine Kreolin, deren Mischblut die
, die monumentale Form
möglichkeiten zu geben? War es menschlich notwendig,
Wirbel kämpfender Strömungen in ihrer Seele erzeugt.
eine Kulturnation zu ruinieren, um einer minderwertigen
erstehen? Des Menschen,
Sie ist leidenschaftlich und doch zärtlich; sinnenheiß und
Rasse die Freiheit zu bringen?
benteuern sich und die Welt
doch keusch; bald von tropischer Lässigkeit, bald von intellek¬
Und da, von den fordernden Blicken des einst
t, und kühn genug sich
tueller Spannkraft beherrscht. Sie ist dies alles in
Geliebten gemartert, von Gewesenem und Drohendem über¬
chten“ 2.
organisch gewachsener Wirklichkeit. Ein Mann hat sie geliebt,
wältigt, schwingt die bebende Stimme der Frau über den
Frau düster verneinende
besessen, verlassen. Vier Jahre sind vorüber. Der rasende
Streit. — Von Freien sprecht Ihr“ frägt sie, „die man
keine auf die jetzige Ent¬
Schmerz, die schreiende Sehnsucht des Anfanges verebben.
mit Recht oder Unrecht geschaffen hat? Ja denkt Ihr
twort. Es ist eine ihr ewig
Eine edle, beinahe heilige Sehnsucht des Vergessens webt
wirklich, irgend einer von uns sei frei? Alle die wir hier
i Menschentum verbundene
wie eine zweite Jungfrauschaft ein neues Seelenkleid.
beisammen, wir sind Sklaven von irgend jemanden, von
n einem Liebesschicksal sym¬
Die zarte, junge Liebe eines Jünglings, die sie nicht
rgend etwas. Sei es einer Gewohnheit, einer Erziehung,
befreiten, der willens¬
erwidert, aber dankbar als ersten Lebensgruß der Ge¬
iner Leidenschaft, eines Vorurteils, einer Liebe oder eines
wild leidenschaftliche Ver¬
nesenden in sich schließt, rankt empor. Und der Mann,
Frinnerns. — Und selbst, sollte es sein, wir wären nichts
Mensch Bestimmer seines
der sie geliebt, besessen, verlassen, kehrt zurück. Ohne
ion alledem untertan, so sind wir doch geknechtet, sind
als war er es. Sklaven sind
Gedanken an diejenige, die er, der „Tiger“, eben sich
kneche, gekettet der Not, dem Schicksal, dem Altern
einmal als sein tägliches Raubrecht geholt hatte. Erst als
in.
und dem Tod! — O, Ihr Narren, die ihr an die
er ihr begegnet und in ihrem Wesen das sich breitende
Das Pseudonym, welches sich
Freiheit Eures Willens, an die Möglichkeit eigener Ent¬
Vergessen erspäht, die Rückkehr inneren Freiwerdens, die
französischen Lytikers Henri
scheidung glaubt. Und vermeint, andere solcher Freiheit
wieder erlangte Gewalt über einen Willen, der ihm hörig
ein sie die Feder führt. Sie
beschenken zu können. Wäre dies so, ja wäre es wahr, daß
r Frauentum zu verbergen.
gewesen, und das keimende Neigen jener Cherubin=Liebe
die Schwarzen frei geworden, frei von allem was uns
dem geläufigen Typus der
zu — die vielleicht ihr als entsühnend zu wirken scheint:
Weiße zu ewigen, feilen und elenden Sklaven macht,
tgegen, daß sie der Masken¬
erst da weiß er wieder, was war. Und der Besitz dieser
wollte ich nichts anderes, als meine Haut mit der ihren
entrierte Kraft der Gedanken
Frau, die aus seinem Bann gelöst, nun ihm wieder neu
vertauschen zu können.
der Gestaltung und die Kunst,
erscheint, wird ihm zum „Muß“. Der Kampf um dieses
Im Vertrauen zu der Liebe, die ihr zugebracht
en nur leisen und penetranten
Stück Seelenbesitz, welches die Frau sich schwer zurück¬
wird, sucht die Gequälte Rettung. Sie offenbart dem
ies sind schöpferische Eigen¬
errungen hat, gibt die dramatische Knotung. Es ist ein
von männlich und weiblich
Jüngling, was sie gelitten. Sie verlangt von ihm, daß
Anschleichen zuerst und Verjagtwerden; ein Einbrechen
er den Mann irgendwie entferne, den sie haßt und dessen
n Wochen anläßlich der in
und Fliehen. Und schon hat der Mann den ersten Vor¬
Erinnern an gemeinsame Wonnen ihr unerträgliche Scham
genommenen Wahlen Gerard
sprung. Er nistet wieder, wie einst, im Kreise der Ihren,
rderung von Vielen ausge¬
bedeutet. Dann will sie ihm zum Dank angehören.
im stillen Freundeskreise ihres Salons. Wie früher spinnen
edies nicht eine Suffragetten¬
Ein kurzer haßvoller Kampf zwischen den beiden
die Fäden der Täglichkeit ihr enges Netz um die Beiden.
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ienrechtlertum, sondern es galt
Männern. Der stärkere ist der Lebensgewandtere. Und
Hier tauchen in markigen und doch impressio¬
gre
g jener Kräfte, die im Frank¬
der befreiten Reinheit der Frau, die er liebt, fließt das
nistischen Strichen die wenigen Gestalten auf, die Gérard
und der Novelle ihren ethisch¬
Blut des Jünglings zum Opfer. Sie aber, die, noch un
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n vermögen. Wenn auch nicht
Gerard d'Honville, Esclave, Paris, Calman trunken von Enisetzen, Mitleid, Angst und Dankbarkeit, uc
och als ihr Reifstes und Er= Levy Editeur.
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