box 36/1
S
1. Panphlets, Offprint
185
Arthur Schnitzler. —
Berlin.
letztes blasses Glück. In der Darstellung dieses Verhältnisses entdecken wir die
liebenswürdigsten Züge des Dichters. Mit wunderbarer Innigkeit weiß er
jrund zu den ernsteren, zu den
uns diese schlichten Mädchen des Volkes, Modistinnen oder Verkäuferinnen,
se Wiener Gesellschaft, mondaine
zu schildern. Anatol liebt sie mit der ganzen Zärtlichkeit seiner sehnsüchtigen
ser mit ihren „Liebeleien“, Schau¬
Seele, und sie lieben ihn mit ihrer ganzen Natürlichkeit. Er schwärmt von
stadt, aber auch Eirensdamen,
ihrem kleinen Zimmer draußen auf der Vorstadt mit den gemalten Wänden,
„leichtsinnigemelancholische Welt“
mit den paar alten schlechten, verblaßten Kupferstichen, mit den Blumen¬
töpfen am Fenster und mit der Aussicht auf die im Dunkel versinkenden
er Seenenreihe „Anatol“. Das
Däher und Rauchfänge. Doch hören wir Anatol selber! So schildert er
as Schnitzler geschaffen hat. In
sein Glück einer verheiratheten Freundin:
Meisterschaft in der Beherrschung
sie wartet wohl schon auf Sie?
herhaupt. Wir dürfen diesse sieben
Gabriele:
ffassen. Dieser Künstler hat eine
Anatol: Gewiß!
Gabriele: Sie wartet!? — Sagen Sie ... wie empfängt sie Sie denn?
stionen, die in ihrem kleinen, zier¬
Anatol: Ach — wie man eben empfängt.
was der Dichter schildern wollte,
nie Schnitzler schon früh vollendete
Gabriele: Sie hört Ihre Schritte auf der Treppe .. . nicht wahr?
finiaturwerte schafen. Nachträglich
Anatol: Ja ... zuweilen.
hr Perlen auf eine Schnur gezogen.
Gabriele: Und steht bei der Thür?
s Buches ist der bekannte „leicht
Anatol: Ja!
fahren nicht, wie er sonst heißt und
Gabriele: Und fällt Ihnen um den Hals — und küßt Sie — und
Er ist für uns nur der Liebhaber.
sagt . . . Was sagt sie denn? ...
den meisten dieser Senen vorkomm,
Anatol: Was man eben in solchen Fällen sagt ...
typische Figur Schnitzlers, die auch
Gabriele: Nun — zum Beispiel?
Mar ist der verständige, matvolle,
Anatol: Ich weiß kein Beispiel!
sche Pulades, Anatol der weichherzige,
Gabriele: Was sagte sie gestern?
Drest. Jener repräsentirt das Leben,
Anatol: Ach — nichts Besonderes . .. das klingt so einfältig, wenn
moderne müde Sele, ein Leben in
man nicht den Ton der Stimme dazu hört!
sch und Melancholie, in aufrichtigen,
Gabriele: Ich will ihn mir schon dazu denken. Nun — was
m Selbstbetrug und Posen. Lede sind
sagte sie?
der heutigen Cultur, Repräfentanten der
Anatol: „. .. Ich bin so froh, daß ich Dich wieder hab'!“
pitelsmus, und schärfer bezeichnet, des
Gabriele: „Ich bin so froh“ — wie?!
—hen Seenen sind sieben Liebes¬
Anatol: „Daß ich Dich wieder hab'!“
gsan, seine Ilusionen zerpflüicken. er
Gabriele: Das ist eigentlich hübsch — sehr hübsch! —
emnpfindungen. In Allem sieht er die
Anatol: Ja . . . es ist herzlich und wahr!
Gesicht schen, aber er fürchtet sich ver
Gabriele: Und sie ist ... immer allein? — Ihr könnt Euch so
ringlich fragen, od sie ihm wirtlich lied¬,
ungestört sehen!?
in sie liebe; er versucht dies einmal, sogar
Anatol: Nun ja — sie lebt so für sich — sie steht ganz allein —
der entscheidenden Frage weicht er imme
keinen Vater, keine Mutter . . . nicht einmal eine Tante!
die Frage an das Schickfal). Wer
Gabriele: Und Sie .... sind Ihr Alles?
Mischung aus den verschiedenarligsten
Anatol: ... Möglich Heute (Schweigen).
blafirt, eynisch, gemein, dann zeigt er
Dieses „süße Mädl“, eine Lieblingsgestalt des Dichters, kehrt ebenso
Er knüpft Liebesverhältnisse mit ver
*
wie die beiden männlichen Charaktere, der Liebhaber und der Freund, und
Fene „Weihnachtseinkäufe“) und mi
die verheirathete Frau in den Werken Schnitzlers immer wieder. Am
hieren hat Anaiol auf der Vorstadt endell.
sahdln“. In dieser Liebe findet er noch ein
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1. Panphlets, Offprint
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Arthur Schnitzler. —
Berlin.
letztes blasses Glück. In der Darstellung dieses Verhältnisses entdecken wir die
liebenswürdigsten Züge des Dichters. Mit wunderbarer Innigkeit weiß er
jrund zu den ernsteren, zu den
uns diese schlichten Mädchen des Volkes, Modistinnen oder Verkäuferinnen,
se Wiener Gesellschaft, mondaine
zu schildern. Anatol liebt sie mit der ganzen Zärtlichkeit seiner sehnsüchtigen
ser mit ihren „Liebeleien“, Schau¬
Seele, und sie lieben ihn mit ihrer ganzen Natürlichkeit. Er schwärmt von
stadt, aber auch Eirensdamen,
ihrem kleinen Zimmer draußen auf der Vorstadt mit den gemalten Wänden,
„leichtsinnigemelancholische Welt“
mit den paar alten schlechten, verblaßten Kupferstichen, mit den Blumen¬
töpfen am Fenster und mit der Aussicht auf die im Dunkel versinkenden
er Seenenreihe „Anatol“. Das
Däher und Rauchfänge. Doch hören wir Anatol selber! So schildert er
as Schnitzler geschaffen hat. In
sein Glück einer verheiratheten Freundin:
Meisterschaft in der Beherrschung
sie wartet wohl schon auf Sie?
herhaupt. Wir dürfen diesse sieben
Gabriele:
ffassen. Dieser Künstler hat eine
Anatol: Gewiß!
Gabriele: Sie wartet!? — Sagen Sie ... wie empfängt sie Sie denn?
stionen, die in ihrem kleinen, zier¬
Anatol: Ach — wie man eben empfängt.
was der Dichter schildern wollte,
nie Schnitzler schon früh vollendete
Gabriele: Sie hört Ihre Schritte auf der Treppe .. . nicht wahr?
finiaturwerte schafen. Nachträglich
Anatol: Ja ... zuweilen.
hr Perlen auf eine Schnur gezogen.
Gabriele: Und steht bei der Thür?
s Buches ist der bekannte „leicht
Anatol: Ja!
fahren nicht, wie er sonst heißt und
Gabriele: Und fällt Ihnen um den Hals — und küßt Sie — und
Er ist für uns nur der Liebhaber.
sagt . . . Was sagt sie denn? ...
den meisten dieser Senen vorkomm,
Anatol: Was man eben in solchen Fällen sagt ...
typische Figur Schnitzlers, die auch
Gabriele: Nun — zum Beispiel?
Mar ist der verständige, matvolle,
Anatol: Ich weiß kein Beispiel!
sche Pulades, Anatol der weichherzige,
Gabriele: Was sagte sie gestern?
Drest. Jener repräsentirt das Leben,
Anatol: Ach — nichts Besonderes . .. das klingt so einfältig, wenn
moderne müde Sele, ein Leben in
man nicht den Ton der Stimme dazu hört!
sch und Melancholie, in aufrichtigen,
Gabriele: Ich will ihn mir schon dazu denken. Nun — was
m Selbstbetrug und Posen. Lede sind
sagte sie?
der heutigen Cultur, Repräfentanten der
Anatol: „. .. Ich bin so froh, daß ich Dich wieder hab'!“
pitelsmus, und schärfer bezeichnet, des
Gabriele: „Ich bin so froh“ — wie?!
—hen Seenen sind sieben Liebes¬
Anatol: „Daß ich Dich wieder hab'!“
gsan, seine Ilusionen zerpflüicken. er
Gabriele: Das ist eigentlich hübsch — sehr hübsch! —
emnpfindungen. In Allem sieht er die
Anatol: Ja . . . es ist herzlich und wahr!
Gesicht schen, aber er fürchtet sich ver
Gabriele: Und sie ist ... immer allein? — Ihr könnt Euch so
ringlich fragen, od sie ihm wirtlich lied¬,
ungestört sehen!?
in sie liebe; er versucht dies einmal, sogar
Anatol: Nun ja — sie lebt so für sich — sie steht ganz allein —
der entscheidenden Frage weicht er imme
keinen Vater, keine Mutter . . . nicht einmal eine Tante!
die Frage an das Schickfal). Wer
Gabriele: Und Sie .... sind Ihr Alles?
Mischung aus den verschiedenarligsten
Anatol: ... Möglich Heute (Schweigen).
blafirt, eynisch, gemein, dann zeigt er
Dieses „süße Mädl“, eine Lieblingsgestalt des Dichters, kehrt ebenso
Er knüpft Liebesverhältnisse mit ver
*
wie die beiden männlichen Charaktere, der Liebhaber und der Freund, und
Fene „Weihnachtseinkäufe“) und mi
die verheirathete Frau in den Werken Schnitzlers immer wieder. Am
hieren hat Anaiol auf der Vorstadt endell.
sahdln“. In dieser Liebe findet er noch ein