box 36/1
Pamphlets, Offprints
Arthur Schnitzler.
189
in Berlin.
Das ist die schlichte Entwickelung. Aber welche Seelenkämpfe erleben wir!
wie in dem „Marchen“ gelungen,
Allerdings hat sich bei dieser psychischen Diagnose Schnitzler, der Dichter,
er inneren Festigkeit und Harmonie
bei Schnitzler, dem Arzte, Raths erholt; dennoch handelt es sich nicht allein
harakter, kurz einen außerordentlichen
um die Schilderung eines interessanten „Falles“, sondern, ähnlich wie in
u schildern. Der Dialog zwischen
der Novelle des genialen Polen Dabrowski: „Der Tod“, um eine Seelen¬
ir das Duell sagt uns nichts Neues;
analyse, um eine Zerfaserung des inneren Menschen. Nur daß sich hier
t wird, entspricht dem Wesen der
alles Empfinden um ein geliebtes Wesen concentrirt, während dort in der
selbst hier von einer Tendenz des
Erzählung des Polen sich die flüchtigen, gejagten Gedanken über alle Erkennt¬
rvoll ist die Liebesscene zwischen dem
nisse verbreiten und Alles niederreißen, was göttlich und was menschlich ist.
gelungen, — bei der Herbheit dieser
Es fehlen in der Novelle Schnitzlers nicht die großen erschütternden
sie Scene. Der Dichter hat dieses
Momente. Zu dämonischen Wahnsinnsvorstellungen werden oft die Gedanken
durch die Einfachheit und Natürlich¬
des Kranken. Liebe und Haß kämpfen fortwährend in ihm. Nachts erwacht
e Hilfe der Geschehnisse nahm er in
er oft, und einmal, als er die Geliebte in ihrer ganzen Jugendschönheit
führte die Liebenden, die sich bisher
neben sich liegen sieht, greift seine Hand nach ihrer Kehle, und er möchte sie
findlich zu einander.
morden... Gerade derartige Scenen gelingen dem Dichter, wie auch sein
sen Dramen mehrere Novellen ge¬
zweites Novellenbuch beweist, vortrefflich. Aber ein unübertrefflicher Meister
ist von den bisher erschienenen die
ist Schnitzler in der Schilderung innigster und aufopfernder Frauenliebe. Diese
der Seelenschilderungskunst, ein stilisti¬
Marie ähnelt in vieler Beziehung der Christine. Unbeschreibliche Anmuth und
uch in allen seinen Novellen wirkt
Liebenswürdigkeit ziert diese naiv=klugen, sentimental=frischen Geschöpfe. Wenn
durch die Schlichtheit seiner Art, zu
der Dichter sie schildert und als Hintergrund Wien, die Gassen, den Ring, den
hseln. Es sind seelische Erlebnisse, die
Frühling und Sommer, dann geht ihm das Herz auf, dann giebt er sein Eigenstes,
Alle seine Novellen sind melancholische
sein Bestes. So sind denn auch die Liebesscenen am Anfang dieser Novelle duftige,
natürlich im Leben, es giebt keine
zarte Gedichte in Prosa voll Stimmung und Zärtlichkeit. Und wie fein ist dieser
es giebt nur einen Lebensdrang und
Mädchencharakter entwickelt, wie ist mit feinster Kunst die reinste Natur hier
täglich, was sollen wir darum deuten
geschildert worden! Diese herzliche Liebe zu dem Sterbenden und diese
ßen — es giebt keinen Ehebruch, es
träumerische, dann mächtig wachsende Sehnsucht in das Leben! Wie ein voller
koblem giebt es: das Sterben! Das
mächtiger Accord klingt das Leben in die Gruft des Sterbenden hinein. Wir
izige Problem! Das ist die unbegreif¬
stehen voll Erschütterung endlich vor dem Todtenbette und lauschen doch, heimlich
ron Menschen trennt, Liebe von
entzückt, den Harmonieen des Lebens. So ist es im Leben, und so sind that¬
sch, wie derjenige, den der Tod erfaßt
sächlich unsere Empfindungen. Und die optimistische Weltanschauung, die hier
mehr aus unserer Empfindungswelt
verkündet wird, ist das Große an diesem Buche.
unserer Liebe wird Mitleid, und das
Alles, was uns Schnitzler bisher gab, das giebt er uns noch einmal
umer stärker erwacht in uns wieder der
gleichsam in einem neuen und wiederum so wundervoll einfachen Gefäße in
sebendigen mitzuempfinden. Und das
seinem zweiten Novellenbuche: „Die Frau des Weisen“. Lächelnd treten
er wachsenden Menschenfeindseligkeit, an
sie uns wieder entgegen: der leichtlebig=melancholische Liebhaber, das süße
sebste mitnehmen, er möchte es tödten ...
Mädl und die liebenswürdige und keiner Sünde sich bewußte ehebrecherische
und des Lebenden am Krankenbette giebt
Frau. Fast jede Novelle ist ein Capitel vom Tode. Und fast jede Novelle
Sterben“. Felir segt der Geliebten, daß
schließt mit einem heiteren Accorde aus dem ewigen Liede des Lebens.
ndsucht. Da schwört sie ihm, mit ihm
Schade, daß die schwächste dieser Novellen am Anfang steht und der
und, verzichtet auf dieses Opfer; aber je
Sammlung den Namen giebt. Die Novelle „Die Frau des Weisen“.
desto öfter erinnert er sie an ihren
beginnt mit einer wundervollen lyrischen Stimmung ...
„Alles ist still
desto nachdenklicher wird Marie, und sie
und unbewegt. Nur die weißen Wolken treiben langsam; aber der Wind
runst wieder in's frische, volle, blühende
streicht so hoch über Wellen und Wipfel hin, daß das Meer und die Bäume
flieht sie aus dem Sterbezimmer . .
Pamphlets, Offprints
Arthur Schnitzler.
189
in Berlin.
Das ist die schlichte Entwickelung. Aber welche Seelenkämpfe erleben wir!
wie in dem „Marchen“ gelungen,
Allerdings hat sich bei dieser psychischen Diagnose Schnitzler, der Dichter,
er inneren Festigkeit und Harmonie
bei Schnitzler, dem Arzte, Raths erholt; dennoch handelt es sich nicht allein
harakter, kurz einen außerordentlichen
um die Schilderung eines interessanten „Falles“, sondern, ähnlich wie in
u schildern. Der Dialog zwischen
der Novelle des genialen Polen Dabrowski: „Der Tod“, um eine Seelen¬
ir das Duell sagt uns nichts Neues;
analyse, um eine Zerfaserung des inneren Menschen. Nur daß sich hier
t wird, entspricht dem Wesen der
alles Empfinden um ein geliebtes Wesen concentrirt, während dort in der
selbst hier von einer Tendenz des
Erzählung des Polen sich die flüchtigen, gejagten Gedanken über alle Erkennt¬
rvoll ist die Liebesscene zwischen dem
nisse verbreiten und Alles niederreißen, was göttlich und was menschlich ist.
gelungen, — bei der Herbheit dieser
Es fehlen in der Novelle Schnitzlers nicht die großen erschütternden
sie Scene. Der Dichter hat dieses
Momente. Zu dämonischen Wahnsinnsvorstellungen werden oft die Gedanken
durch die Einfachheit und Natürlich¬
des Kranken. Liebe und Haß kämpfen fortwährend in ihm. Nachts erwacht
e Hilfe der Geschehnisse nahm er in
er oft, und einmal, als er die Geliebte in ihrer ganzen Jugendschönheit
führte die Liebenden, die sich bisher
neben sich liegen sieht, greift seine Hand nach ihrer Kehle, und er möchte sie
findlich zu einander.
morden... Gerade derartige Scenen gelingen dem Dichter, wie auch sein
sen Dramen mehrere Novellen ge¬
zweites Novellenbuch beweist, vortrefflich. Aber ein unübertrefflicher Meister
ist von den bisher erschienenen die
ist Schnitzler in der Schilderung innigster und aufopfernder Frauenliebe. Diese
der Seelenschilderungskunst, ein stilisti¬
Marie ähnelt in vieler Beziehung der Christine. Unbeschreibliche Anmuth und
uch in allen seinen Novellen wirkt
Liebenswürdigkeit ziert diese naiv=klugen, sentimental=frischen Geschöpfe. Wenn
durch die Schlichtheit seiner Art, zu
der Dichter sie schildert und als Hintergrund Wien, die Gassen, den Ring, den
hseln. Es sind seelische Erlebnisse, die
Frühling und Sommer, dann geht ihm das Herz auf, dann giebt er sein Eigenstes,
Alle seine Novellen sind melancholische
sein Bestes. So sind denn auch die Liebesscenen am Anfang dieser Novelle duftige,
natürlich im Leben, es giebt keine
zarte Gedichte in Prosa voll Stimmung und Zärtlichkeit. Und wie fein ist dieser
es giebt nur einen Lebensdrang und
Mädchencharakter entwickelt, wie ist mit feinster Kunst die reinste Natur hier
täglich, was sollen wir darum deuten
geschildert worden! Diese herzliche Liebe zu dem Sterbenden und diese
ßen — es giebt keinen Ehebruch, es
träumerische, dann mächtig wachsende Sehnsucht in das Leben! Wie ein voller
koblem giebt es: das Sterben! Das
mächtiger Accord klingt das Leben in die Gruft des Sterbenden hinein. Wir
izige Problem! Das ist die unbegreif¬
stehen voll Erschütterung endlich vor dem Todtenbette und lauschen doch, heimlich
ron Menschen trennt, Liebe von
entzückt, den Harmonieen des Lebens. So ist es im Leben, und so sind that¬
sch, wie derjenige, den der Tod erfaßt
sächlich unsere Empfindungen. Und die optimistische Weltanschauung, die hier
mehr aus unserer Empfindungswelt
verkündet wird, ist das Große an diesem Buche.
unserer Liebe wird Mitleid, und das
Alles, was uns Schnitzler bisher gab, das giebt er uns noch einmal
umer stärker erwacht in uns wieder der
gleichsam in einem neuen und wiederum so wundervoll einfachen Gefäße in
sebendigen mitzuempfinden. Und das
seinem zweiten Novellenbuche: „Die Frau des Weisen“. Lächelnd treten
er wachsenden Menschenfeindseligkeit, an
sie uns wieder entgegen: der leichtlebig=melancholische Liebhaber, das süße
sebste mitnehmen, er möchte es tödten ...
Mädl und die liebenswürdige und keiner Sünde sich bewußte ehebrecherische
und des Lebenden am Krankenbette giebt
Frau. Fast jede Novelle ist ein Capitel vom Tode. Und fast jede Novelle
Sterben“. Felir segt der Geliebten, daß
schließt mit einem heiteren Accorde aus dem ewigen Liede des Lebens.
ndsucht. Da schwört sie ihm, mit ihm
Schade, daß die schwächste dieser Novellen am Anfang steht und der
und, verzichtet auf dieses Opfer; aber je
Sammlung den Namen giebt. Die Novelle „Die Frau des Weisen“.
desto öfter erinnert er sie an ihren
beginnt mit einer wundervollen lyrischen Stimmung ...
„Alles ist still
desto nachdenklicher wird Marie, und sie
und unbewegt. Nur die weißen Wolken treiben langsam; aber der Wind
runst wieder in's frische, volle, blühende
streicht so hoch über Wellen und Wipfel hin, daß das Meer und die Bäume
flieht sie aus dem Sterbezimmer . .