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1. Panphlets, Offprints box 36/1
KRAUS.
rührend engen Horizont ausfüllen. Auch haben sie in Wien
einige Oertlichkeiten gepachtet, in die sie ihre ganze eigene
Empfindungswelt einspinnen. So müssen die Fischerstiege,
der Heiligenkreuzerhof, die Votivkirche und die Karlskirche
ihren Bedarf an Stimmungen decken. -Die Karlskirche gehört
mirl rief einer eines Tages, da der Tischnachbar sie ihm
streitig machen wollte. Als Letzterer sich mit dem Wien¬
ufer zufrieden gab, war der Grenzstreit der Stimmungen
friedlich beigelegt.
Der am tiefsten in diese Seichtigkeit taucht und am
vollsten in dieser Leere aufgeht, der Dichter, der das
Vorstadtmädel burgtheaterfähig machte, hat sich in über¬
lauter Umgebung eine ruhige Bescheidenheit des Grössen¬
wahnes zu bewahren gewusst. Zu gutmüthig, um einem Pro¬
blem nahetreten zu können, hat er sich ein- für allemal eine
kleine Welt von Lebemännern und Grisetten zurechtgezim¬
mert, um nur zuweilen aus diesen Niederungen zu falscher
Tragik emporzusteigen. Wenn dann so etwas wie Tod vor¬
kommt, — bitte nicht zu erschrecken, die Pistolen sind mit
Temperamentlosigkeit geladen: -Sterbens ist nichts, aber
leben und nicht sehen
Nicht um Leben aufzunehmen, treten diese Nachempfin¬
der dann und wann aus dem Schneckengehäuse ihres angeb¬
lichen Ich heraus, nur um dessen coquette Windungen an¬
dächtig zu betrachten. Ein an französischen Vorbildern ge¬
übter Formensinn lässt sie an der dekorativen Ausgestaltung
ihrer nächsten Umgebung, ja der eigenen Person ein naives
Vergnügen finden. Da ist ein Schriftsteller, der so grosse
Erfolge auf dem Gebiete der Mode aufzuweisen hat, dass er
sich getrost in eine Concurrenz mit der schönsten Leserin
einlassen kann. Diesem Autor, der seit Jahren an der dritten
Zeile einer Novelle arbeitet, weil er jedes Wort in mehreren
Toiletten überlegt, liefert ein persischer Tuchfabrikant die
besten Stoffe. Mit eisernem Fleisse schafft er an seiner
Kleidung und feilt sie bis in das feinste und subtilste Detail;
seine Hemden verblüffen, und da er sehr productiv ist, lässt
erexotische Muster in rascher Abwechslung aufeinander foigen.
Stets auf Schönheit und möglichste Exactheit einer jeden
Pose bedacht, versteht er Alles um sich herum zu ge¬
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1. Panphlets, Offprints box 36/1
KRAUS.
rührend engen Horizont ausfüllen. Auch haben sie in Wien
einige Oertlichkeiten gepachtet, in die sie ihre ganze eigene
Empfindungswelt einspinnen. So müssen die Fischerstiege,
der Heiligenkreuzerhof, die Votivkirche und die Karlskirche
ihren Bedarf an Stimmungen decken. -Die Karlskirche gehört
mirl rief einer eines Tages, da der Tischnachbar sie ihm
streitig machen wollte. Als Letzterer sich mit dem Wien¬
ufer zufrieden gab, war der Grenzstreit der Stimmungen
friedlich beigelegt.
Der am tiefsten in diese Seichtigkeit taucht und am
vollsten in dieser Leere aufgeht, der Dichter, der das
Vorstadtmädel burgtheaterfähig machte, hat sich in über¬
lauter Umgebung eine ruhige Bescheidenheit des Grössen¬
wahnes zu bewahren gewusst. Zu gutmüthig, um einem Pro¬
blem nahetreten zu können, hat er sich ein- für allemal eine
kleine Welt von Lebemännern und Grisetten zurechtgezim¬
mert, um nur zuweilen aus diesen Niederungen zu falscher
Tragik emporzusteigen. Wenn dann so etwas wie Tod vor¬
kommt, — bitte nicht zu erschrecken, die Pistolen sind mit
Temperamentlosigkeit geladen: -Sterbens ist nichts, aber
leben und nicht sehen
Nicht um Leben aufzunehmen, treten diese Nachempfin¬
der dann und wann aus dem Schneckengehäuse ihres angeb¬
lichen Ich heraus, nur um dessen coquette Windungen an¬
dächtig zu betrachten. Ein an französischen Vorbildern ge¬
übter Formensinn lässt sie an der dekorativen Ausgestaltung
ihrer nächsten Umgebung, ja der eigenen Person ein naives
Vergnügen finden. Da ist ein Schriftsteller, der so grosse
Erfolge auf dem Gebiete der Mode aufzuweisen hat, dass er
sich getrost in eine Concurrenz mit der schönsten Leserin
einlassen kann. Diesem Autor, der seit Jahren an der dritten
Zeile einer Novelle arbeitet, weil er jedes Wort in mehreren
Toiletten überlegt, liefert ein persischer Tuchfabrikant die
besten Stoffe. Mit eisernem Fleisse schafft er an seiner
Kleidung und feilt sie bis in das feinste und subtilste Detail;
seine Hemden verblüffen, und da er sehr productiv ist, lässt
erexotische Muster in rascher Abwechslung aufeinander foigen.
Stets auf Schönheit und möglichste Exactheit einer jeden
Pose bedacht, versteht er Alles um sich herum zu ge¬
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