VI, Allgemeine Besprechungen 1, Hugo Klein, Seite 3

Mechte und im uinrechte.
wie man es nimmt. Eo
giebt in Wien trotz der
zunehmenden Verrohung
der Stadt noch immer
eine ganz stattliche Garde
ernbard Baumeister.
von begeisterten Kunst¬
Joseph Kainz.
liebhabern, und darum
Artikel „Wiener Kunstleben“.
besitzt sie auch ein Kunst¬
in, ab¬
zurücktreten. „Na, laß nur, Du wirst schon sehen; da, halt'
leben, ob sie auch wie
t, was
mir mal meinen Stock, während ich über das Gitter klettere.“
in politischer so in künst¬
alter
Geräuschlos sprang er, indem er seinen langen spani¬
lerischer Hinsicht die füh¬
schen Mantel hochhob, damit dieser sich nicht an den Eisen¬
rende Stellung längst
unsere
stäben festsetzte, nach der anderen Seite hinüber, nahm
verloren hat. Der Musik
Unter¬
seinen Stock wieder an sich und verschwand im Dunkeln.
leuchtet noch immer das
selben
„Donnerwetter,“ bemerkte Chartier, „der Kerl hat Muth!“
Licht von Bayreuth, die
hllte als
„Und ich,“ erklärte Ballot, „ich sage Euch, er hat Angst;
Berliner Schauspieler
vinnen,
da hört nur, wie er pfeift!“
und Dramendichter ha¬
stecken.
Thatsächlich hörte man das damals so beliebte Lied
ben sich das Theater er¬
Lächeln
„Amandas Liebster“ pfeisen.
dann vernahmen wir
obert, und in Sachen der
km ihn
plötzlich ein eigenthümliches klapperndes Geräusch, als wenn
bildenden Künste wurde
Hoff¬
etwas klapperte.
Wien längst der Rang
lot, der
„Er ist auf ein Grab gefallen und hat jedenfalls an
durch München, Berlin
ersuchte
einen Glaskranz gestoßen.“
und andere Städte abge¬
bährend
Das Pseifen hatte aufgehört . ... wir standen da etwa
laufen. Bedeutende Män¬
zuckte.
zehn Mann in der Mauernische, an das Gitter gedrängt
ner lebten und wirkten
in der
und lauschten ängstlich und zitternd.
stets in der österreichischen
sam die
Plötzlich ertönte in dem tiefen Schweigen ein langer,
Kaiserstadt, ob sie auch
er dü¬
gräßlicher Schrei, — gleichzeitig ein Brüllen und ein Röcheln,
nicht immer Wiener von
kostü¬
dem ein dumpser Fall folgte.
Geburt waren. Aberman
Birthin
Die Tapfersten von uns fühlten, wie die Angst ihnen
hat sie zur Zeit ihres
reckliche
das Herz einpreßte; wir mochten wohl Alle leichenblaß und
Lebens hier nicht immer
ier auf
einer Ohnmacht nahe sein. ..
Mit einem Schrei, der das
anerkannt, und ob man
Chopin
Echo des ersten zu bild'n schien, sank Léontine bewußtlos
ihnen nach ihrem Tode
othige
am Gitter nieder.
auch Monumente errich¬
„Was? — was giebl's denn?“ rief Ballot mit zittern¬
tete, so wirkte man doch
lich an.
der Stimme. „Wir müssen den Wächter holen.
nicht in ihrem Geiste
gt und
Wir stürzten auf die kleine Eineangsthür zu, und einer
fort. Wo sind die Wiener
von uns klingelte wie ein Wahnsinniger. Die Sekunden
Epigonen Mozarts und
Dunkel¬
erschienen uns wie Jahrhunderte. Endlich öffnete sich ein
Schuberts, Grillparzers
Sterne,
Fenster . .. eine weiße Gestalt erschien, und eine brummige
und Hebbels, Raimunds
Sausen
Stimme fragte drohend:
und Nestroys, Anzen¬
Beit zu
„Was wollen Sie in dieser Stunde? — Was giebt's?“
grubers und Bauern¬
Loko¬
Ich trat zitternd näher, die Angst preßte mir die Kehle
felds, Makarts und
machte
zu, und ich stammelte zusammenhangslose Worte, — was,
Tilgners, Lenaus und
enigen
weiß ich selbst nicht mehr.
Karl Becks? Sie lebten
moos¬
Der Aufseher, der wohl merken mochte, daß sich etwas
und starben, wurden zu
dem
Ernstes ereignet, kam aus seiner Wohnung, öffnete uns, in der
Lebzeiten viel benörgelt,
Strick
einen Hand eine Blendlaterne, in der andern einen Revolver.
nach dem Tode viel ge¬
Dinge
„Ja, ja, kommen Sie nur, da . . . da hinten ...
feiert, in ihrem Geiste
nich ein
An derselben Stelle, wo wir am Tage gearbeitet hatten,
weiterzustreben, fiel Nie¬
vor¬
lag Lantinois leblos auf der Erde. Die Augen waren aus
mandem ein. Lieber
dem
den Höhlen getreten, der Mund war offen, das Gesicht von
ahmt und strebt man
Entsetzen verzerrt, er war todt! Beim zitternden Schein der
fremdländischen Mustern
Licht
Laterne hatten wir sofört die Erklärung für dieses Drama
nach, als daß man dem
der Panik..
Der Unglückliche hatte, als er seinen Stock
Geiste der eigenen großen
bis mit
— eine Art Alpenstock mit eiserner Spitze — in die auf¬
Söhne die einzig richtige
Pache.“
geweichte Erde bohrte, irrthümlich das Ende seines langen
Art der Verehrung be¬
Mantels mit aufgespießt; als er sich dann entfernen wollte,
nicht
zeugte. Die Großen
fühlte er, wie ihn etdas zurückhielt,
machen hier nicht Schule,
seine ohnehin schon getrübten Sinn¬#
aber das liegt nicht an
hatten sich unter der surchtbaren
ihnen. Die Wiener be¬
Angst vollständig verwirrt, und
reiten lieber den nichti¬
dieses Entsetzen hatte einen Ge¬
gen Sensationshaschern
hirnschlag zur Folge gehabt.“
flüchtige Erfolge, als daß
sie die wahren Propheten
Der Erzähler schwieg und ließ
im eigenen Lande ge#en
ließen.
ein Streichholz knistern, um seine
Cigarre wieder anzustecken. Wir
Vor der vollständi¬
bemerkten nun, daß Herr von
gen Versumpfung seines
Rozeralles leichenblaß war,
Kunstlebens schützen
wie wir Alle!
Wien noch immer be¬
deutende Männer, die
hier wirken. Auf dem
Wliener Kunstleben.
Gebiete der Musik hat
Don Hago Ulein.
sich in dieser Hinsicht
(Dazu zwölf Porträts.)
Gustav Mahler, der
thatkräftige Direktor un¬
enn man die Wiener nach
223 dem Wiener Kunstleben
serer Hofoper, besondere
Verdienste erworben.
fragt, so wird man leicht
Seit wenigen Jahren erst
die Beobachtung machen
wirkt er in seiner wich¬
können, daß sie in zwei Lager zer¬
tigen und einflußreichen
fallen. In dem einen wird man
die begeisterten Schwärmer für alles
Stellung in Wien, und
Wienerische finden, das sie als die
doch hat er schon in dieser

höchste Kundgebung des genialen
kurzen Zeit das musika¬
indelmühl im Riesengebirge.
Menschenthums ansehen. Diese lische Interesse in einer
Dr. Paul Schlenther.


ehultzler.
Hugo von Hofmannstbal.

C. Karlweiss.
Gustav Mahler.
man
n0