VI, Allgemeine Besprechungen 1, 1-14, Lamprecht Deutsche Geschichte Ergänzungsband, Seite 7

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gemeinen Zusammenhange heraus. Seit dieser Zeit etwa be¬
gann nämlich der idealistische Zug, der im Stimmungsroman
auch die Kunsterzählung ergriffen hatte, sich zu dem Bedürfnis
nach weit objektiveren idealistischen Elementen zu erweitern:
und hier, auf dem Boden des Kultus der größten objektiven
idealen Elemente dieser Welt, des Patriotismus und vor allem
der Heimatliebe, begegnete er sich nun mit der Unterströmung
der Heimatkunst und erhob diese zu einer wahrhaft wichtigen
Erscheinung des nationalen Gesamtlebens.
Was diese Erscheinung für die Nation und die Kunst und
die Zukunft beider zu bedeuten haben wird, das läßt sich heute
noch nicht voll abschätzen. Aber eins ist sicher: die Bewegung ist
mächtig und allgemein; überall weist namentlich die Kunst¬
erzählung schon Erzeugnisse starker territorialer Eigenart auf
und kräftige Talente, die sie pflegen; dann folgt die Lyrik,
und, wie das Beispiel des Elsasses zeigt, auch dramatische
Versuche sind nicht ausgeschlossen. Die für das deutsche Leben
unendlich wichtige Thatsache, daß die engen heimatlichen
Bildungen in besonderer territorialer Verfassung, landschaftlicher
Sitte und stammeshaftem Geistesleben, die den nationalen
Einheitszug des 19. Jahrhunderts siegreich überlebt haben, nun
auch gegen den nivellierenden Einfluß allgemein europäischer
litterarischer Tendenzen, ja gegen die schon spürbaren Ein¬
wirkungen einer Weltlitteratur für ihr Sonderdasein nicht so
sehr in blinder Abwehr wie in kräftigem Sonderschaffen macht¬
voll eintreten, verbürgt uns auch fernerhin die Eigenheit unserer
Kultur: jenes weit verstreute, überall gleich starke, nirgends
übermäßig konzentrierte und darum nirgends einseitige geistige
Schaffen, das unser Wesen so sehr von dem anderer Nationen
der europäischen Völkerfamilie abhebt. Und die Thatsache, daß
in der Heimatkunst zugleich jene uns schon aus der Lyrik
bekannte Entwicklungstendenz des psychologischen Impressio¬
nismus auf einen Idealismus nicht bloß der subjektiven
Stimmung, sondern objektiver Werte hin eine sichere Grundlage
gefunden hat, erscheint von guter Vorbedeutung für die Ent¬
faltung einer idealistischen Erzählungskunst überhaupt. Sie
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kommt aber auch dem Drama zu sta
um höchste Höhen zu erreichen, der
objektiver Werte des höheren sittliche
Freude also an Familie, Heimat, Vat
Verwachsenseins mit gewissen elem
stellungen, die von jedermann, wenn a
Sinne des Wortes geglaubt, so de
lebensnotwendig unmittelbar empfund
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