VI, Allgemeine Besprechungen 1, 1-14, Lamprecht Deutsche Geschichte Ergänzungsband, Seite 51

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Panphlets offprints
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Dichtung.
vorkommen. Die Wirkung ist fast direkt und beinah aus¬
eine Anzeichen inner¬
schließlich physiologisch: der Kreis der modernen poetischen Ent¬
enheit; im Gegen¬
wicklung zeigt sich in gewissem Sinne vollendet: von der Dar¬
an allen Enden.
stellung der physiologischen Erscheinungen ging sie aus und
ist, ist es die
reduzierte deren Wirkungen auf Nerveneindrücke; jetzt schließt
npulsive Ent¬
sie mit einem Apparat äußerer dramatischer Erscheinungen,
en; ewige Ana¬
deren ausgesprochene Absicht es ist, fast nur noch nervöse Er¬
ube an Zeichen
regung hervorzurufen.
er mit ihren
Freilich: ebenso richtig ist es, zu sagen, daß diese Erregung
enden gleich¬
bei anderen nicht eintreten würde, wäre sie nicht in der
nenschlichen
untersten Stufe gleichsam des Seelenlebens, in dem Nerven¬
en Denkens
raum des Dichters vorhanden gewesen, und hätte er nicht für
Nerven
sie in seinen Dramen den für ihr Wirken auf die moderne
stalten.
Seele eben notwendigen und entsprechenden Ausdruck ge¬
cht naiv
funden. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet handelt es
iv und
sich bei den Dramen Maeterlincks um neurologische Stimmungs¬
ein¬
dramen ausgesprochensten Charakters, ja um eigentlich mehr
st und
als rein subjektive Stimmungsdramen: denn da das in ihnen
dernen
vertretene mythische und Märchenelement wenigstens für das
seelische Empfinden und Auffassen weit zurückliegender Zeiten
nder¬
der objektiven Wirklichkeit angehörte, so wird ihnen auch für
ks Lieb¬
das Empfinden der Gegenwart noch etwas von jener Wirk¬
mehr
lichkeit, als ein psychisches Sediment gleichsam aller Urzeiten
len,
und Mittelalter, zu teil: sie wirken wie Gespensterscenen auf
twa,
noch halb und im stillsten Stillen gespenstergläubige Gemüter.
Ist es bei diesem Zusammenhange verwunderlich, daß
mag.
Maeterlinck persönlich sehr bald stärkste, durchaus mittelalterliche,
eine
ja urzeitliche Spuren religiöser Gebundenheit verriet, daß er,
Span¬
Spiritist schon bei Abfassung der „Princesse Maleine“ später
Er¬
Mystiker ward und Sucher eines urzeitlich gebundenen Gottes¬
alt
begriffs auf eigene Faust? Das merkwürdige Buch „Le Trésor
des Humbles“ (1896) zeigt diese Entwicklung vollzogen.
In Deutschland hat Maeterlinck anfangs wenige unmittel¬
bare Nachahmer gewonnen, wenngleich seine erstaunliche tech¬
Poesie
nische Kunst früh Bewunderer fand: neuerdings dagegen scheint
eraubte,
sein Einfluß ein wenig im Wachsen zu sein: Ernst Rosmer
Dramen