VI, Allgemeine Besprechungen 1, 1-14, Lamprecht Deutsche Geschichte Ergänzungsband, Seite 57

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1. Panphlets offneints
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Dichtung.
Person in dem geschilderten Kreise u. dergl. mehr. Allein schon
hat hier einen Grad er¬
früh läßt sich doch bei ihm hierüber hinaus ein besonderer Sinn
erischen Tendenz der letzten
für die Entwicklung der Charaktere wahrnehmen. Oder besser:
noch Nahrung empfangen
die Auswicklung der Charaktere, den Prozeß, in dem sich ge¬
entschieden schädigt.
wisse Charaktere von klar und abgeschlossen gegebenen Potenzen
dagegen, das „Johannis¬
her unter gewissen Umständen zu deren voller Entfaltung fort¬
und auch sonst klarer, da
bewegen. Darum liegt ihm in seinen Dramen von vornherein
elten, wie die des Evan¬
die Charakterstudie nahe; Vockerat in den „Einsamen Menschen“.
ten, im jähen Verfall be¬
College Crampton, die Wolffen im „Biberpelz“ sind solche
ntrastiert, sondern vielmehr
Charaktere, die er besonders eingehend studiert hat, ohne sie
hen und deshalb in stärkerer
freilich im Zustandsdrama anders als in ihrer jeweiligen Lebens¬
egeneinander leben können.
breit., gleichsam im Querdurchschnitt zu erfassen. War es
er“ durchaus psychologisch;
aber denkbar, daß einer ausgesprochenen Begabung solche Experi¬
eifel mehr, daß sich Suder¬
mente genügten? Schon vor allen Dramen, die heute bekannt
ger Jahre aus dem Drama
sind, hat Hauptmann in seinen Skizzen das Problem tiefer zu
lichtung eines Dramas des
fassen gesucht. Sind nun diese Skizzen der Zeichnung des
ismus entwickelt hat, das
Abnormen gewidmet und insofern besonders geeignet, nicht
er großen Weltanschauung
über den Charakter der Studie hinaus zu wachsen, so läßt sich
in den neunziger Jahren das wachsende psychologische Interesse
vereinzelter Vorgang. Die
des Dichters auch in den Dramen verfolgen. So vor allem
lgemeinen, auch sonst wahr¬
in der „Versunkenen Glocke“: es ist das erste Stück, in dem
trömung der Entwicklung
Hauptmann den Versuch einer Auswicklung des Charakters
Tendenz: der physiologische
seines Helden macht und sich damit dem eigentlichen psycho¬
erlei noch immer nicht ab¬
logischen Drama nähert. Aber noch war dieser Versuch nur
ischen Intermezzos, einem
ein tastender, und der Märchenton schloß von vornherein eine
ymbolismus gebundenen
naturalistisch feiner liselierte Charakterschilderung aus. Sollte
und neben Sudermann
ein volles Seelenleben in seiner Entwicklung zur Darstellung
gezogen
gelangen, so war auf das reine Drama zurückzugreifen.
ramen die Seelen¬
Im Jahre 1899 erschien Hauptmanns „Fuhrmann
Ergreifen
bt
Henschel“. Das Milieu ist das alte schlesische, auch die Technik
emein¬
im einzelnen ist die alte. Es wird z. B. schlesisch gesprochen,
ichsam
und die Personen sind schon in den Schattierungen der Sprache
in der
charakterisiert, und zwar so fein wie im „Biberpelz“; der
en und
Kellner George aus Meißen, in Schlesien thätig, spricht sächsisch
Dauern¬
mit schlesischem Anklang, wie die Wolffen im „Biberpelz“ auf
den kann
schlesisch berlinert. Neu aber ist der Charakter der Fabel.
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