VI, Allgemeine Besprechungen 1, 1-14, Lamprecht Deutsche Geschichte Ergänzungsband, Seite 68

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1. Panphle
ets, Offprints
Dichtung.
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liche Idee zu verkörpern. Dem entspricht denn auch sein
passives Verhalten und seine weiche, fast weibliche Art, zu ganz
offensichtlichen Konsequenzen einer bestimmten Weltanschauung,
zu sittlichen Problemen Stellung zu nehmen. Das erscheint
zunächst um so eigentümlicher, als in ihm von Jugend auf
ein starker religiöser Zug wahrnehmbar ist, wenn dieser Zug
sich auch wohl niemals zu positivem Christentum verdichtet hat.
Und es wird auf den ersten Augenblick noch verwunderlicher, wenn
wir von v. Hanstein, der ihn in entscheidenden Jahren (1885 ff.)
genau gekannt hat, hören, er habe vor allem einen starken
sozial=ethischen Zug gehabt. Freilich: spricht v. Hanstein dann
weiter von Entsagungspessimismus, so ist die Erklärung gegeben.
Es ist eine, wenn auch edle, sittliche Resignation, die Hauptmann
kennzeichnet. Gewiß treten gelegentlich neben ihr leise opti¬
mistische Lichter auf, so z. B. in dem prächtigen Lied der Eisen¬
bahnräder oder auch in den minder bekannten Worten, mit
denen der Dichter „Das bunte Buch“, eine Gedichtsammlung
vom Jahre 1885, eröffnen wollte (Schlenther, Hauptmann 2
S. 173): „Wie eine Windesharfe sei deine Seele, Dichter!
Der leiseste Hauch bewege sie. Und ewig müssen die Saiten
schwingen im Atem des Weltwehs; denn das Weltweh ist die
Wurzel der Himmelssehnsucht Also steht deiner Lieder Wurzel
begründet im Weh der Erde; doch ihren Scheitel krönet
Himmelslicht.“ Indes solche leifeste Hoffnungen einer kommenden
Regeneration sind vorübergehende Stimmungen, und keineswegs
ist aus ihnen ein kräftiger Optimismus hervorgewachsen. Denn
noch neuerdings, in dem Drama „Michael Kramer“ (1900),
legt der Dichter dem Titelhelden — ich zweifle nicht, als Aus¬
druck eigenster Überzeugung — Worte klagender Resignation
in den Mund: „Wo' sollen wir landen, wo treiben wir hin?
Warum jauchzen wir manchmal ins Ungewisse? Wir Kleinen,
im Ungeheuren verlassen? Als wenn wir wüßten, wohin es
geht... Von irdischen Festen ist es nichts! — Der Himmel
der Pfaffen ist es nicht! Das ist es nicht, und jen's ist
es nicht, aber was . . . .. (mit gen Himmel erhobenen Händen)
was wird es wohl sein am Ende???“ Gewiß, der Mann, der
.—
Dicht
verzweiflungsvoll oder mindestel
ausbricht, ist ein Mann härte
und er will erziehlich wirken an
Pflichtbewußtseins, — aber do
zeichnet, das ist eine große Unh
Empfindung in den höchsten Fi
gemäß, da er ein ernster Mann
Ruhe im Glaube und nach e
noch keineswegs sein eigen nenn
Hauptmann mag im Wes
dürfnisse unserer Zeit widerges
den Weg zum vollen idealistische
aller Ansätze zu einer Weltan
noch nicht gefunden.
Viel näher kam bisher S
darauf, daß er von vornherein si
bereits einmal angedeutet, eigen
Übergangsdramatiker: er hat sich
mals verloren, wohl aber sich ih
gegeben, je mehr dieser sich ra
Elementen verbinden ließ. Su
steht am deutlichsten am Schlusseh
und hat sich seit dieser Aufzeig
punkten verändert. Wir finden
Reginens, so wie wir Michael
seines Sohnes haben philosoph
dachte und sann, ward ihm zu
lichteten, welche den Boden des m
lichen Bewußtsein trennen, und e
der Mensch sonst pflegt, in de
hinein. Das, was man das Gut#
haltlos in den Nebeln der Oberfla
träumender Kraft das — Nati#
gnadet hat, sprach er zu sich,
dunklen Tiefen wurzeln und duld
emporstrebe, ohne daß die Nebel

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