VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1899–1902, Seite 16

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2. Cuttings
1
Mn
der Fteaueschus. —. —
erteilt die Universitätsquästur.
stochen war. Der 1
zu nehmen. Bezüglich des mazedonischen Reformwerks sagt das Blatt, man
und jetzt nochn
Auszeichnung für verdienstvolle Leistung. Auf der soeben be¬
höre es gerne, daß die beiden verhaudelnden Mächte die humanitären Ideale
nach der Tat die F
endeten Gewerbeausstellung in Weimar, die vom 20. Mai bis 1. Juni
Englands mit den praktischen Absichten Rußlands nahezu in Einklang zu
bringen verstanden hätten und der Hoffnung seien, bei der Monarchen=I stattfand, hat die Firma Robert Kiehle, Leipzig, für ver- griffen. Bis je




wenn 1
Wollte ich auf dem Gebiete der Musik das gleiche tun, so geriete ich in
Noch einen zweiten Arzt will ich Ihnen nennen, damit sich durch
Verlegenheit. Seitdem die vier Großen der letzten Zeiten, Bruckner,
Beidem
ihn das repräsentative Bild des heutigen Wiener Schrifttums für Sie
Sensil
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Brahms, Strauß und Hugo Wolf, dahingegangen sind, und nachdem
runde: den Dr. Karl Schönherr. Zwar ist er von Geburt ein Tiroler,
spi
überdies Mahler uns verlassen hat, gibt's niemanden mehr, der über¬
aum
und man spürt's ihm gewaltig an, aber dennoch gehört er hierher, da er
un
das Mittelmaß hinausragt (Weingartner zählt noch nicht). Besser schon
in Wien Wurzel geschlagen hat und als einziger die Tradition Anzen¬
Wen
steht's auf dem Gebiet der bildenden Künste; da gibt's unter Malern und
grubers fortsetzt. Als einziger und, wie mich dünkt, auch als Eben¬
freilic
Bildhauern manch guten Namen. Aber wer von ihnen ist repräsentativ
bürtiger — gerade weil er ein „anderer“ ist. Er hat wohl nicht den
heiten
wie's etwa für die siebziger Jahre Makart war? Ick wüßte nur
quellenden Reichtum Anzengrubers, nicht dessen farbenerfüllte Naivität
deren B
einen zu nennen, einen Vielumstrittenen: Gustav Klimt.
oder großes Herz. Die Zeiten sind überhaupt heutzutage kühler ge¬
Denn hier i
Klimt ist in mancher Hinsicht eine Parallelerscheinung zu Hof¬
worden, und damit werden wir uns wohl abfinden müssen. In zwei
in dem die feinste
mannsthal. Auch bei ihm wurzelt die Produktivität vor allem in einer
Punkten aber geht Schönherr über Anzengruber hinaus: er ist noch boden¬
ungewöhnlich starken Rezeptivität: er ist ein Aufsauger größten Stiles.
ständiger und echter, realistischer und unerbittlicher; und er hat ein
Und das entscheidende Organ ist bei ihm, ganz wie bei Hofmannsthal,
bedeutend gesteigertes Verständnis für die Architekionik und Oekonomik
ein hochgesteigerter Geschmack, eine eminent reizbare Schönheitsempfin¬
des Dramas. Man spürt, daß Ibsen und die Widergeburt Hebbels
dung. Doch steckt er minder in Traditionen als Hofmannsthal. Viel¬
zwischen den beiden Dichtern liegen und daß Schönherr von dieser Ent¬
Hochschulna
mehr hat er alle entscheidenden Anregungen von unserer eigenen Zeit
wicklung der Zeiten profitiert hat. So gehöri er ganz unserer Epoche an.
dem füblichen An
embfangen. Und das begründet dann freilich einen schwerwiegenden
Im Wiener Literaturgetriebe steht Karl Schönherr fast völlig ein¬
Völker=Museum
Unterschied. Es macht Klimt minder „klassisch“, aber dafür bei weitem
sam da. Zu Schnitzler, Hofmannsthal und deren Kreis unterhält er
in Goyaz eingett
sensitiver lebensnäher, schillernder. Und gewiß war er ursprünglich
keine Beziehungen. Er ist von anderem Schrot und Korn als sie, zu bär¬
Tocantins hinunterka
auch menschlicher und natürlicher. Ob er's freilich heute noch ist muß
beißig, zu ungeleckt, zu unbehauen. Wie der knorrige Stamm eines ger¬
oberen Schingu
ich bezweifeln. Vielmehr ist's für Klimts Entwickelung kennzeichnend
manischen Urwaldes steht Schönherr da unter seinen sensitiven, gebügel¬
der bei der B
hrisch
daß er von der schlichten Natur immer mehr abgerückt ist und sich mit
ten, kulturdurchtränkten Wiener Kollegen. Ich könnte mir denken, daß
Rub
den Professoren
programmatischem Eifer ganz einem dekorativen Stilismus verschrieben
er das Wort „Kultur“ von Herzensgrunde haßt und daß er den Teufel
Wie aus
hat, der ihn gegen die naturgegebenen Formen allmählich völlig hat ab¬
danach fragt, ob er ihr diene. Doch solche Söhne sind nicht die schlech¬
Dr. Bernh
stumpfen lassen.
testen; mögen sie auch die unzärtlichsten sein. Die große Mutter weiß
als N
achf
Ich beklage diese Entwickelung Klimts ungemein, weil ich keinerlei
es und wird sie in ihrer Weisheit schon zu nützen verstehen.
Heil darin erblicke. Trotzdem kann ich nicht aufhören, seine Persönlich¬
des
Schönherr sieht den Menschen in seiner ganzen Kleinheit und die
keit zu lieben. Und mag er auch allmählich sich in Schrullen verrannt
Wie
Natur in ihrer ganzen Größe. Fühlt man ihm den Puls, so wäre man
haben, er hat dennoch sohiel vom Allerbesten und Allerfeinsten, was wir
Versc
versucht ihn einen Menschenverächter zu nennen. Doch weil es Dich¬
„wienerisch“ nennen, daß seine Vaterstadt allen Grund hätte, stolz auf
ters stolze Naturehrfurcht danebensteht, hat sein Verachten nichts Nezie¬
ihn zu sein. Vor allem ist er ein Frauenkenner, und als solcher der
hrien
rendes; kaum noch etwas Herabsetzendes. Die Menschen gelten ihm als
seelenvollste Bestricker, den nicht etwa bloß Wien, sondern meiner Ueber¬
den ph
klein, weil sie von der Natur immerzu wegstreben; weil sie ihr nicht ver¬
zeugung nach die gesamte heutige Malerei kennt. Gewiß, es gibt mon¬
in Erlat
trauen wollen; weil sie alles besser machen wollen. Könnten sie sich dazu
dänere, „umschmeißendere“ Porträtisten; Sargent zum Beispiel, oder
Doktorjubiläun
verstehen, ganz wieder in die Natur hineinzuwachsen, sich ihrem innersten
Lavery. Aber beide sind, an Klimt gemessen, grobmateriell, oberfläch¬
Anlaß das Diplom er
Wesen nach mit ihr zu decken, sie würden wieder groß werden. Das ist
lich, uninteressant. Was Klimt malt, das ist (ich kann mich nicht anders
Schönherrs Glaube; doch ist der Mann nichts weniger als ein Prediger.
* Kleine Chron
ausdrücken): das sexuelle Mysterium. Doch ohne plumpe Indis¬
Dafür ist er als Arzt zu sehr Realist und praktischer Helfer. Und dafür
Liebhaber und Bonn
kretion — es ist nur für das feinste Auge erhaschbar und mit äußerster
hat er auch zu viel Humor. Schönherrs Weltbild ist düster, aber mit
Theater“ engagtert
Delikatesse unter einer Glitzerschicht ornamental=malerischer Reize ver¬
dieses Jahres tritt. —
seinem Humor wirst er aufhellende Lichter hinein. So vollzieht sich für
borgen. Mag Klimt überall sonst ein künstlerischer Anempfinder sein,
ihn der Ausgleich der Gegensätze; ganz wie in der Natur, die, wie sein
nächste Saison enga
mag er von Besnard, Khnopff Toorop. Hodler und manchen anderen
Theater, Maria Karstc
unendlich viel genommen, freilich auch alles aufs individuellste und reiz¬
erstes. so auch sein letztes Wort ist.
theater in Eisenach, :
vollste verschmolzen haben; in seiner Kunst der Frauenmalerei ist er
Mit Hofmannsthal, Schnitzler und Schönherr (denen man natürlich
vom Schiller=Theater,
ganz original und nur sich selber, oder allenfalls noch dem Genius seiner
auch noch andere, so vor allem Beer=Hoffmann oder Peter Altenberg,
ming vom Neuen S
hätte anreihen können) dürften Ihnen die bewegenden Kräfte der heu¬
Vaterstadt zu Dank verpflichtet. Und auch in der Landschaft ist Klimt
tigen Wiener Dichtung genügend deutlich personifiziert worden sein.] völlig apart. Und zwar ist seine Landschaftsmalerei und seine Frauen= I Künstler waren also i
S