VI, Allgemeine Besprechungen 1, Friedrich Düsel Dramatische Rundschau, Seite 4



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Panphletsofforints
LEELEEEEBEYSZESZ2 Dramatische Rundschau. Kusgkkekkkaere 155
diabolischen Art, mit der er die Ertappten be¬
handelt; dem literarischen Feinschmecker soll aber
auch sein Bissen werden: für ihn ist das blutende
Herz, die schmerzlich stöhnende Seele da, die sich
hinter dem lachenden Antlitz verbergen. Ich
gehe wohl nicht fehl, wenn ich diesen melancho¬
lisch=tragischen Einschlag auf Lothars Rechnung
setze, der ja in seinem „König Harlekin“ ein
ähnliches Motiv mit freilich weit ernsterer Kunst
bis in seine letzten tragischen Konsequenzen ver¬
folgt hat. An solchen schielenden Halbheiten leidet
das Stück auch sonst keinen Mangel. Selbst die
Mischung von bald witziger, balb doktrinärer
Redseligkeit mit bald kecker, bald abgefeimter
Theatermache, das eigentliche Charaktermal dieses
französisch=wienerischen Wechselbalgs, deutet auf
den Zwiespalt hin, aus dem Geist und Geschmack
der Verfasser nur einen Verlegenheitsausweg ge¬
funden haben. Brauch' ich da noch nachzuholen,
daß das Schicksal im dritten Akt an Mariani
Vergeltung übt? Da geht auch er unter die
„große Gemeinde“ und baut seiner Frau mit
eigener Hand die Brücke zu dem, der vom an¬
deren Ufer schon die Arme nach ihr ausstreckt.
Das Stück wird seinen Weg machen, wenn nicht
dank seiner eigentlichen Handlung, so der lustigen
oder satirischen Episodenfiguren wegen, unter
denen ein vom Schmock zum Minister avancierter
schäbiger Desperado, von Max Grube wirkungs= Wilhelm Diegelmann als Sir Toby Rülps. (Nach
voll gespielt, und ein seine Heiratsanträge selbst der Aufführung von „Was ihr wollt“ im Deutschen
Theater aufgenommen von Hugo L. held in Char¬
besorgender Backfisch die glücklichsten sind.
lottenburg.)
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Einer der Verfasser dieses Lustspiels, Rudolf
Lothar, offenbar der intelligentere von beiden,
gewiß allerliebst und entzückend, all die vielen
hat sich kürzlich über die Psychologie unseres
blonden, braunen und schwarzen Mädchen, die
Theaterpublikums hören lassen und dabei die
erwartungsvoll im Theatersaale sitzen; aber ist
Erfahrung zum besten gegeben, in der Premiere
sich der deutsche Dramatiker auch bewußt, daß
der Reichshauptstadt entscheide der Mann, in der
diese deutschen Frauen und Jungfrauen das eigent¬
Provinz aber spiele die Frau im Parkett die
liche Theaterpublikum bilden, daß sie es sind,
für die er schafft, von denen er leben soll? Manche
Hauptrolle. Was sucht denn, fragt er, der Mann
im Theater? „Er will Neues erleben, anderes
Autoren sind sich dessen allerdings besser bewußt,
erleben, als der stumpfe Alltag ihm bietet, er
als der Großstädter es ahnt. Denken Sie doch
will einen Sturm der Affekte mitmachen, sich
nur einmal an die großen Massenerfolge der letz¬
von Leidenschaften emportragen lassen, in der
ten Jahre, z. B. an „Alt=Heidelberg“ und „Hu¬
Debatte sozialer Fragen stehen und mitreden,
sarenfieber“. Deutsche Frauen und Jungfrauen
er will Erschütterungen erleiden, mitfühlend die
haben diese Erfolge gemacht. Studenten und
Husaren -
Taten des Helden begehen.“ Ganz andere An¬
— ja, ja, wovon die jungen Mädchen
träumen!“
regungen und Erregungen verlange dagegen die
In dieser halb ironischen Galanterie, die im
Frau. Für sie sei die Bühne der ideale Schau¬
platz uneingestandener Träume, unbewußten Seh¬
Grunde des Herzens — wovon auch das Lo¬
tharsche Lustspiel zeugt — mehr den Jungge¬
nens. Sie gehe mit ihrem Herzen ins Theater,
und das Herz bestimme ihr Urteil. Auch wenn
sellen schmeichelt, steckt ein gutes Stück Wahr¬
heit. Wir stehen jetzt in einer geradezu tropisch
sie sich noch so modern dünkt, die Bühne bleibt
für sie immer der Schauplatz der Herzensdramen
üppigen Nachblüte des „Husarenfiebers“. Alle
und Liebesprobleme. So verteilt sie denn auch
Waffengattungen des deutschen Heeres sind auf
ihre Sympathien und Antipathien ganz anders
unseren Bühnen vertreten, und immer ist es die
als der Mann. „Die deutsche Provinz und ihr
Ulanka, die Attila, der Küraß, wenn die Ver¬
fasser sehr bescheiden sind, auch mal der Über¬
Verhältnis zur deutschen Bühne, das gäbe ein
kleines Kapitel zur modernen Literaturgeschichte. rock oder die Litewka des Infanteristen, die die
Man könnte ihm noch den Untertitel geben: Triumphe feiern. Ich könnte aus dem Spiel¬
Wovon die jungen Mädchen träumen. Sie sind plan der Berliner Bühnen drei, vier solcher neuer
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