VI, Allgemeine Besprechungen 1, 4, Josef Karl Ratislav, Seite 18



box 36/4
1. Panphlets offorints
20
fehlt, stören, wollte man eine Charakteranalyse dieser so trefflich ge¬
schauten Menschen geben. Sie ziehen uns vielleicht gerade deshalb
so stark an, weil sie uns in buntem Reigen entgegentreten, weil die
entgegengesetztesten Charaktere aufeinanderstoßen. Trotzdem kommt es
im Roman nie zu einer Erregung, wir hören höchstens von Vorgängen
hinter den Kulissen. Die Episoden der zweiten Romanhandlung lernen
wir nur ganz flüchtig kennen. Heinrich Bermann treibt die ungetreue
Geliebte in den Tod und fühlt sich selbst schuldlos. Leo Golowski
erschießt im Duell den antisemitischen Leutnant, der ihn die ganze
Dienstzeit hindurch quälte. Oskar Ehrenberg strebt nach Assimilation,
wird aber von seinem zionistischen Vater geohrfeigt, als er vor einer
Kirche den Hut abnimmt. Therese Golowski flieht vor ihrer inneren
Zerfahrenheit und ist bald Dirne, bald Volksführerin. Der alte Doktor
trägt die Gegensätze, an denen sein Sohn noch leidet, abgestimmt in sich.
Auch Georg von Wergenthin will sich das Recht der Künstler¬
freiheit wahren, daher verläßt er Anna nach dem Tode des Kindes.
Ihre Liebe ist selbstlos und edel, so daß sie den Geliebten seiner Ver¬
pflichtung enthebt. Doch kann man diesem Schluß nicht recht beistimmen.
Die letzten Szenen zwischen Georg und Anna scheinen mir nicht mit
der nötigen Schärfe herausgearbeitet, um das Auseinandergehen der
beiden ganz verstehen zu können. Deshalb bricht der Roman mit
einem Mißklang ab. Das überaus zarte Ende des Verhältnisses, wie
es Schnitzler schildert, vermag die Bedeutung der positiven Tatsache
nicht abzuschwächen. Das Buch schließt folgendermaßen: „In Georgs
Seele war ein mildes Abschiednehmen von mancherlei Glück und Leid,
die er in dem Tal, das er nun für lange verließ, gleichsam verhallen
hörte; und zugleich ein Grüßen unbekannter Tage, die aus der Weite
der Welt seiner Jugend entgegenklangen.
Ob der Weg, den Georg einschlägt, für ihn der Weg ins Freie
ist, können wir nicht entscheiden. Aber wie für alle, so gilt auch für
ihn das Wort Heinrich Bermanns: „Es kommt nur für jeden darauf an.
seinen innern Weg zu finden ... den Mut seiner eigenen Natur haben.“
IV.
Anatol ist der Typus des Wiener Lebejünglings. Dabei keines¬
wegs einer, dem es nur darauf ankommt, als siegender junger Herr
möglichst vielen Mädchen entgegen
frage das „Wie“. Er ist vor allem
Sentimentalität nicht ganz frei ist.
rote Ampel und ein Flügel, auf de
kann, dazu ein Mädel, das ihn —
liebt, und er ist zufrieden. Er fragt
Mädchens. Sie existiert in dieser
hebt sie gleichsam zu sich herauf,
weichen, süßen Sphäre, in der er t##
Liebeleien oft ganz vernünftig vor.
Mädchen das Abkommen, dann si
den andern keine Liebe mehr empff
Freilich wird ihm so ein Abschied
gut, daß er einen praktischen Freu
ein Mephisto im Kleinen. Er verste
Handlung einzugreifen und zerhaut
Knoten. Die Kreise, aus denen And
verschieden. Bald ist es eine unv#
vom Zirkus, dann wieder ein lust
aber ist das Wienertum sofort anzu
Die sieben Einakter, die de
sammenfaßt, sind nichts anderes
Anatol und der jeweiligen Heldin,
und mit manchem Aphorisma das
lingt es, interessante Situationen un
„Die Frage an das Sch
auf Anraten Maxens an die hypnol
schließt sich zu diesem Schritt, da
Mädchens zweifelt. Als aber der
von der Ahnungslosen die Wahrhei
Frage. „Weihnachtseinkäu
Weihnachtsabend. Anatol trifft F
durchaus behilflich sein, für sein
Weihnachtsgeschenk auszuwählen.
Zeit nichts Passendes inden, so
er mit ihnen des Mädchens 3
sich in dieser Szene selbst ein
Das Melancholische drückt sich is