box 36/4
1. Pamphlets offorints
28
so, denn er ist überzeugt, daß Karinski die Strafe verdient hat und
daß es eine Ungerechtigkeit wäre, wenn er jetzt sein Leben aufs
Spiel setze. Daß er damit den Oberlentnant zugrunde richtet, daß
dieser den Offiziersrock ausziehen muß, vermag seinen Entschluß nicht
umzustoßen. Er will aber such die Folgen seiner Handlungsweise
tragen und darin liegt der tragische Kern des Stückes. Anna Riedel
muß nun erkennen, was für einen tapferen Freund sie in Rönning
gefunden hat und beider lang verhaltene Liebe wird offenbar; er ist
bereit, sie zum Weibe zu nehmen. Auch Paul Rönning kann seine
Anschauungen nicht in die Praxis umsetzen und er hält es für eine
Feigheit, sich vor Karinski in acht zu nehmen. Trotz der Auf¬
forderungen Annas und seines Freundes Doktor Wellner, des einzigen,
der bei ihm geblieben ist, nachdem er die Gesetze der Gesellschaft ver¬
letzt hat, will er den Ort nicht verlassen. Er weiß, daß Oberleutnant
Karinski nichts mehr zu verlieren hat, da für ihn die Zukunft gleich¬
gültig ist. Noch im letzten Moment rät Wellner dem Freunde, mit
einem Wagen zur nächsten Station zu fahren, da Karinski am Bahn¬
hof des Ortes auf ihn warte. Er aber bleibt, trifft mit dem Ober¬
leutnant zusammen und wird von diesem erschossen. Sein Tod ist für
Anna Riedel eine furchtbare Katastrophe. An der Leiche des Ge¬
liebten endet ihr kurzes, zukunftsfreudiges Glück und vor ihr öffnet
sich der Abgrund, der auch sie, das Freiwild, verschlingen wird, wenn
sie sich nicht selbst befreit.
Das Schauspiel „Freiwild“ gehört unter Schnitzlers beste Dramen.
Es zeichnet sich durch eine treffliche Charakteristik der Personen und
durch einen kraftvollen Aufbau der Handlung aus. Das Milieu —
das Stück spielt in einem kleinen Badeort — ist mit gewohnter
Meisterschaft dargestellt. Das Schauspielerleben, das hier einen breiten
Raum einnimmt, wurde schon im „Märchen“ gestreift. Das Theater
auf dem Theater hat Schnitzler prächtig geschildert. Die einzelnen
Schauspielerfiguren zeugen für den treffsicheren Humor des Dichters.
In das Zentrum der Handlung wird das vielbehandelte Duellthema
gestellt. Rönning kann ebensowenig wie Denner im „Märchen“
seine Überzeugung, die den Ansichten der Gesellschaft widerspricht,
in die Tat umsetzen. Auch er kommt über die Überlieferung
nicht hinweg.
Das Schauspiel „Das Vermächtnis“ ist in gewisser Hin¬
sicht eine Fortsetzung der „Liebelei“, Schnitzler zeigt hier ganz be¬
sonders, wie die freie Ehe oft viel stärker und heiliger ist, als die
29
vor dem Altar geschlossene, daß hie
heiligere ist, eben weil sie nur aus
gehörigkeit erfließt.
Die Haupthandlung des Stück
Hugo Losatti, der sich durch einen
hat, stirbt in diesem Akt und auf d
Mutter die Sorge um seine Gelieb
Die Mutter muß ihm versprechen, di
her niemand in seiner Familie wu
scheidet, nachdem er noch einmal di
hinnen. Der zu eite Akt führt uns
Kreise der Fu### des Toten vor.
allem darauf an zu zeigen, wie die
das Vermächtnis Hugos auffassen.
wohl die einzige, die den Willen de
zuführen bereit ist. An ihr findet d
freundin. Professor Losatti tröstet
ist, und der kleine Knabe erfüllt ihn
liegt ihm auch wenig daran, daß die
Gesellschaft kritisch wird. Die Mu
sprechen gab, steht ganz unter dem
ihres verstorbenen Bruders, Emma
traute Hugos war, hat diesen am
bis zuletzt für sein Vermächtnis.
liebt, und sein Tod, der ihr zeigte,
hat alles Glück in ihrer Brust zerstö
Tatte Franziskas, ist ein kalter Ve
Gesellschaft mit ihren Gesetzen vertri
das kränkliche Kind Tonis stirbt, u
Akt, wie man Toni aus dem Hause
bitterer Ironie hat der Dichter die
Dasein eines jungen, blühenden A
Moral vernichtet und keiner denkt a
sterbenden Hugo gegeben hat, auße
wahren Charakter ihres zukünftigen
Winter will Toni zu sich ins Hau
scheitert an dem Widerstreben ihrer
heit endet das Stück. Franziska s#
haben es nicht gewagt, sie so lieb z
1. Pamphlets offorints
28
so, denn er ist überzeugt, daß Karinski die Strafe verdient hat und
daß es eine Ungerechtigkeit wäre, wenn er jetzt sein Leben aufs
Spiel setze. Daß er damit den Oberlentnant zugrunde richtet, daß
dieser den Offiziersrock ausziehen muß, vermag seinen Entschluß nicht
umzustoßen. Er will aber such die Folgen seiner Handlungsweise
tragen und darin liegt der tragische Kern des Stückes. Anna Riedel
muß nun erkennen, was für einen tapferen Freund sie in Rönning
gefunden hat und beider lang verhaltene Liebe wird offenbar; er ist
bereit, sie zum Weibe zu nehmen. Auch Paul Rönning kann seine
Anschauungen nicht in die Praxis umsetzen und er hält es für eine
Feigheit, sich vor Karinski in acht zu nehmen. Trotz der Auf¬
forderungen Annas und seines Freundes Doktor Wellner, des einzigen,
der bei ihm geblieben ist, nachdem er die Gesetze der Gesellschaft ver¬
letzt hat, will er den Ort nicht verlassen. Er weiß, daß Oberleutnant
Karinski nichts mehr zu verlieren hat, da für ihn die Zukunft gleich¬
gültig ist. Noch im letzten Moment rät Wellner dem Freunde, mit
einem Wagen zur nächsten Station zu fahren, da Karinski am Bahn¬
hof des Ortes auf ihn warte. Er aber bleibt, trifft mit dem Ober¬
leutnant zusammen und wird von diesem erschossen. Sein Tod ist für
Anna Riedel eine furchtbare Katastrophe. An der Leiche des Ge¬
liebten endet ihr kurzes, zukunftsfreudiges Glück und vor ihr öffnet
sich der Abgrund, der auch sie, das Freiwild, verschlingen wird, wenn
sie sich nicht selbst befreit.
Das Schauspiel „Freiwild“ gehört unter Schnitzlers beste Dramen.
Es zeichnet sich durch eine treffliche Charakteristik der Personen und
durch einen kraftvollen Aufbau der Handlung aus. Das Milieu —
das Stück spielt in einem kleinen Badeort — ist mit gewohnter
Meisterschaft dargestellt. Das Schauspielerleben, das hier einen breiten
Raum einnimmt, wurde schon im „Märchen“ gestreift. Das Theater
auf dem Theater hat Schnitzler prächtig geschildert. Die einzelnen
Schauspielerfiguren zeugen für den treffsicheren Humor des Dichters.
In das Zentrum der Handlung wird das vielbehandelte Duellthema
gestellt. Rönning kann ebensowenig wie Denner im „Märchen“
seine Überzeugung, die den Ansichten der Gesellschaft widerspricht,
in die Tat umsetzen. Auch er kommt über die Überlieferung
nicht hinweg.
Das Schauspiel „Das Vermächtnis“ ist in gewisser Hin¬
sicht eine Fortsetzung der „Liebelei“, Schnitzler zeigt hier ganz be¬
sonders, wie die freie Ehe oft viel stärker und heiliger ist, als die
29
vor dem Altar geschlossene, daß hie
heiligere ist, eben weil sie nur aus
gehörigkeit erfließt.
Die Haupthandlung des Stück
Hugo Losatti, der sich durch einen
hat, stirbt in diesem Akt und auf d
Mutter die Sorge um seine Gelieb
Die Mutter muß ihm versprechen, di
her niemand in seiner Familie wu
scheidet, nachdem er noch einmal di
hinnen. Der zu eite Akt führt uns
Kreise der Fu### des Toten vor.
allem darauf an zu zeigen, wie die
das Vermächtnis Hugos auffassen.
wohl die einzige, die den Willen de
zuführen bereit ist. An ihr findet d
freundin. Professor Losatti tröstet
ist, und der kleine Knabe erfüllt ihn
liegt ihm auch wenig daran, daß die
Gesellschaft kritisch wird. Die Mu
sprechen gab, steht ganz unter dem
ihres verstorbenen Bruders, Emma
traute Hugos war, hat diesen am
bis zuletzt für sein Vermächtnis.
liebt, und sein Tod, der ihr zeigte,
hat alles Glück in ihrer Brust zerstö
Tatte Franziskas, ist ein kalter Ve
Gesellschaft mit ihren Gesetzen vertri
das kränkliche Kind Tonis stirbt, u
Akt, wie man Toni aus dem Hause
bitterer Ironie hat der Dichter die
Dasein eines jungen, blühenden A
Moral vernichtet und keiner denkt a
sterbenden Hugo gegeben hat, auße
wahren Charakter ihres zukünftigen
Winter will Toni zu sich ins Hau
scheitert an dem Widerstreben ihrer
heit endet das Stück. Franziska s#
haben es nicht gewagt, sie so lieb z